Von allen guten Geistern verlassen
FC Augsburg Der Abstiegskandidat war beim 1:5 in Freiburg völlig von der Rolle und wurde regelrecht zerlegt. Trainer Manuel Baum muss das erst „sacken lassen“
Freiburg Als sich draußen an den Kiosken rund ums Stadion Freiburger Fans in der Abenddämmerung zuprosteten und sich lachend unterhielten, saß drinnen im Presseraum Manuel Baum wie ein Häufchen Elend. Der Trainer des FußballBundesligisten FC Augsburg konnte einem nur leidtun. Zuvor musste er gequält mit ansehen, wie seine Mannschaft vom Team des SC Freiburg regelrecht zerlegt wurde. Augsburg wirkte bei seiner grotesken Darbietung über 90 Minuten wie von allen guten Geistern verlassen und spielte dabei wie ein Absteiger. Wenigstens konnte der FCA den 15. Tabellenplatz behalten.
Baum wirkte nicht nur geschockt. Er war geschockt. Und er fraß an diesem frühen Abend das Geschehene in sich hinein: „Es wäre jetzt nicht gut, wenn ich meinen Gedanken freien Lauf lassen würde. Was wir in der ersten Halbzeit auf den Platz gebracht haben, war ganz weit weg von dem, wofür wir in Augsburg stehen. Das war ein blutleerer Auftritt. Das ist für mich unerklärlich. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich das erst einmal sacken lassen muss.“
Dabei war es nicht so, dass der FCA in den zweiten 45 Minuten wesentlich besser war als in der ersten Halbzeit. Es war nur so, dass im Tor des FCA Gregor Kobel so gut hielt, wie es möglich war, und zudem nah- men die Freiburger nach den ersten 45 furiosen Minuten schon ziemlich den Fuß vom Gas.
Das Unheil nahm für Augsburg früh seinen Lauf. Nachdem Rani Khedira sich bei einem Ball im Strafraum verschätzte (9.), traf Freiburgs Torjäger Petersen zum 1:0. Vom FC Augsburg war bis auf eine Chance von Sergio Córdova nichts zu sehen. Freiburg spielte wie im Training und Grifo (30.) und erneut Petersen (43.) bauten die Führung aus. Manager Stefan Reuter war angefressen, sprach aber ebenso wie Baum davon, das Geschehene „erst einmal sacken zu lassen.“Der ehemalige Nationalspieler nahm den FCA-Coach aus der Schusslinie: „Der Trainer ist nicht unser Thema. Wir machen uns Gedanken, wir werden analysieren und auch nichts schönreden, aber wir werden die Dinge wie immer intern regeln.“Natürlich hat der FCA schwerwiegende personelle Probleme. Beim FCA fehlten Stammspieler wie Gouweleeuw, Finnbogason oder Hahn. Dazu kommen Framberger, Schieber, Moravek oder Richter. Selbst Freiburgs Trainer Christian Streich sprang bei der Pressekonferenz Manuel Baum zur Seite und sagte, „dass man in Freiburg schon die Probleme des FCA aus der Ferne kenne“.
Allerdings stand dort schon eine Mannschaft auf dem Rasen, die sich zumindest annähernd behaupten sollte. „Es gibt Spiele, das habe ich früher als Spieler selbst erlebt, die kannst du nicht erklären“, so Reuter. Aber auch er wollte das nicht auf die Verletztenmisere schieben: „Es ist immer schwierig, wichtige Spieler zu ersetzen, aber das war heute richtig schlecht. Wir sind alle total enttäuscht und ernüchtert.“
Nach der Pause, als die Freiburger einen Gang zurückschalteten, kam der FCA etwas besser ins Spiel und Khedira konnte das Ehrentor (52.) erzielen. Doch das Aufbäumen war nur kurz, denn Waldschmidt schoss zwölf Minuten später das 4:1. Augsburg hatte noch Pech, als Michael Gregoritsch nur den Innenpfosten traf (66.), aber nach 85 Minuten machte Niederlechner mit dem fünften Tor alles klar. „Für mich passt einiges nicht zusammen. Gegen die Bayern rennen wir 90 Minuten rauf und runter und gegen Freiburg waren es nur 25 Minuten. Da muss ich mir einen Reim darauf machen“, schüttelte Baum den Kopf.
SC Freiburg Schwolow – Kübler, Lienhart, Heintz, Okoroji (86. Stenzel) – Frantz (86. Gondorf), Abrashi – Haberer, Grifo – Waldschmidt (81. Niederlechner), Petersen
FCA Kobel – Schmid, Khedira, Oxford, Stafylidis – Koo, Baier (46. Danso) – Ji, Gregoritsch, Max (73. Jensen) – Cordova
Tore 1:0 Petersen (9.), 2:0 Grifo (30.), 3:0 Petersen (43.), 3:1 R. Khedira (52.), 4:1 Waldschmidt (64.), 5:1 Niederlechner (85.)
Rote Karten Oxford (90.+1/grobes Foulspiel) Schiedsrichter Welz (Wiesbaden)
Zuschauer 23 600 Zeit, beim FCA jeden Stein umzudrehen. Es gab auch in der Winterpause einige Maßnahmen, die nicht fruchteten. Jens Lehmann wurde als Co-Trainer verpflichtet, aber außer Schlagzeilen hat das dem FCA bis jetzt nichts gebracht.
Man wollte bei den Torhütern nachrüsten und hat sich den 21-jährigen Gregor Kobel aus Hoffenheim ausgeliehen. Sicherlich ein talentierter Keeper, aber bisher konnte er dem FCA nicht weiterhelfen. Auch die Verpflichtung des Verteidigers Reece Oxford blieb bislang wirkungslos. Ein gutes Spiel (im Pokal), ansonsten lauter maue Vorstellungen. Schließlich hat er dem FCA mit dem Platzverweis in Freiburg noch einen Bärendienst erwiesen.
Freiburgs Trainer Christian Streich hat nach dem Spiel gesagt, wie wichtig diese Partie war: „Wir können ja die Tabelle lesen.“Kann man das beim FCA auch? Zweifel sind mittlerweile angebracht.