Mindelheimer Zeitung

Von allen guten Geistern verlassen

FC Augsburg Der Abstiegska­ndidat war beim 1:5 in Freiburg völlig von der Rolle und wurde regelrecht zerlegt. Trainer Manuel Baum muss das erst „sacken lassen“

- VON WOLFGANG LANGNER

Freiburg Als sich draußen an den Kiosken rund ums Stadion Freiburger Fans in der Abenddämme­rung zuprostete­n und sich lachend unterhielt­en, saß drinnen im Presseraum Manuel Baum wie ein Häufchen Elend. Der Trainer des FußballBun­desligiste­n FC Augsburg konnte einem nur leidtun. Zuvor musste er gequält mit ansehen, wie seine Mannschaft vom Team des SC Freiburg regelrecht zerlegt wurde. Augsburg wirkte bei seiner grotesken Darbietung über 90 Minuten wie von allen guten Geistern verlassen und spielte dabei wie ein Absteiger. Wenigstens konnte der FCA den 15. Tabellenpl­atz behalten.

Baum wirkte nicht nur geschockt. Er war geschockt. Und er fraß an diesem frühen Abend das Geschehene in sich hinein: „Es wäre jetzt nicht gut, wenn ich meinen Gedanken freien Lauf lassen würde. Was wir in der ersten Halbzeit auf den Platz gebracht haben, war ganz weit weg von dem, wofür wir in Augsburg stehen. Das war ein blutleerer Auftritt. Das ist für mich unerklärli­ch. Bitte haben Sie Verständni­s dafür, dass ich das erst einmal sacken lassen muss.“

Dabei war es nicht so, dass der FCA in den zweiten 45 Minuten wesentlich besser war als in der ersten Halbzeit. Es war nur so, dass im Tor des FCA Gregor Kobel so gut hielt, wie es möglich war, und zudem nah- men die Freiburger nach den ersten 45 furiosen Minuten schon ziemlich den Fuß vom Gas.

Das Unheil nahm für Augsburg früh seinen Lauf. Nachdem Rani Khedira sich bei einem Ball im Strafraum verschätzt­e (9.), traf Freiburgs Torjäger Petersen zum 1:0. Vom FC Augsburg war bis auf eine Chance von Sergio Córdova nichts zu sehen. Freiburg spielte wie im Training und Grifo (30.) und erneut Petersen (43.) bauten die Führung aus. Manager Stefan Reuter war angefresse­n, sprach aber ebenso wie Baum davon, das Geschehene „erst einmal sacken zu lassen.“Der ehemalige Nationalsp­ieler nahm den FCA-Coach aus der Schusslini­e: „Der Trainer ist nicht unser Thema. Wir machen uns Gedanken, wir werden analysiere­n und auch nichts schönreden, aber wir werden die Dinge wie immer intern regeln.“Natürlich hat der FCA schwerwieg­ende personelle Probleme. Beim FCA fehlten Stammspiel­er wie Gouweleeuw, Finnbogaso­n oder Hahn. Dazu kommen Framberger, Schieber, Moravek oder Richter. Selbst Freiburgs Trainer Christian Streich sprang bei der Pressekonf­erenz Manuel Baum zur Seite und sagte, „dass man in Freiburg schon die Probleme des FCA aus der Ferne kenne“.

Allerdings stand dort schon eine Mannschaft auf dem Rasen, die sich zumindest annähernd behaupten sollte. „Es gibt Spiele, das habe ich früher als Spieler selbst erlebt, die kannst du nicht erklären“, so Reuter. Aber auch er wollte das nicht auf die Verletzten­misere schieben: „Es ist immer schwierig, wichtige Spieler zu ersetzen, aber das war heute richtig schlecht. Wir sind alle total enttäuscht und ernüchtert.“

Nach der Pause, als die Freiburger einen Gang zurückscha­lteten, kam der FCA etwas besser ins Spiel und Khedira konnte das Ehrentor (52.) erzielen. Doch das Aufbäumen war nur kurz, denn Waldschmid­t schoss zwölf Minuten später das 4:1. Augsburg hatte noch Pech, als Michael Gregoritsc­h nur den Innenpfost­en traf (66.), aber nach 85 Minuten machte Niederlech­ner mit dem fünften Tor alles klar. „Für mich passt einiges nicht zusammen. Gegen die Bayern rennen wir 90 Minuten rauf und runter und gegen Freiburg waren es nur 25 Minuten. Da muss ich mir einen Reim darauf machen“, schüttelte Baum den Kopf.

SC Freiburg Schwolow – Kübler, Lienhart, Heintz, Okoroji (86. Stenzel) – Frantz (86. Gondorf), Abrashi – Haberer, Grifo – Waldschmid­t (81. Niederlech­ner), Petersen

FCA Kobel – Schmid, Khedira, Oxford, Stafylidis – Koo, Baier (46. Danso) – Ji, Gregoritsc­h, Max (73. Jensen) – Cordova

Tore 1:0 Petersen (9.), 2:0 Grifo (30.), 3:0 Petersen (43.), 3:1 R. Khedira (52.), 4:1 Waldschmid­t (64.), 5:1 Niederlech­ner (85.)

Rote Karten Oxford (90.+1/grobes Foulspiel) Schiedsric­hter Welz (Wiesbaden)

Zuschauer 23 600 Zeit, beim FCA jeden Stein umzudrehen. Es gab auch in der Winterpaus­e einige Maßnahmen, die nicht fruchteten. Jens Lehmann wurde als Co-Trainer verpflicht­et, aber außer Schlagzeil­en hat das dem FCA bis jetzt nichts gebracht.

Man wollte bei den Torhütern nachrüsten und hat sich den 21-jährigen Gregor Kobel aus Hoffenheim ausgeliehe­n. Sicherlich ein talentiert­er Keeper, aber bisher konnte er dem FCA nicht weiterhelf­en. Auch die Verpflicht­ung des Verteidige­rs Reece Oxford blieb bislang wirkungslo­s. Ein gutes Spiel (im Pokal), ansonsten lauter maue Vorstellun­gen. Schließlic­h hat er dem FCA mit dem Platzverwe­is in Freiburg noch einen Bärendiens­t erwiesen.

Freiburgs Trainer Christian Streich hat nach dem Spiel gesagt, wie wichtig diese Partie war: „Wir können ja die Tabelle lesen.“Kann man das beim FCA auch? Zweifel sind mittlerwei­le angebracht.

 ?? Foto: Jan Hübner ?? Der FC Augsburg kassierte beim SC Freiburg nach einer völlig inakzeptab­len Leistung eine deftige Schlappe. Nach der 1:5-Niederlage schlichen die Spieler bedröppelt vom Platz.
Foto: Jan Hübner Der FC Augsburg kassierte beim SC Freiburg nach einer völlig inakzeptab­len Leistung eine deftige Schlappe. Nach der 1:5-Niederlage schlichen die Spieler bedröppelt vom Platz.
 ?? Foto: kolbert-press ?? Für Manuel Baum und den FCA ist es bereits fünf vor zwölf.
Foto: kolbert-press Für Manuel Baum und den FCA ist es bereits fünf vor zwölf.

Newspapers in German

Newspapers from Germany