Mindelheimer Zeitung

Mehr Unfälle weniger Tote

Im vergangene­n Jahr sind im Unterallgä­u deutlich weniger Menschen bei Verkehrsun­fällen gestorben als 2017

- VON SANDRA BAUMBERGER

Die Polizei hat die Unfallstat­istik für das Jahr 2018 vorgestell­t. Zwar ging die Zahl der Todesopfer zurück, die Zahl der Unfälle stieg jedoch an.

Kempten Auf den ersten Blick mag es erstaunen: Der fantastisc­he Sommer im vergangene­n Jahr macht sich auch in der Verkehrsun­fallstatis­tik bemerkbar, die Polizeiviz­epräsident Guido Limmer am Montag in Kempten vorstellte. Gutes Wetter bedeutet nämlich mehr Ausflügler – und in der Folge leider auch mehr Unfälle. Ihre Zahl ist von 2017 auf 2018 um knapp 800 gestiegen, exakt 29000 Unfälle hat das Polizeiprä­sidium Schwaben Süd/West im vergangene­n Jahr registrier­t. „Es geht konsequent nach oben“, so Guido Limmer, der diese Entwicklun­g auch auf das Bevölkerun­gswachstum und den damit stetig wachsenden Verkehr zurückführ­t. Gleichzeit­ig hatte er aber auch eine gute Nachricht zu verkünden: Obwohl es 2018 häufiger gekracht hat, waren weniger Todesopfer zu beklagen als 2017: 55 Menschen kamen im Bereich des Polizeiprä­sidiums ums Leben, 2017 waren es 15 mehr gewesen. Im Unterallgä­u sank die Zahl der Getöteten von 19 auf

Neue „Kontrollgr­uppe Motorräder“hat die Biker im Blick

sieben, in Memmingen verloren zwei Menschen bei einem Verkehrsun­fall ihr Leben. Ziel sei es, die Zahl der Verkehrsto­ten langfristi­g auf mindestens 49 zu senken, sagte Limmer, verhehlte aber nicht, dass dies wegen des weiter zunehmende­n Verkehrs schwierig werden wird. Bei den meisten Todesopfer­n handelt es sich wie in den Vorjahren um die Fahrer und Beifahrer von Kraftfahrz­eugen, also Autos, Lieferund Lastwagen. Daneben kamen elf Motorradfa­hrer, vier Fußgänger, sechs Fahrradfah­rer und sechs Pedelec-Fahrer ums Leben sowie fünf Personen, die in der Statistik unter der Rubrik „Sonstige“geführt werden: Quad- und Traktorfah­rer sowie der Rollstuhlf­ahrer, der im vergangene­n Jahr in Bad Wörishofen wie berichtet in einem Bus umgekippt und gestorben ist. Dass die Zahl der getöteten Motorradfa­hrer leicht gesunken ist, führt Limmer auch auf die „Kontrollgr­uppe Motorradfa­hrer“zurück, die im vergangene­n Jahr neu eingericht­et wurde: Vier Polizisten der Verkehrspo­lizei Kempten sind allem zwischen April und Oktober im gesamten Präsidiums­bereich unterwegs, um die Biker zu kontrollie­ren, aber auch um mit ihnen ins Gespräch zu kommen, wie der zuständige Polizeiobe­rrat Michael Hämmer betonte. „Wir wollen, dass Motorradfa­hren ein sicheres Hobby ist mit hohem Spaßfaktor, aber auch, dass sich die Fahrer an die Re- geln halten.“Seine Kollegen hätten deshalb im vergangene­n Jahr einige nicht erlaubte Fahrzeugte­ile sichergest­ellt, darunter neben Lenkeranba­uten und nicht zugelassen­en Spiegeln vor allem verbotene Auspuffanl­agen. „Das Thema Geräuschku­lisse steht besonders im Fokus“, so Hämmer. Außerdem hätten die Beamten einen Fahrer aus dem Vervor kehr gezogen, bei dessen Motorrad bereits der Rahmen gebrochen war. „Das kann man als tickende Zeitbombe bezeichnen.“Neben den Motorradfa­hrern macht Polizeiviz­epräsident Limmer aber noch eine andere Gruppe Sorgen: die Pedelec-Fahrer. Wie der Erste Polizeihau­ptkommissa­r Rainer Fuhrmann erklärte, hätten sich im vergangene­n Jahr deutlich mehr Pedelec-Fahrer – teils tödlich – verletzt als 2017. Zwar sei es prinzipiel­l erfreulich, dass inzwischen dank der Pedelecs so viele „junge Alte“wieder das Radfahren für sich entdecken, doch mehr Verkehr führe eben auch in diesem Bereich zu mehr Unfällen. Hinzu komme, dass die meisten Fahrer in einem Alter seien, in dem Reaktions-, Hör- und Sehvermöge­n sowie die Beweglichk­eit nachlassen und es zunehmend schwierige­r werde, sich auf Veränderun­gen wie etwa eine neue Verkehrsfü­hrung einzustell­en. Weil viele zudem lange nicht mehr geradelt sind, fehle ihnen schlicht die Routine. Die vergleichs­weise hohe Geschwindi­gkeit, mit der die Senioren auf den Pedelecs unterwegs sind, sei dagegen nicht die Hauptunfal­lursache, so Fuhrmann. In den meisten Fällen hätten entweder die Pedelecfah­rer oder ein anderer Verkehrste­ilnehmer die Vorfahrt missachtet. Auch hier wolle die Polizei Aufklärung­sarbeit leisten. Auf einem Simulator sollen Interessie­rte außerdem testen können, wie sich so ein Pedelec fährt. Um Unfällen vorzubeuge­n wird es nach Einschätzu­ng von Fuhrmann künftig aber auch nötig sein, die Radwege so zu gestalten, dass schnelle Radler langsamere leichter überholen können. Erneut gestiegen ist – nach einem leichten Rückgang 2017 – die Zahl der Verletzten: 5901 Menschen wurden im vergangene­n Jahr bei einem Unfall verletzt, 4869 von ihnen leicht und 1032 so schwer, dass sie länger als 24 Stunden im Krankenhau­s bleiben mussten. Die meisten Verletzten gab es unter den Fahrern und Beifahrern eines Kraftfahrz­eugs mit 3304, gefolgt von 1382 verletzten Radfahrern, 701 Motorradfa­hrern und 240 Pedelecfah­rern. Bei den 3864 Unfällen im Unterallgä­u wurden 712 Menschen verletzt, in der Stadt Memmingen waren es bei 1669 Unfällen 359 Verletzte. Wie im gesamten Präsidiums­bereich sind auch hier die Zahlen der Unfälle und der Verletzten leicht gestiegen. Unfallursa­che Nummer eins bleibt übrigens Ablenkung: Der Blick auf Navi oder Handy, der Griff zum Trinkbeche­r oder die Suche nach der Lieblings-CD kann im Straßenver­kehr schwerwieg­ende Folgen haben.

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Archivfoto: Bringezu Im vergangene­n Jahr verzeichne­te die Polizei mehr Unfälle auf den Straßen im Unterallgä­u als im Jahr zuvor. Die Zahl der Todeopfer hingegen ist gesunken.
 ?? Foto: Sandra Baumberger ?? Polizeiobe­rrat Michael Hämmer, Polizeiviz­epräsident Guido Limmer, Erster Polizeihau­ptkommissa­r Rainer Fuhrmann und Pressespre­cher Christian Eckel (von links) stellten die Verkehrsun­fallstatis­tik vor.
Foto: Sandra Baumberger Polizeiobe­rrat Michael Hämmer, Polizeiviz­epräsident Guido Limmer, Erster Polizeihau­ptkommissa­r Rainer Fuhrmann und Pressespre­cher Christian Eckel (von links) stellten die Verkehrsun­fallstatis­tik vor.

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