Kriegswaffe beim Grillen
Wegen mehrerer Schüsse in einen Weiher ist ein 35-Jähriger verurteilt worden – trotzdem bleiben Fragen offen
Mit einer Maschinenpistole ist ein 33-jähriger Mann zu einem Grillabend ins Unterallgäu gekommen – und geschossen wurde auch. Dieser Vorfall hat Folgen.
Memmingen Warm ist es, geradezu sommerlich an diesem 31. März 2017. Ein Frühlings-Freitag, der zum Grillen einlädt. Das denkt sich auch ein damals 33-jähriger Ostallgäuer und macht sich auf den Weg zu einem Bekannten, der im benachbarten Unterallgäu wohnt. Mit im Gepäck: eine Maschinenpistole, Typ Skorpion.
Die beiden verbringen den Abend am Lagerfeuer, trinken Bier – und fassen dann den Entschluss, das vollautomatische Mitbringsel auszuprobieren. Mit dem Fahrrad fahren sie zu einem nahegelegenen Weiher. Dann fallen Schüsse, die auf das Wasser prallen. Erst einer, kurz darauf eine ganze Salve. Dann das Ganze nochmal.
Nicht weit entfernt hört ein Mann auf seiner Terrasse die Schüsse – ein für ihn vertrautes Geräusch, war er doch lange Waffenausbilder bei der Bundeswehr. Er ruft sofort die Polizei, die daraufhin erst den Weiher, dann die Umgebung kontrolliert. Die beiden Männer sitzen schon wieder am Lagerfeuer, als zwei Zivilbeamte erscheinen und fragen, ob sie etwas mitbekommen hätten. Da sie verneinen, machen sich die Polizisten wieder auf den Weg. Doch beim Verlassen des Gartens fällt der Blick eines Beamten auf einen Rucksack, der an der Hütte im Garten lehnt. Bei der folgenden Kontrolle stellt sich heraus: Im Rucksack befindet sich nicht nur die Maschinenpistole, sondern auch passende Magazine. Die Männer werden vorläufig festgenommen, ihre Wohnungen durchsucht.
Nun saß der Besitzer der Maschinenpistole auf der Anklagebank des Schöffengerichts am Amtsgericht Memmingen. Der Vorwurf: Besitz und Gebrauch der vollautomatischen Maschinenpistole, die als Kriegswaffe gilt. Solche Waffen sind besonders gefährlich, ihr Gebrauch wird deshalb härter bestraft als der anderer Schusswaffen.
Schon zu Prozessbeginn gestand Angeklagte umfassend. „Ich wollte es einfach einmal ausprobieren“, so der heute 35-Jährige. Als Metallbauer habe er Interesse an der Waffe gehabt, die ihm sein inzwischen verstorbener Onkel überlassen habe. In der Tatnacht hatte er noch zunächst ausgesagt, er habe den Rucksack in einem Waldstück gefunden. Später erklärte er, die Waffe sei von Menschen, „mit denen nicht zu spaßen ist“, wie ein Ermittler den Angeklagten zitierte.
Woher die Maschinenpistole tatsächlich stammt, konnte nicht mehr nachvollzogen werden. Fest steht aber, dass die Faszination des Angeklagten, der keinen Waffenschein besitzt, über das angebliche Geschenk hinausging: Bei der Durchsuchung seiner Wohnung fand die Polizei neben einem Waffenreinigungs-Set auch ein Kleinkalibergewehr samt Munition. Auch dieses hatte er nicht angemeldet.
Hinweise auf spätere, geplante Straftaten gebe es nicht, erklärte ein Ermittler vor Gericht. Dafür habe man auf dem Smartphone „bedenkliche“WhatsApp-Videos gefunden, „die rechtes Gedankengut vermuten lassen“. Auf die Frage von Richter Nicolai Braun, wie die Inhalte einzuschätzen sein, antwortete der Ermittler: „Geschmacklos in jedem Fall, strafbar vielleicht.“
Wie sich herausstellte, hatte der Schütze auch Kontakt zu einem Mann, den die Behörden der Reichsbürgerbewegung zuordnen. Eine direkte Verbindung zu dieser Szene leugnete der Angeklagte aber: „Damals wusste ich gar nicht, was ein Reichsbürger ist.“Er kenne den türkischstämmigen Mann lediglich „vom Fitness“. Dennoch hatte das Gericht die Sicherheitsmaßnahmen rund um den Prozess erhöht.
Dann die Entscheidung: Wegen Verstößen gegen das Kriegswaffengesetz und das Waffengesetz verurteilte das Gericht den Angeklagten zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung. Die Staatsanwaltschaft hatte einen Monat mehr gefordert. Zuder sätzlich muss der Schütze 1800 Euro an den Katholischen Verein für soziale Dienste (SKM) in Memmingen bezahlen.
Zur Urteilsbegründung erklärte Richter Braun, der Schütze habe gegenüber den Ermittlern zwar zunächst „rumgeeiert“, dann aber früh gestanden. Außerdem sei er nicht vorbestraft und lebe zudem in stabilen Lebensverhältnissen. Zu seinen Lasten spreche der Umstand, dass er die Waffe bereits seit Längerem besessen und ihre Nutzung mithilfe von Internetvideos schon länger geplant habe. Auch der Alkoholkonsum könne nicht als schuldmindernd gesehen werden.
Ungeklärt blieb die Frage, ob nur der Angeklagte die Waffe abgefeuert hatte. Zu einer möglichen Beteiligung seines Bekannten verweigerte er die Aussage. Das sei nicht zu beweisen, aber zu vermuten, so Richter Braun. Für die Verurteilung des Angeklagten spielte dies aber ohnehin keine Rolle. Noch im Gerichtssaal akzeptierte er das Urteil.