Mindelheimer Zeitung

Ende Legende?

Geld Warren Buffett ist der erfolgreic­hste Investor der Welt. Jetzt vermeldete er einen Milliarden-Verlust. Was ist da los?

- VON SARAH SCHIERACK

Augsburg Warren Buffett ist für viele Dinge bekannt, am meisten aber wohl für seine Sprüche: Prägnante Finanz-Weisheiten, die der Multimilli­ardär aus Omaha im US-Bundesstaa­t Nebraska in seine Aktionärsb­riefe schreibt oder Journalist­en in die Blöcke diktiert, und die dann regelmäßig in Büchern und sogar auf Postern landen. Sprüche wie dieser: „Regel eins lautet: Nie Geld verlieren. Regel zwei lautet: Vergesse nie die Regel Nummer eins.“

Ausgerechn­et der 88-jährige Starinvest­or selbst hat sich nun jedoch nicht an seine eigenen Regeln gehalten. Seine Beteiligun­gsgesellsc­haft Berkshire Hathaway, an der er rund 30 Prozent hält, machte im vergangene­n Quartal 25 Milliarden Dollar Verlust, Buffett hat also zumindest auf dem Papier ziemlich viel Geld verloren. Grund dafür war der Kursabstur­z des Lebensmitt­elRiesen Kraft Heinz, dessen größter Anteilseig­ner Berkshire ist.

Die ersten Experten orakeln bereits, dass sich bald das Ende des viel gerühmten Anlegerglü­cks von Buffett abzeichnen könnte. Auch er selbst gab Anfang der Woche in einem Interview mit dem US-Sender CNBC zu, für Kraft zu viel bezahlt zu haben. „Ich lag in mehrfacher Hinsicht falsch“, räumte er ein.

Es sind bemerkensw­ert offene Worte für einen Mann, der vor allem dafür bekannt ist, selten falsch zu liegen. „Orakel von Omaha“nennen Journalist­en den Milliardär, weil er es immer wieder schafft, mit unerwartet­en Investment­s sein Vermögen zu vervielfac­hen. Der Wert von Berkshire wird aktuell auf 500 Milliarden Dollar beziffert. Damit ist die Buffett-Firma, die Anteile an Coca-Cola, Gillette oder auch Apple hält, so wertvoll wie die fünf größten deutschen Unternehme­n zusammen. Die Aktien des Konzerns, die der Investor 1965 für 18 Dollar ausgab, kosten mittlerwei­le über 200 000 Dollar pro Papier.

Mit einem Vermögen von rund 83 Milliarden Dollar ist Buffett heute der drittreich­ste Mensch der Welt – auch wenn man es dem 88-Jährigen, der in einem unscheinba­ren Einfamilie­nhaus wohnt und nach eigener Aussage keinen Computer besitzt, nicht unbedingt ansieht. Buffett gilt als bescheiden, Protz und Luxus sind ihm fremd. Nach seinem Tod soll der größte Teil des Geldes an die Stiftung seines Freundes Bill Gates gehen, die weltweit Hunger und Armut bekämpft.

Bis dahin will der Investor sein Geld jedoch noch fleißig vermehren. Seine Anlage-Strategie: Buffett setzt meist auf die Aktien von Konzernen, die er für unterbewer­tet hält. Häufig beobachtet er die Unternehme­n jahrelang, analysiert penibel die Bilanzen, bevor er sich einkauft.

Längst ist der Amerikaner mit seinen Methoden zur Legende geworden. Zur Berkshire-Hauptversa­mmlung in Omaha pilgerten zuletzt 42000 Anleger, auf der Bühne wird Buffett wie ein Star gefeiert. Wenn er zu den Aktionären spricht, saugen seine Fans jedes Zitat, jede Weisheit auf und hoffen, daraus auch ein wenig persönlich­es Finanzglüc­k abzuleiten.

Wer sich Buffetts Lebensgesc­hichte anschaut, merkt jedoch schnell, dass es nicht nur Glück war, das den Investor reich gemacht hat. Der Amerikaner gilt als Genie, als akribische­r Zahlenmens­ch, dessen Geschäftss­inn sich schon in der Kindheit zeigte: Buffett, der ein Jahr nach dem großen Börsencras­h von 1929 zur Welt kam, verkaufte Coca-Cola, trug Zeitungen aus, vermietete Flipper-Automaten. Mit elf Jahren spekuliert­e er das erste Mal an der Börse, mit 14 hatte er so viel Geld, dass er mehrere Grundstück­e in Omaha kaufte, und dazu noch einen Eisenwaren­handel.

Mit 30 Jahren hatte Buffett seine erste Million verdient. Von Anfang an setzte er auf eine langfristi­ge Anlagestra­tegie. „Erfolg“, hat er einmal gesagt, „hat viel mit Inaktivitä­t zu tun.“Anders formuliert: Ein guter Anleger braucht vor allem Geduld, der lange Atem zahlt sich aus. Seine eigene Geschichte ist der beste Beweis dafür: Buffett hat, obwohl er schon früh an der Börse spekuliert­e, 99 Prozent seines Vermögens erst nach seinem 50. Geburtstag gemacht.

Auch der aktuelle Verlust lässt sich im Übrigen ganz banal erklären: In den Jahren zuvor wies Berkshire Gewinne und Verluste seiner Beteiligun­gen nur dann in der eigenen Bilanz aus, wenn Aktien verkauft wurden. Neue Bilanzieru­ngsregeln zwingen Berkshire aber zur neuen Berechnung­sart. Im unendliche­n Fundus der BuffettWei­sheiten findet sich ohnehin auch dazu das passende Zitat: „Ab und an Geld zu verlieren, gehört zum Investiere­n dazu.“

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Foto: Larry W. Smith, dpa Unscheinba­re Brille, biederer Anzug: Man sieht es Warren Buffett nicht an, aber der Starinvest­or ist der drittreich­ste Mensch der Welt.

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