Wo Lethe, Quell und Ihi fließen
Wenn sich die Schlaraffen zur Fasnachtssippung treffen, sind ausnahmsweise auch Burgfräulein dabei
Mindelheim Bei den Schlaraffen, der Vereinigung, die 1859 in Prag zur Pflege von Freundschaft, Kunst und Humor gegründet wurde, ist die jährlich stattfindende „Fasnachtssippung“ein beliebter Höhepunkt. Das Besondere am exklusiven Spektakel des aus Rittern, Junkern und Knappen bestehenden Männerbundes ist, dass im Fasching auch die „Burgfrauen“dabei sein dürfen. Zum hellen Fanfarenklang, unter den Augen ihres Symboltiers – einem Uhu –, zogen die Oberschlaraffen Roland Peter, Manfred Schmid und Gerd Haldenmayr in den festlich geschmückten Saal des Mindelheimer Gefängnisturms ein, um von ihrem Thron aus die Begrüßung vorzunehmen und herrliche Vierzeiler zu verkünden. Einer davon: „Die Burg erstrahlt in hellem Licht, an neuen Lampen liegt es nicht. Es muss so sein auf jeden Fall, die Burgfrau’n glänzen hier im Saal.“
Für Speis und Trank sorgten die Wirtsleute Christel und Fritz Schuster, unterstützt vom Mundschenk, der reichlich „Lethe“(Wein), „Quell“(Bier) und „Ihi“(Schnaps) servierte. Vom fröhlichen Begrüßungsruf „Lulu“wurden die Ehrenritter und Gäste unter dem Schwerter-Bogen begleitet. Ritter Hun Shan aus Velburg in der Oberpfalz hatte als Mitbringsel getextet: „Die Mindel windelt sich durch Mindelheim und mindelt sich zum Lech, dann ist sie wech.“
Gemäß ihrem Schlaraffen-Wahlspruch „In arte voluptas“(in der Kunst liegt Vergnügen), bewarben sich die Ritter namens Oanser, Elementarius, Hun Shan, Aqualyrikus, Creatore und Farbenfroh zur „Turney um die Minnekette“. Jede Darbietung ein kreatives Gesamtkunstwerk, wobei dem einfühlsamen „Bajazzo“-Sänger nicht nur Auge und Ohr, sondern sicher auch mancher Herzschlag gewidmet wurde. Doch mochten die edlen Ritter auch in den schönsten Tönen und mit sensibelster Lyrik aufwarten: Das Rennen bei den Burgfrauen, die für die Ermittlung des Siegers zuständig waren, machte schließlich Oanser der Erste alias Wolfgang Brückmann aus Türkheim. Er präsentierte sich als reimender Robin Hood: „Intelligent und schnell wie ein Pfeil, nimmt von den Reichen für die Armen ihren Teil. Heute will er aber nur die Gunst der Damenwelt gewinnen, sie können seinen Verlockungen nicht entrinnen.“Mit einer Geburtstagshymne, dem Schneewalzer und einem fantastischen Folk-Song-Medley begeisterten Claus Palm auf der Klarinette, Karin Henkel, Gerd Haldenmayr und Hermann Foerschner auf der Trompete, Heidi Palm auf dem Saxophon, an der Zugposaune Leonhard Hämmerle und an der Tuba Franz Henkel.
Mittendrin im stimmigen Tumult, Herbert Kugler, Vorsitzender und ehemaliger Zweiter Bürgermeister von Mindelheim.
Als strahlender Ritter Don Glasuro kommentierte er: „Eine gelungene Faschingssippung. Vorwiegend ältere Herrschaften werden wieder jung.“
Jeder Vortragskünstler wurde mit der „Ahne“(Orden) belohnt, und zum Entzücken der Burgfrauen erhielt jede einen handgearbeiteten Till Eulenspiegel als Erinnerung an diesen unvergesslich schönen Abend.