Da staunen auch Helene und Flori
Fasching Noch größer, noch bunter, noch länger. Der Umzug in Kammlach setzt neue Maßstäbe
Kammlach Der Faschingsumzug der Narrenzunft „Schetterhaufa“Unterkammlach eilt von Rekord zu Rekord. Noch nie gab es so viele Zuschauer. Die Zahl der Aktivisten mit 94 Zugnummern und mit etlichen Unterabteilungen bewegte sich auf die Zahl von über 2000 und das närrische Defilee dauerte sage und schreibe drei Stunden. An diesem Faschingssamstag war Kammlach das Mekka der süddeutschen Narren.
Die Kammlacher haben es geschafft, den schwäbischen Fasching und die alemannische Fasnacht zusammen zu führen. Und so kommt es zu einem bunten Gemisch aus Masken- und Hästrägern, farbigen Mäschkerle, eleganten Prinzenpaaren und hübschen Gardinchen, die mit den Hästrägern um die Gunst des Publikums kämpfen.
Traditionell eröffnen die Gastgeber den Umzug. Allen voran der Musikverein Unterkammlach, maskiert natürlich. Es folgten die jüngsten Einwohner, die Kinder des Kindergartens. Einen besonderen Gag hatten sich die Frauen des TSV-Aerobic-Clubs ausgedacht. Sie kamen als Käseschachteln daher, denn immerhin kennt man den Romadur aus Kammlach im ganzen Land. Der Männerbund Kammlach schickte gleich das Traumschiff auf Reisen. Natürlich mit Florian Silbereisen als Kapitän. Und sie orakelten über ein Happy End. Denn mit auf dem Deck stand auch „Helene Fischer“und so wurde über eine überraschende Traumhochzeit auf hoher See gemunkelt.
Und danach ging es Schlag auf Schlag: Bärenjäger, Dreckspatzen, Gausweiber und Hexen, Feuerpudel und Wasserbätscher, um nur ein paar Gruppen zu nennen. Die Schlachtrufe waren zum Teil schon echte Zungenbrecher, wie „D‘Schuppa grea und und blau die Haur, Blätscher kommet jedes Jauhr.“Da war man über das einfache „Narri Narro“der Offinger Muasgutt‘r direkt froh.
Erstaunlich wie die Maskenträger trotz der langen Saison noch gut drauf waren. Sie hüpften, sprangen und wälzten sich gruppenweise am Boden. Da gehört schon Begeisterung für die Sache dazu. Und ein bisschen schräg muss es auch sein, das zeigten Schnürsenkel-Stibitzer oder eine Weihnachtsbaummaschine.
Zunftmeisterin Ira Müller kommentierte das bunte Treiben am Dorfplatz. Weil ihre Stimme nun doch schon etwas angegriffen war, hatte sie gleich vier Co-Kommentatoren mitgebracht. Vor der Ehrentribüne liefen die Gruppen zu Hoch- form auf. Bürgermeister Josef Steidele blühte dort eine besondere Prüfung, als ein Hästräger seine Schnupfmaschine an ihm ausprobierte.
Was sich auch gezeigt hat: Die Pyramiden der Maskengruppen sind immer noch ausbaufähig. Es reicht nicht mehr, nur in Höhe zu bauen. Begleitet wird dies nun mit Pyrotechnik, blutrote Rauchschwaben waren das Ergebnis. Der Bürgermeister dachte schon über ein Dieselfahrverbot in Kammlach nach, nachdem die Feinstaubbelastung für ein Jahr nun schon am 2. März erreicht wurde.
Unglaublich auch, was der kleine Ort an Logistik auf die Beine gestellt hatte. Die vielen Aktiven wollten alle versorgt werden.
Begonnen hatte die Gaudi mit dem traditionellen Empfang der Zunftmeister. Bürgermeister Josef Steidele konnte dazu Dekan Andreas Straub sowie den Präsidenten des Regionalverbandes BayerischSchwäbischer Fasnachtsvereine, Christoph Spies, den Obernarren sozusagen, begrüßen.
Ira Müller und ihr Stellvertreter hatten alle Hände voll zu tun, um die vielen Orden, Geschenke und Küsschen in Empfang zu nehmen. Die Lumpenkapelle Boos heizte ein und brachte die Hästräger auf die richtige Temperatur, damit sie den anschließenden Straßenfasching auch überstehen konnten.
Interessant ist auch die Geschichte des Schetterhaufens. Die meisten Gruppen der alemannischen Fasnacht beziehen sich auf Sagen. „Ritter Heinrich von Kamploch war demnach etwa um 1300 Besitzer der Kammelburg.
Heute weiß niemand mehr, wo diese Burg stand. Kinder fanden jedoch in einer Schlucht, wo die Quelle entspringt, ein auffälliges Gestein. An einem Erdvorsprung entdeckten sie ein Loch, das einige Meter tief in den Berg reichte und bis 1980 noch bestand.
Dies soll einmal der Eingang zu einem unterirdischen Gang gewesen sein, der bis zur Mindelburg reichte. Aus diesem Loch erklangen manchmal laut schetternde Geräusche. Der Grundstücksbesitzer ließ wegen der Gefährdung der dort spielenden Kindern dieses Loch einebnen.
Als dieses Loch zugemacht wurde, hatten die „Grabakrattler“keine Heimat mehr und zeigen sich nun laut schetternd in der Fasnet der Öffentlichkeit!
Bis zum nächsten Jahr müssen sie nun bald wieder ins Loch.