40 Jahre ettrinarrisch – und kein bisschen müde
Fasching Die Ettringer Familie Böck hat den Fasching im Blut. Mit einem unbändigen Ideenreichtum sorgen die Ettringer dafür, dass heute beim Rosenmontagsumzug alle Teilnehmer und Besucher auf ihre närrischen Kosten kommen
Ettringen Wer in Ettringen geboren ist, hat so gut wie keine Chance, dem Fasching zu entgehen – und das will auch eigentlich niemand. Und weil die erste Bedingung zutraf, war der weitere Lauf der Dinge für Edeltraud und Georg unausweichlich.
Beide in Ettringen geboren, war es nur noch eine Frage, wie und wann sie in den närrischen Strudel geraten würden. Hier kommt das Apothekerehepaar Günther und „Gigga“Hakert ins Spiel. Zwar ehemals zugereiste Nordlichter wurde für sie der Glitzer und Glamour der fünften Jahreszeit im Turnus zur schönsten Nebensache ihres Lebens.
Während Günther Hakert ab 1969 der Ettrinarria vorstand, übernahm Gigga als Choreografin der Garde, Texterin und Kostümbildnerin für etwa 20 Jahre den kreativen Part der Faschingsinszenierung. Sie war es auch, die Edeltraud – damals für einige Zeit in der Apotheke beschäftigt – zum Mitmachen animierte.
Ihr Debüt hatte sie 1979 in der Garde. „Es war eine tolle Zeit“, erinnert sie sich, „und die Mädels genossen, im Vergleich zu heute, regelrechten Luxus“. Ein Gardebetreuer las ihre Wünsche von den Lippen ab – und das war niemand anders als Georg, mit dem sie zwar noch nicht verheiratet, aber schon verbandelt war.
Was lag da für Gigga näher als die beiden zum Prinzenpaar zu verkuppeln. 1982 wurden sie gekrönt, beide schwelgen heute noch in märchenhaften Erinnerungen. Aber auch sonst war es eine sehr bewegte Lebensphase. Bald darauf legte Georg die Meisterprüfung ab, und dann wurde auch noch im richtigen Leben geheiratet.
Unabhängig davon ließ der Fasching Edeltraud und Georg nicht los. 1986 wurde Georg Präsident der Ettringer Narren, und blieb es für die nächsten vier Jahre. Danach verlagerte sich das Wirken eher hinter die Kulissen, aber die Böcks blieben dem harten Kern der Ettrinarria verbunden, oder besser: sie sind ein wesentlicher Teil dessen, was ihn ausmacht.
Die Zahl der aktiven Mitglieder des Vereins, den Georg amtlich eintragen ließ, stieg unablässig auf inzwischen über 170. Das aber passierte nicht einfach so, sondern hatte Gründe und war zu suchen in dem unbändigen Ideenreichtum, der gleichermaßen die Mitglieder an- und Zuschauer etwa zum Faschingsumzug anlockte. 2002 feierte diese Tradition ihre 50. Aufführung, und die sollte natürlich etwas Besonderes werden: Man beschloss, das Ereignis vom Sonntag auf die Rosenmontagnacht zu verlegen und stellte einen VWBeetle als Hauptpreis einer Tombola zur Verfügung. Das Highlight aber war Georgs Idee eines Weltrekordversuchs der längsten Krapfenkette. So backten die Ettringer Backstuben also was das Zeug hielt, um die Krapfen zu liefern, die dann mit Zuckerguss entlang der Wegstrecke des Faschingsumzuges aneinander gekettet zu werden. Knapp 800 Meter schaffte man; eine Sensation, über die der Bayerische Rundfunk und alle regionalen Medien groß berichteten und die Georg den Spitznamen Krapfenschorre eintrug. Das Ereignis schlug solche Wellen, dass Ettringen quasi über Nacht zum Faschings-Boom-Dorf wurde, ein inzwischen legendärer Ruf, der dafür sorgt, dass nach polizeilicher Schätzung um die 15000 Schaulustige die Umzugsstrecke säumen.
Sie können sicher sein, dass den Ettrinarria-Spitzen immer noch etwas Neues einfällt. So gab es vor einigen Jahren zur über die gesamte Strecke synchronisierten Musik einen von allen Garden gemeinsam und gleichzeitig getanzten Marsch.
Über die Jahre bereicherten bei Edeltraud und Georg vier Kinder das Familienleben, von denen bis auf Tochter Susanne, die nicht mehr in Ettringen wohnt, alle reichlich Faschingsgene von den Eltern mitfeuerte bekommen haben: es sind Mathias, der amtierende Faschingsprinz, Johannes, Faschingsprinz a.D. (2015) und Mitglied des Vereinsvorstands, sowie Alexander, eine tragende Säule des Elferrats. Viele Jahre schenkten die Böcks auch in der Bar aus, und wenn Gäste in der Früh partout nicht nach Hause wollten, machte Georg Böck einfach das Licht aus. Daher stammt auch der Ausspruch „Schorre, mach´s Licht aus“.
Unnötig zu erwähnen, dass sie auch bereits in manch anderer Funktion in Erscheinung getreten sind, nicht zuletzt auch als Ideengeber. So nahm Familienoberhaupt Georg auf Alexanders Vorschlag hin mit der Staudenbahn Kontakt auf, wodurch die Fans nun wieder aus weitem Umkreis mit dem Zug zum Umzug anreisen können. Heuer feiern Edeltraud und Georg ihr 40-jähriges Jubiläum in Diensten der Ettrinarria – und sind kein bisschen faschingsmüde.
„Damals“, erinnert sich Edeltraud, „boten die Faschingsbälle den noch nicht volljährigen jungen Leuten, insbesondere den Mädels, Gelegenheit, erstmals Party machen zu können“. Schön finden die Böcks, dass der Fasching Jung und Alt zum Feiern zusammenbringt – das war so und ist so geblieben bis heute.