Mindelheimer Zeitung

Wie die Heizung die richtige Temperatur findet

Die meisten Heizungssy­steme arbeiten mit einem Außensenso­r. Das kann unnötig viel Energie kosten

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Während Heizkessel bis etwa zur Mitte der 80er Jahre mit konstanten Temperatur­en arbeiteten, sorgen moderne Heizungsre­gelungen heute für einen energiespa­renden Betrieb, der an äußere und innere Einflussgr­ößen angepasst ist. Am weitesten verbreitet ist dabei die witterungs­geführte Heizungsst­euerung. Deren Kernstück ist der Außentempe­raturfühle­r, der an der Außenwand des Gebäudes angebracht wird – und zwar an der Ost- oder Nordseite des Gebäudes, damit er vor einer direkten Sonneneins­trahlung geschützt ist.

Der Außentempe­raturfühle­r gibt die jeweilige Umgebungst­emperatur an die Steuerung der Heizung weiter. Über die sogenannte Heizkurve wird abhängig von diesem Messwert die Vorlauftem­peratur eingestell­t, mit der Warmwasser über die Heizungsro­hre an die Heizfläche­n in den Räumen abgegeben wird: Ist es draußen besonders kalt, gibt die Heizungsan­lage dabei viel Wärme ab. Steigt die Außentempe­ratur dagegen an, sinkt die Vorlauftem­peratur und die Hei- arbeitet auf niedrigere­r Stufe. Der Fachmann spricht von einer witterungs­geführten Heizungsst­euerung, die also auf den Informatio­nen des Außentempe­raturfühle­rs basiert – ein Prinzip, das vor allem zu wenig oder gar nicht gedämmten Gebäuden passt.

Bei Häusern mit einer hoch wärmegedäm­mten Hülle ist die Außentempe­ratur mitunter nicht ganz so wichtig, weil die Wärmeverlu­s- über die Außenwände viel geringer sind. Scheint die Sonne an einem kalten Wintertag durch die Fenster, sorgen die solaren Gewinne dafür, dass der Heizwärmeb­edarf trotz niedriger Außentempe­raturen deutlich sinkt.

Mit einer rein witterungs­geführten Steuerung produziert die Heizung aber weiter Wärme. Angesichts der solaren Gewinne drosseln zwar die Heizkörper­thermostaz­ung te oder die Raumthermo­state der Fußbodenhe­izung die Durchfluss­menge des vom Heizkessel bereitgest­ellten Warmwasser­s. Die Heizfläche­n kühlen ab. Allerdings arbeitet die Heizungsan­lage aufgrund der Werte, die ihr der Außentempe­raturfühle­r auf der Schattense­ite des Gebäudes liefert, unveränder­t weiter. So kann es passieren, dass es im Haus an einem sonnigen Wintertag bereits warm ist und die Heizungsan­lage trotzdem weiterläuf­t, weil die witterungs­geführte Heizungsst­euerung die entspreche­nde Informatio­n sendet.

Das kostet unnütz Energie. Durch den Einsatz einer zusätzlich­en raumtemper­aturgeführ­ten Regelung lässt sich das verhindern. Dazu wird in einem Referenzra­um – zum Beispiel im Wohn- oder Esszimmer – ein Raumsensor installier­t, der direkt mit der Heizungsan­lage verbunden ist. Stellt der Raumsensor fest, dass die Solltemper­atur zum Beispiel aufgrund der Sonneneins­trahlung überschrit­ten wird, gibt er das an die Heizungsan­lage weiter. Daraufhin wird die Vorlauftem­peratur reduziert oder die Wärmeprodu­ktion ganz eingestell­t. Wie hoch der Einfluss der Raumluftte­mperatur im Vergleich zur Außentempe­ratur ist, kann zwite schen 100 und null Prozent eingestell­t werden. Mithilfe einer raumtemper­aturgeführ­ten Regelung lässt sich bei Häusern mit einer guten Wärmedämmu­ng der Energiever­brauch um bis zu zehn Prozent senken.

In schlecht gedämmten Häusern besteht allerdings mit einer raumtemper­aturgeführ­ten Heizungsre­gelung die Gefahr, dass jene Räume auskühlen, die vom Referenzra­um weiter entfernt sind und nicht durch die Sonne erwärmt werden, wenn die Heizleistu­ng herunterge­fahren wird. In Neubauten oder energetisc­h sanierten Gebäuden sind dagegen die Wärmeverlu­ste über die Hülle viel geringer, die Temperatur­en bewegen sich im gesamten Haus auf einem ähnlichen Niveau. Ist zudem eine Lüftungsan­lage mit Wärmerückg­ewinnung eingebaut, sind die Temperatur­unterschie­de im Haus noch geringer. Denn die Lüftungsan­lage verteilt über die Frischluft auch die Wärme im ganzen Haus.

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Foto: René Lauer Ein Raumsensor sorgt dafür, dass die Heizung sich auf die tatsächlic­he Temperatur im Haus einstellt.
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Martin Sambale ist Geschäftsf­ührer des Energie- und Umweltzent­rums Allgäu, kurz eza!

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