Alte Liebe
Leben Weil viele sich von Dingen schwer trennen, gibt es einen neuen Markt
Wenig bleibt. Kaum hat man sich an etwas gewöhnt, schon kommt etwas Neues. Meist etwas Komplizierteres. Etwas Digitales. Etwas mit mehr Programmen. Etwas mit mehr Schnickschnack – den man oft gar nicht braucht. Da wundert es nicht, dass bei vielen die Sehnsucht wächst. Die nach Altem, Bewährtem, Einfachem. Da wundert es nicht, dass sich manche lautstark wehren, wenn ihnen Vertrautes einfach weggenommen wird. Sie erinnern sich: die Glühbirne. Der als grausam empfundene EU-Angriff auf die deutsche Gemütlichkeit. Denn kalt war das neue Licht – zumindest anfangs. Heute, zehn Jahre nach dem Aus der klassischen Glühbirne und mit dem stetigen Aufbau einer ordentlichen LED-LampenAuswahl, hört man kaum noch etwas. Wahrscheinlich stapeln sich die Glühbirnen noch in etlichen Kellern – neben Wählscheibentelefon, Kassettenrekorder und ausrangierten Computern. So wie sich in vielen Haushalten noch reiche D-Mark-Bestände finden.
Und so mancher konnte sich ja auch nie mit den neuen, immerhin auch umweltfreundlicheren Autos anfreunden. An denen kaum noch etwas selbst zu richten ist, die ständig aufblinken und aufheulen, nur weil man sich in eine enge Parklücke quetscht. Die einem nie das Lebensgefühl vermitteln, das einem eine Ente oder ein Original-Käfer schon beim puren Anblick schenkt. Doch die Wirtschaft wäre nicht die Wirtschaft, hätte sie nicht längst einen Markt für Liebhaber des Vergangenen kreiert. Einen blühenden. Retro ist in. Retro-Möbel. Retro-Kleidung. Retro-Geräte. Retro-Autos. Gut läuft, was alt aussieht und neu ist. Die Erklärung für den Hype findet sich vielleicht in einem Song. Einem alten freilich, von den Beatles: Yesterday, all my troubles seemed so far away – ein Glück, dass wenigstens die Musik bleibt.