Wieder eine Dorfwirtschaft weniger
Tradition Im Gasthaus Ritter in Wiedergeltingen gingen schneller als erwartet die Lichter aus. Vor allem der Schützenverein war überrascht – und stand buchstäblich vor verschlossenen Türen. Wie es jetzt weitergehen soll
Wiedergeltingen In ganz Bayern grassiert das „Wirtshaussterben“– jetzt hat es auch das Traditionsgasthaus „Ritter“in der Ortsmitte von Wiedergeltingen erwischt. Schon am vergangenen Wochenende musste die langjährige Wirtin Monika Irashi den Zapfhahn endgültig abdrehen – ihre Gesundheit ließ den Weiterbetrieb bis zum eigentlichen Kündigungstermin am 1. Mai einfach nicht mehr zu. Gestern abend suchten die Wiedergeltinger Gemeinderäte in nichtöffentlicher Sitzung nach einem Ausweg.
Denn für Wiedergeltingen bedeutet dies nicht nur den Verlust des letzten Dorfwirtshauses, sondern vor allem auch den Abschied von einem beliebten und traditionsreichen Treffpunkt für die Wiedergeltinger: Dämmerschoppen, Vereinsversammlungen, Stammtische und die „Fröhliche Runde“, der regelmäßige Treff der Wiedergeltinger Senioren, stehen jetzt alle vor der Frage, wo man sich künftig überhaupt noch treffen kann.
Noch härter erwischt es aber den Schützenverein 1883 Wiedergeltingen, dessen Mitglieder am vergangenen Wochenende buchstäblich vor verschlossenen Türen standen, nachdem die langjährige Wirtin und Pächterin Monika Isahi aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig aufgeben musste: Ein Schild mit der Aufschrift „Geschlossen wegen Geschäftsaufgabe“weist inzwischen darauf hin, dass das Traditionswirtschaft dicht gemacht hat.
Ob und wie es in dem großen und ortsprägenden Gebäude jetzt weitergehen soll, war gestern nicht zu erfahren: Der Besitzer des denkmalgeschützten Anwesens ist im Ausland und war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Ganz unvorbereitet war der Schützenverein jedoch auch nicht, so die 1. Schützenmeisterin Marianne Wiethüchter auf Anfrage unserer Zeitung. Die Schützen wussten ja, dass die Wirtin zum 1. Mai gekündigt hatte und konnten sich zumindest organisatorisch schon mal darauf vorbereiten.
Die Bewirtung während der Schützen-Veranstaltungen und Wettkämpfe zu organisieren sei da noch das Einfachste, weiß Marianne Wiethüchter. Viel mehr bedrückt die Schützen der Blick in eine ungewisse Zukunft. Zumindest noch die beiden nächsten Schießsaisonen sind für den Schützenverein 1883 Wiedergeltingen noch gesichert, der regelmäßig und erfolgreich an den Rundenwettkämpfen teilnimmt. Das wurde mit dem Hauseigentümer fest vereinbart, ist Wiethütcher erleichtert.
Wo die Schießsportler aber nach dieser Übergangsphase eine sportliche und gesellschaftliche Heimat und Unterkunft finden werden, steht derzeit noch in den Sternen, ist auch Marianne Wiethüchter ratlos. Denn ein Schützenverein braucht ja allem Schießstände, bei Rundenwettkämpfen mindestens zehn Stück. Und so ein Schießstand braucht Platz – mindestens zehn bis 14 Meter allein in der Länge. Umkleiden und ein Vereinsraum sollten es dann auch noch sein – es wird also kaum möglich sein, auf die Schnelle eine passende Lösung zu finden, weiß auch Wiethüter. Gut 120 Aktive hat der insgesamt 180 Mitglieder zählende Traditionsverein.
Gestern Abend brütete auch der Wiedergeltinger Gemeinderat in nichtöffentlicher Sitzung über dieser Frage. Ein Neubau eines Schützenheimes? Da würde der Schützenverein bestimmt jubeln, doch angesichts der Kosten für den neuen Kindergarten herrscht derzeit eher Ebbe in der Gemeindekasse.
Wahrscheinlicher ist daher eine mittelfristige Lösung, gedacht wird dabei auch an einen Anbau an das Sportlerheim der SpVgg. Auch an das Feuerwehrhaus sei schon gedacht worden. Noch sei es aber zu früh, sich offiziell zu solchen Gedankenspielen zu äußern, meinte ein Sitzungsteilnehmer schon im Vorfeld. „Wir hoffen jetzt auf die Gemeinde“, bringt es Schützenmeisterin Marianne Wiethüter auf den Punkt. Zunächst gelte es für die Schützen wie für die anderen Vereine im Dorf, nach einer Alternative für Versammlungen und Treffen zu suchen.
Klar, dass auch in Wiedergeltingen viele von einem „Dorfgemeinschaftshaus“träumen, wie es jüngst in Rammingen eröffnet wurde und im benachbarten Amberg nach dem Abriss des „Deutschen Kaiser“gevor baut werden soll (MZ berichtete). Dieses Thema werde dann wohl auch den bevorstehenden Wahlkampf in Wiedergeltingen bestimmen, glauben Insider.
Die langjährige Wirtin Monika Isahi war zuletzt nicht mehr in der Lage, den Betrieb in der Dorfwirtschaft aufrecht zu erhalten: „Es ging einfach nicht mehr“, schildert ihre Enkelin Veronika Dempfle die Situation. Leicht gefallen sei dieser Entschluss der 67-jährigen Monika Isahi keineswegs – im Gegenteil: „Sie stand hier ja schon seit 17 Jahren am Tresen“, sagt ihre Enkelin.
Seit 2002 habe Monika Isahi das Lokal gemeinsam mit Ehemann Iso geführt, doch seit 2017 wurde es immer schwieriger. Daher habe sich die Familie jetzt gemeinsam entschieden, das Lokal zu schließen.