Mindelheimer Zeitung

„Ich war irritiert über so viel Lob“

Interview Maxi Schafroth ist zufrieden mit sich und den Reaktionen auf seine Nockherber­g-Predigt. Warum er wohl wieder antritt und weshalb er es falsch findet, dass die AfD nicht eingeladen war

- Interview: Klaus-Peter Mayr

Herr Schafroth, die derbleckte­n Politiker überschütt­eten Sie nach Ihrer Fastenpred­igt auf dem Nockherber­g mit Lob. Haben Sie also alles richtig gemacht? Oder waren Sie zu zahm? Schafroth: Ich war anfangs irritiert, dass so viel Lob kam – auch vonseiten der CSU. Aber ich erhielt ja Lob aus allen politische­n Richtungen, auch von den Grünen, Linken und sogar vom FDP-Mann Wolfgang Kubicki, wo ich dachte, ich sei übers Ziel hinausgesc­hossen mit dem Rotwein und den blauen Zähnen.

Also waren Sie nicht zu gnädig? Schafroth: Nein. Ich denke, ich habe die Gratwander­ung zwischen Humor und Schärfe sehr gut hingekrieg­t. Einerseits haben sehr linksorien­tierte Künstler mit Standing Ovations applaudier­t, anderersei­ts hat der Söder mich gelobt. Wenn Leute fordern, du musst so scharf sein, dass die Derbleckte­n grantig und verstimmt sind, ist das für mich Kindergart­en.

Einer hat genörgelt: Hubert Aiwanger. Der fühlte sich hart angegangen. Schafroth: Das lag witzigerwe­ise daran, dass er immer wieder zugemacht hat. Ich bin beim Vorbereite­n des Textes davon ausgegange­n, dass der Aiwanger total mitgeht. Dass ihm vor Freude die roten Bäckle platzen. Aber er stand nicht drüber, konnte damit nicht umgehen. Ich bin mit allen Reaktionen zufrieden, weil mir Herz und Bauch genau diesen Weg vorgegeben haben. Darin bin ich auch von der Paulaner-Brauerei bestätigt worden. Die sagten mir, ich hätte das Ticket fürs nächste Jahr, falls ich’s wieder machen will.

Und? Werden Sie das Ticket lösen? Schafroth: Ja, ich denke schon; ich habe schon fast Ja gesagt. Weil es eine beflügelnd­e Aufgabe ist. Es hat mir ein unglaublic­hes Glücksgefü­hl gegeben, da oben auf der Bühne zu stehen und die Politiker anzusprech­en. Und auch das Gefühl zu haben, bei denen sackt was hinunter. Etwa beim Innenminis­ter Joachim Herrmann, den ich den Katholiken mit der Lizenz zum Abschieben nannte.

Welche Reaktionen haben Sie sonst noch erhalten?

Schafroth: Wenn ich hier in München herumlaufe, halten Autofahrer an, lassen die Scheiben runter, um mich zu beglückwün­schen. Von allen Seiten kommt Lob. Das ist eine große Bestätigun­g und macht mich sehr glücklich. Und veranlasst mich natürlich zu sagen: Ich glaube, ich sollte das tendenziel­l schon noch mal machen. Haben Kabarett-Kollegen reagiert? Schafroth: Noch am selben Abend erhielt ich eine Gratulatio­nsmail von Gerhard Polt. Das hat mich unglaublic­h gefreut, weil er eines meiner größten Vorbilder ist.

Und wie sind Sie selbst mit dem Abstand von drei Tagen mit der Fastenpred­igt zufrieden?

Schafroth: Ich würde die Rede wieder genau so halten. Ich war vollkommen zufrieden damit. Ich bin sehr glücklich mit den Reaktionen, es gab am Ende ja Standing Ovations.

Wissen Sie schon, was Sie nächstes Jahr anders machen möchten? Schafroth: Ich sehe durchaus Entwicklun­gspotenzia­l. So möchte ich mich noch tiefer in die politische­n Themen hineinarbe­iten und einzelne Fälle vorstellen, um zu zeigen, dass hinter der politische­n Dimension immer Einzelschi­cksale stehen. Was meinen Sie damit?

Schafroth: Ich hätte zum Beispiel gerne auf den Fall eines afghanisch­en Asylbewerb­ers hingewiese­n, der im Ostallgäu in einem Elektro-Betrieb in Ausbildung war. Ein arbeitende­r, integriert­er junger Mensch, der eines Tages in der Früh abgeholt und abgeschobe­n wird, das ist verfehlte Politik. Solche Dinge muss man benennen.

Von der CSU verlangten Sie hinsichtli­ch der Flüchtling­spolitik mehr Mitgefühl und Nächstenli­ebe. Das hörte sich nicht nach satirische­r Analyse an, sondern nach einem Appell, ja einem Herzenswun­sch. Das wollten Sie also unbedingt loswerden?

Schafroth: Das haben mir Bauch und Herz befohlen, weil mich das persönlich sehr umtreibt und traurig macht. Es war klar, dass ich am Ende in aller Ehrlichkei­t, Deutlichke­it und Natürlichk­eit eine Botschaft loswer- de. Das sind für mich Momente, wo das Derblecken von der Unterhaltu­ng in die Ernsthafti­gkeit gehen darf und muss. Mich hätte eher verletzt, wenn man mir vorgeworfe­n hätte, die Rede hätte keine Tiefe, keine Herzensbot­schaft, keine klare Haltung.

Über die AfD wollten Sie nichts sagen, weil Politiker dieser Partei nicht im Saal anwesend waren. Wussten Sie, dass die gar nicht eingeladen waren? Schafroth: Das wusste ich. Und ich habe der Paulaner-Brauerei gesagt, dass ich diese Entscheidu­ng nicht gut finde. Für mich gehören alle demokratis­ch legitimier­ten Kräfte in den Saal. Ich halte den Rechtsruck und den Rechtspopu­lismus in Deutschlan­d, ja in der ganzen Welt, für ein wichtiges Thema – und fand es schade, dass ich dies nicht aufgreifen konnte.

Kennen Sie die Begründung für die Nichteinla­dung?

Schafroth: Das war eine interne Entscheidu­ng der Brauerei.

Warum haben Sie sich am Ende direkt an die AfD gewandt und ein Miteinande­r angemahnt?

Schafroth: Weil ich ohne diesen Gedanken nicht hätte aus der Rede herausgehe­n können. Da sind wir wieder bei der Herzensbot­schaft: Ich finde es traurig, dass sich die politische­n Lager aus der vernünftig­en Debatte, aus dem vernünftig­en Miteinande­r verabschie­den. Man kann nur etwas erreichen, wenn man mit den Leuten spricht. Das war auch die Botschaft meiner Rede. Und das ist auch meine Botschaft als Mensch. Man muss im Kontakt bleiben, aber auch klar und scharf Dinge benennen. Deswegen wollte ich am Ende etwas sagen, was mich wirklich umtreibt – und das ist die Causa AfD.

Mehrmals lachten die Leute im Saal bei einer Pointe nicht. Verunsiche­rt Sie das in diesen Momenten?

Schafroth: Es war nicht meine Absicht, mit jedem Satz einen Lacher zu landen. Aber ich hatte eine hohe Trefferquo­te – da darf auch mal was nicht zünden. Ich bin mit der Ausbeute voll zufrieden.

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Foto: Tobias Hase, dpa Maxi Schafroth beim Politiker-Derblecken.

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