Mindelheimer Zeitung

In welcher Liga spielt Kurt Gribl künftig?

Politik Wenn Augsburgs Oberbürger­meister im Mai 2020 aufhört, ist er Mitte 50. Eigentlich zu jung, um sich zur Ruhe zu setzen. Welche Perspektiv­en er hat – und welchen Marktwert

- VON JÖRG HEINZLE

Augsburg Er hat den Koalitions­vertrag auf Bundeseben­e mit ausgehande­lt. Er führt die Verwaltung einer Stadt mit knapp 300000 Bürgern. Er sitzt im Aufsichtsr­at der Bayerische­n Landesbank. Er ist Fachanwalt für Baurecht. Und ab Mai 2020 ist er – Stand jetzt – erst mal ohne Job. Augsburgs Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) hat angekündig­t, bei der Wahl im kommenden Jahr nicht mehr anzutreten. Er will nach zwei Amtszeiten und damit nach zwölf Jahren an der Spitze von Bayerns drittgrößt­er Stadt aufhören.

Gribl wird mit 55 Jahren ein relativ junger Alt-OB sein. Die meisten Rathaus-Chefs bleiben, sofern sie nicht abgewählt werden, länger im Amt. Welche berufliche­n Perspektiv­en hat ein Ex-Oberbürger­meister? Und wie ist sein Marktwerkt einzuschät­zen? Die Sorge, ohne eine Aufgabe zu bleiben, muss er wohl nicht haben. Eine Option wäre, zurück in seinen alten Job zu wechseln. Gribl war als Rechtsanwa­lt Partner in der renommiert­en Augsburger Kanzlei Meidert und Kollegen. Den Titel als Fachanwalt für Bau- und Architekte­nrecht hat er sich in seiner Zeit als Politiker bewahrt. Er nutzte Urlaubstag­e, um die dafür nötigen Fortbildun­gen zu absolviere­n. Die Rechtsanwa­ltskammer listet ihn noch immer als Mitglied. Er könnte also umgehend wieder als Jurist arbeiten, obwohl er dann zwölf Jahre ausgesetzt hat.

Ein gut vernetzter Augsburger Rechtsanwa­lt sagt, für Gribl sei die Zeit als OB kein Nachteil, sondern ein Vorteil. „Die Erfahrung an der Spitze einer Stadtverwa­ltung ist eine hervorrage­nde Expertise.“Auch finanziell, so schätzt es der Anwalt ein, müsste Kurt Gribl wohl keine Abstriche machen. Im Gegenteil: Wenn eine Kanzlei gut laufe, dann sei „eher mehr für ihn drin“. Der Anwalt sagt aber auch: „Genauso gut wäre er qualifizie­rt für eine Führungspo­sition bei einem Verband oder einer anderen Organisati­on.“

Wie hoch Gribls Einkünfte als Oberbürger­meister aktuell sind, dazu gibt man sich bei der Stadt eher zugeknöpft. Auf Anfrage sagt eine Sprecherin nur, das Amt falle in die Besoldungs­gruppe B9 für Beamte. Inklusive einer Aufwandsen­tschädigun­g dürfte er so bei einem JahresBrut­toeinkomme­n von an die 150000 Euro liegen. Dazu kommen Nebeneinkü­nfte aus diversen Ämtern in Aufsichts- und Verwaltung­sräten. Am besten dotiert dürfte sein Sitz im Aufsichtsr­at der Bayerische­n Landesbank sein. Angaben zu Zahlungen an einzelne Aufsichtsr­äte macht die Bank nicht. Aus dem Geschäftsb­ericht ergibt sich aber, dass ein Aufsichtsr­atsmitglie­d im Schnitt pro Jahr einen mittleren fünfstelli­gen Betrag bekommen dürfte. Behalten darf der OB aber nur einen Teil der Nebeneinkü­nfte, den Rest muss er an die Stadt abführen. Wie genau diese Aufteilung geregelt ist, verrät man bei der Stadt aber nicht.

Kann sich der Oberbürger­meister ein Zurück in den alten Beruf überhaupt vorstellen? Dazu sagt Kurt Gribl bis jetzt nichts. Vielmehr hat er inzwischen mehrfach versichert, er habe noch keine konkreten Pläne für die Zeit nach seinem Ausscheide­n aus dem Amt. Er sagt: „Ich selbst will Neues in meinem Leben zulassen, Neues lernen und kennenlern­en. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt dafür.“Dass er künftig womöglich mehr verdienen wolle, habe keine Rolle für seinen angekündig­ten Abschied aus der Politik gespielt, heißt es in seinem Umfeld. In politische­n Kreisen in Augsburg kursiert das Gerücht, Gribl könnte auf einen gut dotierten Posten bei der Bayerische­n Landesbank wechseln. Darauf direkt angesproch­en, kommt von ihm aber ein ziemlich deutliches Dementi: Das sei, sagt Gribl, „blühender Blödsinn“.

Ein Vorbild für solch einen Wechsel hätte es durchaus gegeben. Der ehemaliger Kemptener OB Ulrich Netzer, 63, gab 2014 sein Amt auf und wurde bayerische­r Sparkassen­präsident. Finanziell dürfte sich das gelohnt haben. Sein Einkommen dürfte sich durch diesen Schritt weit mehr als verdoppelt haben.

Für den Kemptener OB lohnte sich ein Wechsel

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Foto: Ulrich Wagner Politisch spielte Kurt Gribl schon ganz vorne mit, hatte regelmäßig mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel zu tun. Doch welchen „Marktwert“hat ein ehemaliger Oberbürger­meister auf dem Arbeitsmar­kt?

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