Chemnitz zeigt, wie gefährlich das Wegsehen ist
Der Chemnitzer FC kommt nach dem Skandal um die Traueraktion für einen toten Rechtsradikalen nicht zur Ruhe. Kurz vor Spielbeginn war am Samstag eine Schweigeminute für einen Nazi abgehalten worden, samt Einblendung auf dem Videowürfel. Über 4000 Zuschauer waren dabei, als einem gedacht wurde, der offen rassistische Meinungen vertrat und in den 90er Jahren „Hoonara“– ein Netzwerk für „Hooligans, Nazis und Rassisten“gegründet hatte. Es ist ein unglaublicher Vorgang.
Die Details, die in den vergangenen Tagen über das Innenleben des Klubs ans Tageslicht gekommen sind, sind ebenfalls verstörend. Ein
Stürmer, der mit einem Nazi-Spruch jubelt. Eine Fanbetreuerin, die das Wirken eines Rechtsradikalen verharmlost. Ein ganzer Verein, der wissentlich die Augen verschlossen hat und der offenbar am Ende nicht mehr die Handlungsgewalt innehatte.
Obwohl es immer wieder Vorfälle mit Rechtsradikalen gab, verzichtete der Klub darauf, sich gegen die Vereinnahmung durch die rechte Szene zu positionieren und Hilfestellungen anzunehmen.
Immer wieder versuchen Rechtsradikale, in den Fanblöcken der Bundesligaklubs an Einfluss zu gewinnen. Die Rechten mischen sich unter die Fans, brüllen ihre Parolen und bedrohen jene, die nicht ihrer Meinung sind.
Was passieren kann, wenn ein Fußballklub diese Tendenzen zu lange unterschätzt und verharmlost, ist nun in Chemnitz zu sehen. Natürlich stehen nicht alle Fans des Regionalligisten politisch rechtsaußen. Ihre Stimme findet derzeit aber kein Gehör. Tonangebend sind ganz offensichtlich diejenigen, die des toten Nazis gedachten.
Wie sehr das derart beschädigte Image einem Verein schadet, ist ebenfalls in Chemnitz zu sehen: Längst haben sich die relevanten Sponsoren vom Verein abgewandt, kaum ein größeres Unternehmen will mit einem Klub werben, der ein derartiges Image hat. Seit Monaten wird der Klub von einem Insolvenzverwalter geführt. Der Verein ist schwer beschädigt – und hat das selbst zu verantworten, weil er zu lange weggesehen hat.