Mindelheimer Zeitung

Auf den Trost folgt Kritik

Champions League Das Aus gegen Liverpool zeigt etliche Schwächen der Bayern auf. Robert Lewandowsk­i ist mit der Taktik seines Trainers nicht einverstan­den

- VON TILMANN MEHL

München Viele der 70 000 Zuschauer hatten die Arena schon vor dem Abpfiff verlassen. Es war nicht der Tag für Wunder und als Virgil van Dijk in der 69. Minute den Ball zum 2:1 für Liverpool ins Münchner Tor setzte, hätte es schon einen arg mirakulöse­n Verlauf gebraucht, der dem FC Bayern den Einzug ins Viertelfin­ale der Champions League ermöglicht. Zwei Tore in 20 Minuten gegen einen überlegene­n Gegner – das war selbst für viele fantasiebe­gabte Fans zu unwahrsche­inlich.

Echte Spannung entwickelt­e sich erst nach der Partie. Nachdem die Bayern 1:3 verloren hatten und nicht wie in den vergangene­n Jahren darauf verweisen konnten, vom Schiedsric­hter und/oder Glück benachteil­igt worden zu sein. Das Aus war einzig einem schlicht besseren Gegner geschuldet. Sportler verfügen über die Gabe, auch schlimmste Niederlage­n in wohlfeilen Phrasen zu beschreibe­n, dass Blöcke und Sendezeit gefüllt werden – inhaltlich aber nicht viel übrig bleibt. Nicht so diesmal. Die Münchner entschiede­n sich für eine Herangehen­sweise, die in den vorangegan­genen 90 Minuten hatten vermissen lassen: Offensive.

So kritisiert­e Robert Lewandowsk­i beispielsw­eise recht unverblümt seinen Trainer Niko Kovac: „Wir haben zu defensiv gespielt – auch im ersten Spiel wahrschein­lich zu wenig riskiert, nach vorne zu spielen. Heute war es genauso. Wir haben in beiden Spielen nicht so viele Chancen gehabt und deshalb auch keine Argumente, um weiterzuko­mmen.“In der Tat war der Stürmer vorne meist auf sich allein gestellt. Weil einer seiner Bewacher jener van Dijk war, der mit seinem Tor die Zuschauerf­lucht auslöste, hatte Lewandowsk­i einen unangenehm­en Abend hinter sich. In England erzählt man sich, dass zwei Drittel der Erde von Wasser bedeckt sind – und der Rest von van Dijk. Der Holländer fehlte dem FC Liverpool noch im Hinspiel gelbgesper­rt. Diesmal aber konnte er zeigen, weshalb sein Klub vor einem Jahr umgerechne­t 80 Millionen Euro an den FC Southampto­n überwies, um sich seine Dienste zu sichern.

Kovac verteidigt­e seine Taktik. Er wollte „kontrollie­rt nach vorne spielen“lassen und die Mitte meiden, da sich Ballverlus­te gegen den spritzigen Gegner hier besonders bitter rächen würden. Kovac räumte aber auch ein: „Das haben wir nicht so geschafft, wie wir wollten. Das lag an uns und Liverpool.“

Der Plan der Briten ging hingegen gut auf. Bemerkensw­ert war das aus zweierlei Gründen. Zum einen musste Kapitän Jordan Henderson bereits nach 13 Minuten verletzt ausgewechs­elt werden. Zum anderen schien das Pendel nach dem Ausgleich der Bayern durch das Eigentor von Joel Matip (39.) zugunsten der Münchner auszuschla­gen. Doch den Bayern fehlte es an Klasse, um diese Faktoren für sich zu nutzen.

Sie waren ihrem Gegner in allen Belangen unterlegen. Wenn dann auch noch ein kapitaler Fehler, wie der von Manuel Neuer vor dem 0:1 durch Sadio Mané, (26.) dazukommt, ist eine Mannschaft chancenlos. Derartig eindeutige Niederlage­n können den Weg in die Zukunft weisen. Sie decken auf, in welchen Bereichen eine Mannschaft Nachholbed­arf hat. Den Münchsie nern fehlte es gegen Liverpool an offensiven Alternativ­en zur Unterstütz­ung Lewandowsk­is. Das Flügelspie­l sollte nicht vom 35-jährigen Franck Ribéry abhängig sein. Dem Trainer fehlte es an Mut, Bereitscha­ft oder Einsehen, dass es während der Partie massiver taktischer Anpassunge­n bedurft hätte.

Ob die Bayern in den kommenden Wochen diese Problemfel­der angehen, ist weitaus spannender als die Partie gegen Liverpool.

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Foto: Getty War doch nur ein Spiel: Liverpools Trainer Jürgen Klopp tröstet Bayern-Stürmer Robert Lewandowsk­i nach dem Münchner Aus in der Königsklas­se.

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