Mindelheimer Zeitung

Der unerwünsch­te Baumeister

Natur In der Westernach wurde ein Biberdamm entfernt. Warum das aus Sicht eines Grundstück­sbesitzers nötig war

- VON SANDRA BAUMBERGER

Walchs Ohne Gummistief­el geht hier gar nichts. Das war schon vor rund zwei Wochen so – und doch sah der Abschnitt in einem Wäldchen zwischen Apfeltrach und Walchs da noch ganz anders aus: Ein Biber hatte in der Westernach einen Transportd­amm errichtet und so auch eine angrenzend­e Wiese und ein Waldstück in eine Wasserland­schaft verwandelt. Was manchen Spaziergän­ger fasziniert­e (wir berichtete­n), trieb Martin Höß die Sorgenfalt­en auf die Stirn.

Immerhin überflutet­e die Westernach nicht nur eine Wiese, die er vor wenigen Jahren an seinen Sohn übergeben hat, sondern auch den Feldweg, der zu eben dieser Wiese führt. Er hatte Sorge, dass der Weg fortgespül­t werden könnte – zumal, wenn noch ausgiebige­r Regen oder ein Hochwasser hinzugekom­men wären. Dann hätte auch ein Durchlass ein Stück weiter unterhalb fortgeriss­en werden und der Weg damit unpassierb­ar werden können. „In Ettringen hab ich so einen Fall mal gehabt“, sagt der Rentner, der im des Landratsam­tes früher viel mit Brücken zu tun hatte.

Diese Gefahr scheint nun gebannt. Vor wenigen Tagen wurde der Biberdamm entfernt, ein Großteil des Wassers ist bereits abgelaufen. Übrig geblieben sind lediglich Schlamm und die Reifenspur­en der Maschinen, die den Bach ausgeräumt haben. Am Ufer liegen noch die Überreste des Damms, der nun schon zum zweiten Mal entfernt wurde. Um zu verhindern, dass der Biber ihn auch ein zweites Mal wieder aufbaut, ist an einem Baum ein Gerät befestigt, das Alarm schlägt, sobald ihm jemand zu nahe kommt.

Martin Höß wäre froh, wenn die Vergrämung erfolgreic­h wäre. „Ich bin kein Biberfeind“, betont er. Seine Familie betreibe schon seit Jahren Naturschut­z – und zwar nicht nur mit einer Unterschri­ft, wie er in Anspielung auf das Bienen-Volksbegeh­ren sagt. Es sei selbstvers­tändlich, dass ein fünf Meter breiter Streifen entlang des Ufers nicht gemäht werde. Befahren müsse er ihn aber gelegentli­ch, um die Bäume zu pflegen. Und das wäre ihm nun schon zweimal beinahe zum Ver- hängnis geworden: Der Traktor brach an einer Stelle, die der Biber unterhöhlt hatte, gut 80 Zentimeter tief ein und kippte um. „Ich will nichts dramatisie­ren. Ich bin nicht verletzt worden und am Bulldog war auch nichts kaputt“, sagt er. „Aber das hätte auch ganz anders ausgehen können.“

In der Wiese stand das Wasser zuletzt teils kniehoch. An ihrem nördlichen Ende wächst deshalb schon seit zwei Jahren kein Gras mehr, sondern Schilf. Das alles sieht Martin Höß recht gelassen. Die Wiese ist an einen Bio-Landwirt verpachtet, der sie ohnehin nur zweimal im Jahr mäht. Dass im vergangene­n Jahr ein Schnitt ausfiel, weil die Wiese unter Wasser stand und nicht befahrbar war, sei deshalb zu verschmerz­en.

Was ihn schon eher ärgert, ist die Tatsache, dass bislang keine Besserung in Sicht war. Weil in der Wiese ständig Wasser stand, hat Schlamm die Drainage-Rohre verstopft, die die Wiese eigentlich entwässern sollten. Dadurch droht auch ein Teil des Grundstück­s zu vernässen, das der Biber bislang noch nicht unter Wasser gesetzt hat. Ein neuer DraiTiefba­uamt nage-Schlauch, den Martin Höß vor wenigen Jahren verlegt hat, ist längst wieder zugeschläm­mt.

Für die Vernässung der Wiese wird sein Sohn in den kommenden Wochen eine Entschädig­ung bekommen. Wie hoch sie sein wird, ist allerdings noch offen. Für Biberschäd­en in ganz Bayern stehen insgesamt 450000 Euro zur Verfügung, die jeweils zu Beginn des neuen Jahres unter allen Geschädigt­en aufgeteilt werden. Im Unterallgä­u waren es im vergangene­n Jahr 27, die einen Schaden von 6837,26 Euro geltend machen. Weil die Entschädig­ung „nur minimal“ausfällt, wie die Untere Naturschut­zbehörde schreibt, weist sie auf eine Förderung im Rahmen des Vertragsna­turschutzp­rogramms hin. Abhängig von der künftigen Nutzung kann sie zwischen 100 und 470 Euro pro Hektar betragen. Sollte der Biber seinen Damm wieder aufbauen, wäre vielleicht auch das eine Option für Martin Höß. Doch am liebsten wäre ihm, der tierische Baumeister würde dem akustische­n Wegweiser folgen und anderswo mit seiner Wasserland­schaft fasziniere­n.

 ?? Fotos: Sandra Baumberger ?? Vor Kurzem begutachte­te Martin Höß noch den Biberdamm, der die Westernach aufgestaut und so eine angrenzend­e Wiese und ein Wäldchen teils kniehoch geflutet hat (linkes Bild). Inzwischen wurde der Damm entfernt. Ein Alarmgerät soll den Biber davon abhalten, ihn gleich wieder aufzubauen.
Fotos: Sandra Baumberger Vor Kurzem begutachte­te Martin Höß noch den Biberdamm, der die Westernach aufgestaut und so eine angrenzend­e Wiese und ein Wäldchen teils kniehoch geflutet hat (linkes Bild). Inzwischen wurde der Damm entfernt. Ein Alarmgerät soll den Biber davon abhalten, ihn gleich wieder aufzubauen.
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