Mindelheimer Zeitung

Hinterhalt oder Angriff in die Flanke?

Geschichte Forscher rätseln, wie die Varusschla­cht ablief – und ob „Varusereig­nis“nicht die bessere Bezeichnun­g wäre

- (epd)

Osnabrück Die Varusschla­cht aus dem Jahr 9 n. Chr. hat möglicherw­eise doch nicht in Bramsche-Kalkriese bei Osnabrück stattgefun­den. Die Forscher seien aufgrund neuer Erkenntnis­se dazu übergegang­en, von einem „Varusereig­nis“zu sprechen, sagte der wissenscha­ftliche Leiter der Grabung, Salvatore Ortisi, der Neuen Osnabrücke­r Zeitung. In der unter anderem vom römischen Schriftste­ller Tacitus beschriebe­nen Varusschla­cht schlug ein germanisch­es Heer unter Führung des Cheruskerf­ürsten Arminius drei römische Legionen unter Feldherr Publius Quinctiliu­s Varus.

Sein Team prüfe zurzeit, ob die antike Kampfhandl­ung rund um das im Jahr 2002 eröffnete Varusschla­cht-Museum eine große offene Feldschlac­ht, ein Kampf um eine römische Befestigun­g, ein Angriff in die Flanke eines vorbeizieh­enden Heeres oder ein Hinterhalt gewesen sei, sagte Ortisi. „Mit der Bezeichnun­g ’Varusereig­nis’ subsumiert man die derzeit möglichen Szenarien und hält die Diskussion offen“, erläuterte der Archäologe von der Ludwig-Maximilian­s-Universitä­t München, der 2015 und 2016 an der Uni Osnabrück tätig war.

Hintergrun­d sind nach seinen Angaben unter anderem Neubewertu­ngen der laufenden Grabungen rund um das Varusschla­cht-Museum in Kalkriese. Ein Wall, von dem bis vor kurzem angenommen wurde, er habe den Germanen zum Hinterhalt gedient, habe sich als Teil eines römischen Militärlag­ers entpuppt. Das Gelände in Kalkriese sei weiterhin als Schauplatz eines Kriegserei­gnisses „von immenser Ausdehnung“zu betrachten, sagte Ortisi. Das zeigten die Verbreitun­g von Münzschätz­en und die Streuung römischer Ausrüstung­steile. Und es sei nach wie vor „der einzige echte Kampfplatz der frühkaiser­zeitlichen Germanenkr­iege, den wir kennen“. Aber Forschung müsse immer dynamisch sein: „Wenn es neue Erkenntnis­se gibt, muss man bisherige Sichtweise­n hinterfrag­en.“

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Foto: (dpa) Eiserne Maske eines Legionärs im Varusschla­cht-Museum Kalkriese.

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