Mindelheimer Zeitung

Ein wilder Ritt mit Jonathan Lethem

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Wieder eines dieser unnachahml­ich amerikanis­chen Leseabente­uer. Ein Roman, bildstark wie ein Drehbuch. Typen-Literatur zwischen Boyle, Russo und Thomas Pynchon – nüchterner als der erste, räudiger als der zweite, bodenständ­iger als der dritte. Es ist, wie der Titel schon sagt, eine Detektivge­schichte, nicht die erste des New Yorkers Jonathan Lethem, der seinen Durchbruch allerdings vor 15 Jahren mit dem Brooklyn- und Bildungsro­man „Die Festung der Einsamkeit“hatte.

Jetzt „Der wilde Detektiv“also. Es geht auf die Suche nach einer verscholle­nen 18-Jährigen tief in den US-Westen, die Mojave-Wüste, in deren Weiten sich zu seltsamen Sekten mutierte Hippie-Gemeinscha­ften verbergen. Phoebe Siegler ist mit der Wahl Trumps endgültig aus ihrem Leben in New York gefallen – wird sie ausgerechn­et hier, in der Hinterwelt, nicht nur die Tochter ihrer Freundin finden, sondern auch sich selbst – und die Liebe? Dauert jedenfalls nicht lange, bis sie mit dem auf Fälle des Verschwind­ens spezialisi­erten Charles Heist in der Kiste landet… Klingt wie gepuzzelt aus schon vielfach Dagewesene­m? In der Tat. Macht aber schon Spaß. Und bietet in der Wüstenwelt zudem einen spannenden Spiegel zum Trumpismus. Wolfgang Schütz Hanya Yanagihara: Das Volk der Bäume A. d. Engl. von Stephan Kleiner Hanser Berlin, 480 Seiten, 25 Euro

DJonathan Lethem: Der wilde Detektiv

A. d. Engl. von Ulrich Blumenbach, Tropen,

335 Seiten,

22 Euro iese Geschichte fand so ähnlich schon einmal den Weg in die Schlagzeil­en. Der Mann, um den es damals, Mitte der 90er Jahre, ging, war der Virenforsc­her Daniel Carleton Gajdusek. Der weltberühm­te Wissenscha­ftler hatte auf PapuaNeugu­inea die geheimnisv­olle Krankheit „Der Lachende Tod“erforscht, an der Frauen und Kinder dort innerhalb von wenigen Monaten starben. 1976 erhielt er den Nobelpreis. Zwanzig Jahre später fand er sich vor Gericht wieder: Ihm wurde vorgeworfe­n, sich an mehreren seiner Adoptivkin­der aus Neuguinea und Mikronesie­n vergangen zu haben. Wegen sexuellen Missbrauch­s wurde er zu einem Jahr Haft verurteilt. Nach der Entlassung mit 75 Jahren verließ er Amerika Richtung Europa.

Dass die Geschichte nun wieder an die mediale Oberfläche trudelt, liegt an diesem Roman: „Das Volk der Bäume“von Hanya Yanagihara.

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