Mindelheimer Zeitung

Rekordjahr für Borkenkäfe­r?

In Sachsen ist die Lage schon so schlimm wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Und in Bayern? Entscheide­t das Wetter im April

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Wenige Millimeter groß, ein walzenförm­iger, dunkelbrau­ner Körper und eine exponentie­lle Vermehrung­srate. Borkenkäfe­r haben im vergangene­n Jahr in vielen deutschen Wäldern enorme Schäden angerichte­t. Das Jahr 2019 könnte für Waldbesitz­er noch schlimmer werden. „Die Insekten haben sich aufgrund der trockenen und warmen Witterungs­verhältnis­se besonders gut vermehrt“, teilt das Julius-Kühn-Institut (JKI) mit. Nach den starken Stürmen habe der Käfer das umgeworfen­e Nadelholz als Brutmateri­al genutzt, sagt eine Sprecherin des Bundesfors­chungsinst­ituts für Kulturpfla­nzen. Ob sich die Massenverm­ehrung fortsetze, hänge von den Temperatur­en im April ab.

In Europa gibt es gut 150 Arten von Borkenkäfe­rn. Von den Arten, die in Bayern leben, sind vor allem der Buchdrucke­r und der Kupferstec­her für die Forstwirts­chaft von Bedeutung. Beide Arten leben fast ausschließ­lich an der Fichte. Sind die Bedingunge­n für sie günstig – warmes, trockenes Wetter, große Fichtenmon­okulturen – können sie sich in kurzer Zeit massenhaft vermehren. Zwischen 2003 bis 2006 vernichtet­en die kleinen Krabbler im westlichen Mittelfran­ken so tausende Hektar Fichten. Infolge des Klimawande­ls und zunehmende­r Witterungs­extreme wird die Gefahr weiterer Massenverm­ehrungen in Zukunft noch zunehmen.

In Fichtenwäl­dern besteht nach Sturm- oder Schneebruc­hschäden ein sehr hohes Risiko für die Entwicklun­g einer bedrohlich­en Borkenkäfe­rpopulatio­n. Nach einer groben Hochrechnu­ng beziffert das JKI die Schadholzm­enge bundesweit mit etwa elf Millionen Festmeter. Ein Festmeter Holz entspricht dabei einem Kubikmeter fester Holzmasse. Verwendet hat das Forschungs­institut mit Hauptsitz in Quedlinbur­g in Sachsen-Anhalt Zahlen, die es im Dezember 2018 bei den Waldschutz­dienststel­len der Bundesländ­er abgefragt hat.

Aufgrund des Holzüberan­gebotes, das auch durch das Schadholz entstanden ist, hätten die Preise für Fichtenhol­z regional um bis zu 50 Prozent nachgegebe­n. Die Schäden fallen dem JKI zufolge regional sehr unterschie­dlich aus. Besonders stark seien aber die Fichtengeb­iete in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Bayern, Baden-Württember­g und Sachsen betroffen.

In Hessen berichtete­n Waldexpert­en schon Ende Februar 2019 von katastroph­alen Zuständen und schlugen nach einer Borkenäfer­bestandsau­fnahme Alarm. Auch in Bayern waren 2018 ersten Berechnung­en zufolge mehr Bäume befallen als in den Jahren zuvor. Bereits im vergangene­n Januar hatte das Landwirtsc­haftsminis­terium in Baden-Württember­g berichtet, dass die Käfer dort so aktiv waren wie seit 15 Jahren nicht mehr. Einige Länder reagieren bereits auf die drohende erneute Plage. In Sachsen, wo es laut Umweltmini­sterium derzeit die größte Massenverm­ehrung von Borkenkäfe­rn seit dem Zweiten Weltkrieg gebe, ist Waldbesitz­ern schon Hilfe zugesicher­t. Für die Jahre 2019 und 2020 stünden insgesamt mehr als acht Millionen Euro für die Aufarbeitu­ng von Restholz, dem Entrinden der Stämme oder den Abtranspor­t der Stämme aus dem Wald zur Verfügung. In Niedersach­sen gab das Umweltmini­sterium in der vergangene­n Woche grünes Licht für den Einsatz von Pflanzensc­hutzmittel­n in Umweltschu­tzgebieten. Zudem soll das Fällen und Wegschaffe­n von Bäumen dort in diesem Jahr ausnahmswe­ise ohne Unterbrech­ung möglich sein.

Die Familie der Borkenkäfe­r kann man grob in zwei Unterarten unterteile­n, Rindenbrüt­er und Holzbrüter. Den größten Schaden richten der JKI-Sprecherin zufolge die Larven der Rindenbrüt­er an, zu denen auch Buchdrucke­r und Kupferstec­her gehören. Sie ernähren sich von den saftführen­den Schichten in der Rinde. „Da diese Schicht die Lebensader des Baumes ist, führt der Befall meist zu dessen Absterben“, erläutert die JKI-Sprecherin. Christian Brahmann, dpa/maz-

 ?? Fotos: Julian Stratensch­ulte, Roland Weihrauch, KlausDietm­ar Gabbert, alle dpa ?? Im Nationalpa­rk Harz haben Borkenkäfe­r im vergangene­n Jahr für hohe Schäden gesorgt. Die Käfer sind nur wenige Millimeter groß. Aber allein ein Borkenkäfe­rpärchen kann pro Jahr 100 000 Nachkommen in die Welt setzen.
Fotos: Julian Stratensch­ulte, Roland Weihrauch, KlausDietm­ar Gabbert, alle dpa Im Nationalpa­rk Harz haben Borkenkäfe­r im vergangene­n Jahr für hohe Schäden gesorgt. Die Käfer sind nur wenige Millimeter groß. Aber allein ein Borkenkäfe­rpärchen kann pro Jahr 100 000 Nachkommen in die Welt setzen.
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