Von wegen Erbsenzähler
Berufswahl Zahlenverliebte Einzelkämpfer? Das war vielleicht mal. Steuerfachangestellte tauchen in ihrer Ausbildung tief ins Steuerrecht ein. Im Zeitalter von intelligenter Software werden aber soziale Kompetenzen immer wichtiger
Hannover Virginia Bach ist noch immer von ihrem Beruf begeistert – auch im dritten Ausbildungsjahr. Einem Job, den sich mancher vielleicht als recht trocken vorstellt: Die 23-Jährige wird Steuerfachangestellte. „Das ist ein vielfältiger, spannender Beruf, in dem man tiefe Einblicke in interessante Gebiete bekommt“, sagt sie. Bach lernt in einer mittelgroßen Kanzlei in Hannover, in der die Digitalisierung bereits eingezogen ist – das allerdings ist längst nicht bei allen Steuerberatern der Fall.
„Das Berufsbild ändert sich“, sagt Holger Bodmann, Steuerberater und einer der geschäftsführenden Partner bei HSP Steuer. „Die Qualifikation der Auszubildenden wird durch die Digitalisierung beeinflusst. Die zahlenverliebten Einzeltäter, die still vor sich hingearbeitet haben, werden immer weniger.“Denn mehr und mehr Arbeiten können vom Computer und intelligenter Software übernommen werden. „Der Beruf des Buchhalters ist tatsächlich vom Aussterben bedroht, die Technologie ist vorhanden, um die Buchungsvorgänge zu automatisieren.“Immer bedeutender werde in Zukunft, die Geschäftsfelder der Mandanten zu verstehen – sowohl für den Steuerfachangestellten als auch für den Steuerberater selbst. „Daher sind soziale Kompetenzen für unsere Mitarbeiter sehr wichtig“, sagt Bodmann, der Aufsichtsratsmitglied bei Valtaxa ist, dem Verband der Angestellten in steuerberatenden Berufen.
Büroorganisation, Gespräche mit den Mandanten – auch das gehört zu den Aufgaben der Fachangestellten. Dazu kommt die Erstellung von Finanzbuchführungen sowie Lohnund Gehaltsabrechnungen, Jahresabschlüssen, die Bearbeitung von Steuererklärungen und das Prüfen von Steuerbescheiden. „Englische Sprachkenntnisse sind nicht schlecht, wenn man mit Mandanten aus dem Ausland zu tun hat“, sagt Virginia Bach.
In Bodmanns Kanzlei werden die Auszubildenden sehr genau ausgewählt. „Normalerweise nehmen wir nur gute Abiturienten, denn Steuerrecht und Rechnungswesen sind komplexe Gebiete“, sagt er. Bach hat es mit einem erweiterten Realschulabschluss in ihre Ausbildung geschafft und hält die Inhalte für machbar. „Bei der Steuerlehre hat ohnehin niemand Vorkenntnisse, da muss man sich reinarbeiten und lernen“, sagt sie. In Wirtschaftslehre und den mathematischen Fächern werde berufsbezogen zunächst wiederholt, was in der Schule schon durchgenommen wurde.
„Aus den Kanzleien sind die Steuerfachangestellten jedenfalls nicht wegzudenken“, sagt Thomas Hund, Geschäftsführer und Leiter Berufsrechtsabteilung der Bundeses steuerberaterkammer in Berlin. Denn sie arbeiten den Steuerberatern zu, leiten die ersten Schritte der Beratung ein – und je fortgeschrittener sie sind und je mehr Erfahrung sie haben, umso wertvoller werden sie. Alternativ zum klassischen dreijährigen Ausbildungsweg gibt es ein sogenanntes triales Modell, bei dem ein berufsbegleitendes Abendstudium zur Ausbildung gehört, das mit einem Bachelor endet.
Nach der Prüfung stehen den Steuerfachangestellten viele Wege offen. Sie können in einer Kanzlei bleiben oder in die Industrie wechseln. Dort arbeiten sie dann typischerweise in der Buchhaltung oder im Controlling. In Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Banken und Konzernen werden ihre Profile ebenfalls gesucht. Zudem sind verschiedene Spezialisierungen möglich: zum Bilanzbuchhalter, zum Fachassistent für Lohn und Gehalt oder zum Steuerfachwirt. „Auch zum Buchhaltroniker kann man sich weiterbilden, der ist auf die Anforderungen der Digitalisierung vorbereitet“, erklärt Bodmann.
Natürlich können die Fachleute ebenso den Weg an die Universitäten gehen und Jura oder Betriebswirtschaftslehre studieren. „Doch man muss keinen Hochschulabschluss haben, um selbst Steuerberater zu werden“, sagt Hund.
Das Gehalt für ausgelernte Fachleute ist sehr unterschiedlich und hängt vom Verhandlungsgeschick, der Größe der Kanzlei und dem Standort ab. Nach Auskunft von Hund sind es durchschnittlich zwischen 2000 und 3300 Euro brutto im Monat.