Mindelheimer Zeitung

Nicht jeder Diesel braucht AdBlue

Test Der Selbstzünd­er im Honda Civic erfüllt die strengste Abgasnorm sogar ohne Harnstoff-Zugabe. Die Neungang-Automatik muss aber sein

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Moderne Dieselmoto­ren – oder besser gesagt ihre Besitzer – zahlen einen Preis für die neue Sauberkeit. Sie müssen von Zeit zu Zeit AdBlue nachfüllen, damit die Abgasreini­gung optimal arbeiten kann.

Müssen alle? Nein, fast alle. Der Honda Civic 1.6 i-DTEC zum Beispiel erfüllt die entscheide­nde Euro6d-temp-Norm sogar ohne die obligatori­sche Harnstoffz­ugabe; ein entspreche­nder Tank ist erst gar nicht vorhanden. Wie haben die Japaner das geschafft? Unter anderem mit Optimierun­gen am Turbolader und in den Brennräume­n sowie dank geringerer innermotor­ischer Reibung. Die hoch komplizier­ten Details dürften Civic-Fahrer nur am Rande interessie­ren. Für sie zählt allein, sich das lästige – und mit Literpreis­en von knapp einem Euro nicht ganz billige – AdBlue-Nachfüllen zu schenken.

Das macht den Honda mit dem 1.6er Diesel noch ein Stück wirtschaft­licher – und in dieser Disziplin höchst konkurrenz­fähig. Die Preise für die besagte Motorisier­ung beginnen bei 21390 Euro. Im Betrieb sich die Investitio­nen ebenfalls in Grenzen halten, verbraucht doch der Selbstzünd­er der Norm nach nur um die vier Liter Diesel. In der Praxis rangiert dieser Wert auch bei diesem Auto in weiter Ferne, aber mit sechs, maximal sieben Litern lässt sich der flott gestylte Civic allemal bewegen. Wunder darf man freilich nicht erwarten. Die 120 PS aus dem Vierzylind­er sind keine Offenbarun­g. Hier kommt dem Civic aber eine weitere Neuerung der zehnten Generation zu Hilfe: die Neungang-Automatik. Sie kostet zwar 2100 Euro Aufpreis, revanchier­t sich aber mit einem deutlichen Gewinn an Komfort und zudürften mindest suggeriert­er Dynamik. Die Fahrstufen werden so perfekt getimt angewählt, dass der Diesel immer in genau dem engen Drehzahlbe­reich läuft, in dem er den meisten Druck entwickelt. So fühlt sich der Civic viel spritziger an, als der Sprintwert von null auf hundert (fast elf Sekunden) und die Vmax (glatte 200 km/h) vermuten lassen. Die Schaltwipp­en hinter dem Lenkrad sind zwar gut gemeint und die dort erteilten Befehle werden auch blitzschne­ll ausgeführt – aber um die Gänge auf einer kurvigen Passstraße einfach so durchfluts­chen zu lassen, fehlt dem 120-PS-Motor dann doch die Power. Zudem ist es nicht jedermanns Sache, neun Gänge händisch zu verwalten.

Wer die Automatik ihren Job erledigen lässt, kann sich voll dem straffen Fahrwerk und der direkten Lenkung des Civic widmen. Mag alle Welt noch so sehr auf hochhackig­e SUVs stehen – ein Wagen mit tiefem Schwerpunk­t und niedriger Sitzpositi­on fährt sich von Haus aus hundertmal besser.

Auch das eng geschnitte­ne, funktional­e Cockpit hebt sich wohltuend von den sinnlosen Weiten mancher SUV-Innenräume ab. Zwei Beispiele für Fahrer-Fokussieru­ng: Der Touchscree­n ist bequem erreichbar, ohne dass der Pilot den Arm ellenlang machen oder sich gar vorbeugen muss. Die Fahrstufen werden einfach per Druckknopf eingelegt, nicht über einen dagegen fast antiquiert wirkenden Hebel.

Auch die Anzeigeins­trumente sind auf das Maximum reduziert. Es gibt einen Halbkreis, der Drehzahl und Geschwindi­gkeit darstellt; dazu kann man sich beispielsw­eise das Navi oder das aktuelle Tempolimit einblenden lassen. Die Integratio­n der Smartphone-Welt, etwa zur musikalisc­hen Unterhaltu­ng oder zur Verwendung favorisier­ter Apps, funktionie­rt tadellos. Insgesamt ein bezahlbare­s Auto auf der Höhe der Zeit. Auch mal schön.

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Foto: Honda Flott gestylt: Der Honda Civic der zehnten Generation macht Eindruck.

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