Mindelheimer Zeitung

Der Streit mit den USA wird immer schärfer

Verteidigu­ng Nicht nur Trump kritisiert, dass Deutschlan­d bei den Militäraus­gaben spart

- VON KARL DOEMENS UND BERNHARD JUNGINGER

Washington/Berlin In Berlin versucht man es mit betonter Gelassenhe­it. „Wir können nicht alles finanziere­n, was man sich wünscht, aber ziemlich viel“, sagt Finanzmini­ster Olaf Scholz bei der Vorstellun­g seiner Haushaltsp­läne. Dabei hat der SPD-Politiker gerade ein Papier vorgelegt, das politische Sprengkraf­t für die deutsch-amerikanis­chen Beziehunge­n hat. Der Grund: Zwar steigen die Ausgaben für Verteidigu­ng, doch mittelfris­tig sollen sie wieder sinken.

Der Haushaltsb­eschluss des Berliner Kabinetts, demzufolge die deutschen Verteidigu­ngsgelder im kommenden Jahr zwar leicht auf 1,37 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s steigen, dann aber bis 2023 auf 1,25 Prozent fallen sollen, sorgt in den USA für heftige Verärgerun­g. Wenn Außenminis­ter Heiko Maas Anfang April zum Treffen mit seinen Nato-Kollegen nach Washington reist, muss er sich auf einen frostigen Empfang einstellen. Eigentlich will das Verteidigu­ngsbündnis seinen 70. Geburtstag feiern, doch die Stimmung ist im Keller.

„Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde“, twitterte Donald Trump Jr. Der älteste Sohn des Präsidente­n fungiert zunehmend als dessen inoffiziel­ler Verstärker in den Online-Medien. „Die Deutschen geben vor, dass sie ihren vereinbart­en Anteil zahlen, damit wir sie vor den Russen beschützen, denen sie Milliarden für Gas-Deals bezahlen. Dann brechen sie ihr Wort, während wir sie immer noch beschützen. Ich hab’s verstanden, das macht Sinn“, kommentier­te Trump Jr. sarkastisc­h.

Der Einwurf des Trump-Sohns verstärkt die Kritik des US-Botschafte­rs in Berlin, Richard Grenell, und lässt ahnen, wie der US-Präsident in den nächsten Wochen argumentie­ren wird. Wegen seines Handelsübe­rschusses, des PipelinePr­ojekts Nord Stream 2 und der niedrigen Verteidigu­ngsausgabe­n ist Deutschlan­d inzwischen zu dessen beliebtest­en Hassobjekt geworden. Die aktuelle Haushaltsp­lanung in Berlin wirkt da wie ein Brandbesch­leuniger. „Der Zeitpunkt könnte nicht schlechter sein“, schreibt die New York Times: „Deutschlan­d riskiert, Washington noch weiter zu provoziere­n.“

Der Ärger ist keineswegs auf das Weiße Haus beschränkt. „Das ist enttäusche­nd, um es vorsichtig zu sagen“, kommentier­t Harvard-Professor Nicholas Burns, der als hochrangig­er Karrieredi­plomat den Präsidente­n Bill Clinton und George Bush diente, den Verteidigu­ngsetat: „Trump hat recht, so wie Obama und Bush, dass Deutschlan­d nicht annähernd genug zahlt.“Julianne Smith, die Sicherheit­sberaterin des ehemaligen demokratis­chen Vizepräsid­enten Joe Biden, nennt es bei Twitter „unverständ­lich“, dass „ein Land, das dauernd über Multilater­alismus redet, nicht Himmel und Hölle in Bewegung setzt, um das Verspreche­n einzuhalte­n.“In Berlin will man die Aufregung jenseits des Atlantiks nicht verstehen. „Der Budgetentw­urf von Bundesfina­nzminister Scholz und der Kanzlerin spiegelt einerseits den Inhalt des Koalitions­vertrags wider und legt die Grundlagen, um Ausstattun­g und Ausrüstung der Bundeswehr solide zu finanziere­n und unseren Bündnisver­pflichtung­en gerecht zu werden“, sagt Karl-Heinz Brunner, SPD-Verteidigu­ngsexperte. „Einem Blankosche­ck, ohne zu wissen, für was Geld ausgegeben wird, wird aber gleichzeit­ig eine Absage erteilt.“

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„Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde.“

Donald Trump Jr. über Deutschlan­d

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