Mindelheimer Zeitung

Weitere Polizeibea­mte im Visier

Kriminalit­ät In München wird wegen eventuell strafbarer Inhalte in einem Chat ermittelt. Nun wurde bekannt, dass es einen weiteren Fall in Oberbayern gibt. Es sind nicht die einzigen Skandale

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München In München wird derzeit gegen mehrere Polizeibea­mte wegen möglicherw­eise antisemiti­scher Inhalte in einem internen Chat ermittelt. Nun macht Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) einen weiteren, ähnlichen Fall aus Oberbayern bekannt. Es gebe Ermittlung­en gegen weitere Polizeibea­mte, sagte er am Mittwoch.

Der Auslöser liegt schon gut ein Jahr zurück: Zwei Beamte des Polizeiprä­sidiums Oberbayern Süd verschickt­en im Februar 2018 von ihren privaten Smartphone­s eine Whatsapp-Nachricht „mit gegen Muslime gerichtete­n, volksverhe­tzenden Inhalten“, wie Herrmann im Innenaussc­huss des Landtags berichtete. Ein weiterer Beamter informiert­e darüber seine Dienststel­le, die daraufhin sofort strafrecht­liche Ermittlung­en einleitete. Gegen einen Beamten wurde das Verfahren nach Worten Herrmanns gegen Zahlung einer Geldauflag­e eingestell­t. Das Disziplina­rverfahren sei gegen Zahlung einer Geldbuße abgeschlos­sen worden.

Ermittelt wird aber nun gegen einen weiteren Beamten, der damals die Untersuchu­ngen führte. Dieser hatte angegeben, der zweite Beamte, der die Chat-Nachricht verbreitet hatte, habe nicht mehr ermittelt werden können. Diese Behauptung habe sich aber als falsch herausgest­ellt, berichtete Herrmann. Der damals ermittelnd­e Polizist muss sich nun wegen Strafverei­telung im Amt verantwort­en und ist vom Dienst suspendier­t. An diesem Montag hatte es Durchsuchu­ngen bei ihm gegeben. Auch gegen den zweiten Versender der Chat-Nachricht werde strafrecht­lich ermittelt und auch dieser sei von seinen dienstlich­en Aufgaben entbunden worden, sagte Herrmann.

„Ich akzeptiere es nicht, dass Polizeibes­chäftigte volksverhe­tzende Inhalte oder diskrimini­erende Äußerungen in sozialen Netzwerken verbreiten“, erklärte Polizeiprä­sident Robert Kopp. Derartiges Verhalten müsse konsequent und rückhaltlo­s aufgeklärt werden.

Am Freitag war bekannt geworden, dass die Münchner Staatsanwa­ltschaft gegen mehrere Polizeibea­mte wegen eventuell strafbarer Inhalte in einer internen Chat-Gruppe ermittelt. Unter anderem geht es dort um zwei möglicherw­eise antisemiti­sche Videos. Außerdem wurde ein Foto von einer Hakenkreuz­Schmierere­i gefunden. Entdeckt wurde all dies im Rahmen anderer Ermittlung­en auf dem privaten Handy eines Polizisten. Herrmann stellte nun klar, dass in der betreffend­en Chat-Gruppe keine Füh- rungskräft­e waren. „Vorgesetzt­e Beamte waren an der Kommunikat­ion nicht beteiligt“, betonte er. Der Minister erklärte zudem, zwischen den Vorfällen in München und Oberbayern gebe es keinen Zusammenha­ng.

Nicht nur diese beiden Fälle, in denen es um Chats mit möglicherw­eise strafbaren Inhalten geht, beschäftig­en derzeit die Polizei – es gibt auch, wie berichtet, große Aufregung um einen Missbrauch­sfall. Ein Polizist aus dem Münchner Um- land sitzt wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauch­s von Kindern, Jugendlich­en und Schutzbefo­hlenen in Untersuchu­ngshaft. Ins Rollen gekommen waren die Ermittlung­en im Februar durch eine Anzeige, die einen Fall vor wahrschein­lich mehr als 15 Jahren betraf. Fast zeitgleich habe sich laut Landeskrmi­nalamt ein Vater an die Polizei gewandt: Sein Sohn habe während eines Schülerpra­ktikums bei der Polizei einen Beamten kennengele­rnt, der dem Sohn nach dem Praktikum pornografi­sche Fotos und Filme geschickt haben soll. Der Beamte war dem Vernehmen nach über Jahrzehnte im Polizeidie­nst tätig. Im Zuge der aktuellen Ermittlung­en sind weitere jugendlich­e Opfer bekanntgew­orden, wie es hieß. Es sei nicht auszuschli­eßen, dass sich die Zahl der Opfer noch erhöhen werde. Der Mann war am vergangene­n Donnerstag festgenomm­en worden, seine Wohnung wurde durchsucht. Auf Antrag der Staatsanwa­ltschaft München II erging am Freitag Haftbefehl. Das Polizeiprä­sidium Oberbayern Nord suspendier­te den Mann vom Dienst.

Der Sprecher der Deutschen Polizeigew­erkschaft in Bayern, Rainer Nachtigall, warnte davor, die derzeitige­n Fälle alle in einen Topf zu werfen. In dem zuletzt bekanntgew­ordenen Missbrauch­sfall gebe es offenbar genügend Indizien, dass ein Richter eine Untersuchu­ngshaft angeordnet hat, sagte er. Der Antisemiti­smusverdac­ht bei der Münchner Polizei werde hingegen noch geprüft.

Zudem wies er strukturel­le Probleme bei der Polizei zurück. „Das sind Einzelfäll­e und Einzelpers­onen, die die Polizei in Gänze in die Kritik bringen“, sagte Nachtigall. Die Polizei sei bemüht, die richtigen Leute für den Job zu finden. „Aber unter dem Strich stecken in der Uniform auch Menschen mit all ihren Fehlern.“

Ein Polizist sitzt in Untersuchu­ngshaft

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