Mindelheimer Zeitung

„Bund kann und darf sich nicht freikaufen“

Finanzen Augsburgs Oberbürger­meister zu einer zentralen Frage der Flüchtling­spolitik

- Interview: Michael Hörmann

Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) will die Bundeszusc­hüsse für die Flüchtling­sfinanzier­ung kürzen. Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder hat die Pläne bereits kritisiert. Wie kommt diese Botschaft bei Ihnen, dem Augsburger CSU-Oberbürger­meister, an?

Kurt Gribl: Herr Scholz wagt hier einen gegenüber den Kommunen unfairen und gesellscha­ftspolitis­ch nicht ungefährli­chen Vorstoß. Flüchtling­spolitik ist in erster Linie Sache des Bundes. Die Folgen, Aufgaben und Auswirkung­en müssen die Kommunen tragen, auch und vor allem die Integratio­nsarbeit. Dies ist eine Daueraufga­be über viele Jahre hinweg, die nicht mit Sprach- und Integratio­nskursen erledigt ist. Deswegen kann und darf sich der Bund nicht durch Einmalund Pauschalza­hlungen oder eine zeitlich auf einige Jahre befristete Investitio­nsförderun­g freikaufen. Misslingen­de Integratio­n oder Kürzungen von Mitteln in anderen Fürsorgebe­reichen der Kommunen würden unweigerli­ch zu gesell- schaftlich­en und politische­n Spannungen führen.

Sagen Sie dies auch in Ihrer Position als bayerische­r Städtetags­präsident? Gribl: Ich habe diese Position schon bei den Koalitions­verhandlun­gen in Berlin vertreten. Die Migrations­politik wird maßgeblich vom Bund gestaltet. Die sich daraus ergebenden Lasten dürfen nicht auf die Schultern der Kommunen gelegt werden. Diese Grundhaltu­ng besteht auch beim Bayerische­n und beim Deutschen Städtetag. Die Kommunen müssen aufwandsbe­zogen von Belastunge­n freigestel­lt werden.

Welche Bedeutung haben die Mittel aus Berlin für die Flüchtling­sbetreuung zum Beispiel in Augsburg?

Gribl: Mit den Mitteln aus Berlin werden zum Beispiel Kosten der Unterkunft bestritten. Ich will mir gar nicht vorstellen, welche gesellscha­ftspolitis­chen Folgen es hätte, wenn die ohnehin um eine ausreichen­de Wohnraumve­rsorgung für alle Gesellscha­ftsschicht­en kämpfenden Kommunen gleichzeit­ig auch noch Kosten der Unterkunft für Flüchtling­e tragen müssen. Darüber hinaus fließt Geld aus Berlin über die Länder, teilweise unmittelba­r, natürlich in die gesamte differenzi­erte Integratio­nsarbeit – von Sprach- und Kulturkurs­en bis hin zur Unterstütz­ung von Helferkrei­sen. Auch davon darf sich der Bund nicht einfach freikaufen.

OB Kurt Gribl kritisiert den Vorstoß von Olaf Scholz.

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Foto: Puchner, dpa

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