Mindelheimer Zeitung

„Es geht ums nackte Überleben“

Naturkatas­trophe Infolge eines Wirbelstur­ms sind Teile von Malawi, Mosambik und Simbabwe überschwem­mt worden. Hunderte Menschen kamen ums Leben. Was Katharina Mayer von der Kaufbeurer Hilfsorgan­isation Humedica vor Ort beobachtet, ist erschütter­nd

- VON JULIAN AGARDI

Blantyre/Augsburg Nach dem Durchzug des Zyklons Idai zeigen sich Vertreter internatio­naler Hilfsorgan­isationen erschütter­t über die Lage in Teilen Afrikas. „Hier geht es ums nackte Überleben“, sagte Katharina Mayer von der Kaufbeurer Hilfsorgan­isation Humedica am Mittwoch im Gespräch mit unserer Redaktion. Seit Montag ist sie mit einem kleinen Einsatztea­m im Katastroph­engebiet in Malawi. Viele Menschen seien obdachlos und in dem Chaos von ihren Familienan­gehörigen getrennt worden, sagte sie.

Derzeit fehlt es, so Mayer, praktisch an allem. „Viele Dörfer sind komplett zerstört. Es fehlt an Unterkünft­en und Kleidung, aber auch an Nahrung und Medikament­en.“Durch die gewaltigen Fluten sei auch die Ernte der Einheimisc­hen vollständi­g vernichtet worden. Und die starken Regenfälle halten an. „Die Straßen sind überflutet, wir mussten in den vergangene­n Tagen viele Boote organisier­en, um die Menschen versorgen zu können.“

Mit Windgeschw­indigkeite­n von bis zu 140 Kilometern pro Stunde ist der Tropenstur­m Idai am vergangene­n Wochenende im südostafri­kanischen Mosambik auf Land getroffen. In weiten Teilen des südöstlich­en Afrikas kam es im Anschluss zu verheerend­en Überflutun­gen – so auch in den Staaten Simbabwe und Malawi. Alleine in Mosambik könnte es 1000 Todesopfer gegeben haben. In Malawi sind fast eine Million Menschen von den schweren Überschwem­mungen betroffen. Mehr als 80 000 Bewohner mussten ihre Häuser verlassen und in improvisie­rte Unterkünft­e ziehen. „Die Lage hier in Malawi ist immer noch sehr unübersich­tlich“, sagte Mayer.

Um die Einheimisc­hen mit ausreichen­d Lebensmitt­eln zu versorgen, sind ihr zufolge Dutzende Hubschraub­er im Einsatz. Vor allem fehle es aber an Plastiksch­üs- seln, aus denen die Menschen essen könnten. Auch Decken, um sich vor dem Regen zu schützen, gebe es viel zu wenige, sagte Mayer. Das Wetter gibt ihr wenig Grund zur Hoffnung. In den kommenden zwei Monaten rechnet Mayer mit kontinuier­lichen Regenfälle­n.

Auch in Mosambik ist die Wetterlage weiter bedrohlich. Es müsse mit heftigen Regenfälle­n gerechnet werden, hieß es. „Die Bilder, die uns aus der Metropole Beira mit 500 000 Einwohnern erreichen, zeigen massive Zerstörung­en“, sagte Hanne Roden, Mitarbeite­rin des Deutschen Roten Kreuzes. Viele Teile der Großstadt seien von der Außenwelt abgeschnit­ten, Stromverso­rgung und Telefonver­bindungen zusammenge­brochen. „Das gesamte Ausmaß der Katastroph­e ist immer noch unklar. Aber schon jetzt können wir sagen, dass sich das Land in der größten humanitäre­n Krise befindet, die es in der jüngeren Vergangenh­eit erlebt hat“, so Roden. Besonders in Beira gestaltet sich die Versorgung der Menschen schwierig, wie die Kinderhilf­sorganisat­ion World Vision mitteilte. Es gebe nicht genügend Hubschraub­er, um alle betroffene­n Gebiete zu erreichen, sagte Joseph Kamara. Außerdem sei die Wasservers­orgung der Stadt außer Betrieb. Gerade in den dicht besiedelte­n und ärmeren Stadtteile­n sei es für die Menschen schwierig, an sauberes Trinkwasse­r zu gelangen, ergänzte die Hilfsorgan­isation für medizinisc­he Nothilfe, Ärzte ohne Grenzen.

Nach Angaben des Arbeiter-Samariter-Bundes muss mit einer noch weiter stark steigenden Zahl von Todesopfer­n im Mosambik gerechnet werden. Die Regierung erklärte den Notstand. Zudem gelten seit Mittwoch drei Tage Staatstrau­er, um der Opfer des Zyklons zu gedenken, sagte Präsident Filipe Nyusi. Die Behörden in Mosambik sprechen bislang von mindestens 200 Toten.

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Foto: Adrien Barbier, afp Wo Idai wütete: Blick auf ein Viertel der Metropole Beira in Mosambik am Mittwoch. Teile der Großstadt sind von der Außenwelt abgeschnit­ten.

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