Das Geheimnis eines perfekten Landgartens
Natur Zurück zu den Wurzeln: Land- und Bauerngärten verzaubern ihre Bewunderer mit der richtigen Mischung aus Nutzpflanzen und Blumen
Düfte, aber auch Geschmackserlebnisse können schöne Erinnerungen hervorrufen. Etwa der Duft der Rosen an die Abende in Mutters Garten. Oder Himbeeren holen einen in die Sommerferien bei den Großeltern zurück, wo die süßen Früchte quasi in den Mund gewachsen sind. Oftmals sind das gerade Pflanzen, die man in typischen Land- und Bauerngärten findet. „Diese Pflanzen erzeugen in uns Menschen ein Wohlgefühl“, sagt Gartenexpertin Marianne Genenger-Hein. „Fast jede Familie auf dem Land hatte früher einen Bauerngarten: ein Stück Land mit einer bunten, fröhlichen Mischung aus Blühpflanzen, Gemüsepflanzen und Kräutern“, erzählt die Expertin. Den ganzen Sommer schienen die Beete unerschöpflich zu blühen und die leckersten Früchte hervorzubringen.
Es sind aber nicht nur diese Erinnerungen und die Sehnsucht nach etwas Landleben, die diese Blumen heute wieder in die Gärten bringt, sondern das hängt auch mit ihren Eigenschaften zusammen. „Die Pflanzen mit ländlichem Charme sind besonders wüchsig und gleich- zeitig leicht zu kultivieren“, sagt Gartenexpertin Genenger-Hein. Sie haben meist keine großen Ansprüche an den Boden und bilden zuverlässig üppige Blüten. Die Pracht wird auch als üppig empfunden, weil es sich um eine besonders intensive Mischung verschiedener Pflanzen handelt. Denn innerhalb der Beete eines typischen Bauerngartens gibt es meist keine klare Trennung von Gemüse, Kräutern und Zierpflanzen.
Das wurde bewusst so gemacht. Denn Bauerngärten haben traditionell das Ziel der Nahrungsmittelproduktion verfolgt – und so sind Blumen zwischen Gemüse und Früchten gewachsen. Heute hat sich das Blatt gewendet und man setzt für eine gelungene Inszenierung einige Nutzpflanzen in die Blumenbeete. Als Beispiele nennt die Gartenexpertin Genenger-Hein Kohlarten und Mangold, die mit schönen Blattstrukturen auch optisch viel hermachen. „Man kann aber auch Küchenkräuter wie Dill und Rosmarin zwischen die Sommerblumen setzen“, rät sie.
Für Matthias Schuh, Gärtner im Freilichtmuseum am Kiekeberg, ist es allerdings schwierig, den ländli- chen Charme heute zu definieren. „Letztlich besinnt man sich wieder auf die historischen Elemente in den Gärten“, erklärt Schuh. Das tun auch die Profis, wie Gartenexpertin Genenger-Hein ergänzt: „Von den ländlichen Gärten haben sich Gartenarchitekten bei ihren Schaupflanzungen in großen Parkanlagen und Gärten auf Landesgartenschauen inspirieren lassen und damit einen neuen Trend gesetzt.“Für Hobbygärtner kann die Gartenexpertin zwei Gestaltungsregeln ableiten: Die Pflanzen sollten nicht überzüchtet sein. „In der Regel sind sie also einfach zu kultivieren und säen sich zum Teil sogar von alleine wieder aus.“
Zum anderen sind die Pflanzen mit ländlichem Charme nutzbar. „Man kann sie in der Küche verwenden, sie für Blumensträuße schneiden, als Schutzpflanzen gegen Schädlinge oder als Nektarpflanzen für Bestäuberinsekten pflanzen.“
Viele der verwendeten Pflanzen sind laut Museumsgärtner Schuh auch heimisch in Eurasien. „Es waren Pflanzen, die wild wachsend vorkommen und die man als Zierpflanze ans Haus geholt hat.“Und häufig handelt es sich dabei um Heilpflanzen. Pflanzen mit ländlichem Charme sind verschiedenen Gruppen zugeordnet. Zum einen gibt es da die einjährig angezogenen Kosmeen, Kapuzinerkresse, Ringelblumen, Tagetes und Zinnien. Sie lassen sich leicht aus Samen ziehen und sind so eine kostengünstige Ergänzung des Blütenreigens im Garten.
Und dann gibt es noch die mehrjährigen Pflanzen: Akelei, Kugeldistel, Lupinen, Tränendes Herz und Glockenblumen. Besonders häufig sind auch die zweijährigen Gartenblumen im Bauerngarten zu finden – etwa Nachtviole, Stockrose, Fingerhut und Königskerze. Der Vorteil: Die Zweijährigen bieten oft eine lange Blütezeit, da die Knospen nicht auf einmal, sondern nacheinander aufgehen. Zweijährige zählen auch zu den Gartenblumen, die sich häufig selber wieder aussäen. So entsteht vielleicht auf den ersten Blick ein Gartenbild, das nicht ordentlich ist. Aber das ist auch schön.
„Gerade wenn der Garten nicht bis in den letzten Winkel gepflegt ist, entsteht ein verwunschener Eindruck“, sagt Museumsgärtner Schuh. Für ihn ist das ein Charakteristikum des ländlichen Gartens. Und als passende Sträucher dazu empfiehlt Genenger-Hein Hortensien, Schneeball und Beerengehölze.
Das Bild des ländlichen Gartens wird auch durch den Einsatz von natürlichen Materialien zur Gestaltung geprägt. „Beete werden mit Lavendel oder Polsterstauden eingefasst“, sagt Genenger-Hein.
Alternativ passen hochkant aufgestellte Ziegelsteine zum Stil. Wege werden mit Klinker, Sandstein oder Kies belegt. Ebenfalls gerne werden Elemente des alten Bauernhauses wiederverwendet: Schön sei auch, wenn „in den Beeten statt Waschbetonkübeln Antiquitäten wie Zinkwannen und Wagenräder auftauchen“, sagt Museumsgärtner Schuh.( dpa)
Bei der Pflege gilt das Prinzip: Weniger ist mehr