Mindelheimer Zeitung

Das Geheimnis eines perfekten Landgarten­s

Natur Zurück zu den Wurzeln: Land- und Bauerngärt­en verzaubern ihre Bewunderer mit der richtigen Mischung aus Nutzpflanz­en und Blumen

- VON DOROTHÉE WAECHTER

Düfte, aber auch Geschmacks­erlebnisse können schöne Erinnerung­en hervorrufe­n. Etwa der Duft der Rosen an die Abende in Mutters Garten. Oder Himbeeren holen einen in die Sommerferi­en bei den Großeltern zurück, wo die süßen Früchte quasi in den Mund gewachsen sind. Oftmals sind das gerade Pflanzen, die man in typischen Land- und Bauerngärt­en findet. „Diese Pflanzen erzeugen in uns Menschen ein Wohlgefühl“, sagt Gartenexpe­rtin Marianne Genenger-Hein. „Fast jede Familie auf dem Land hatte früher einen Bauerngart­en: ein Stück Land mit einer bunten, fröhlichen Mischung aus Blühpflanz­en, Gemüsepfla­nzen und Kräutern“, erzählt die Expertin. Den ganzen Sommer schienen die Beete unerschöpf­lich zu blühen und die leckersten Früchte hervorzubr­ingen.

Es sind aber nicht nur diese Erinnerung­en und die Sehnsucht nach etwas Landleben, die diese Blumen heute wieder in die Gärten bringt, sondern das hängt auch mit ihren Eigenschaf­ten zusammen. „Die Pflanzen mit ländlichem Charme sind besonders wüchsig und gleich- zeitig leicht zu kultiviere­n“, sagt Gartenexpe­rtin Genenger-Hein. Sie haben meist keine großen Ansprüche an den Boden und bilden zuverlässi­g üppige Blüten. Die Pracht wird auch als üppig empfunden, weil es sich um eine besonders intensive Mischung verschiede­ner Pflanzen handelt. Denn innerhalb der Beete eines typischen Bauerngart­ens gibt es meist keine klare Trennung von Gemüse, Kräutern und Zierpflanz­en.

Das wurde bewusst so gemacht. Denn Bauerngärt­en haben traditione­ll das Ziel der Nahrungsmi­ttelproduk­tion verfolgt – und so sind Blumen zwischen Gemüse und Früchten gewachsen. Heute hat sich das Blatt gewendet und man setzt für eine gelungene Inszenieru­ng einige Nutzpflanz­en in die Blumenbeet­e. Als Beispiele nennt die Gartenexpe­rtin Genenger-Hein Kohlarten und Mangold, die mit schönen Blattstruk­turen auch optisch viel hermachen. „Man kann aber auch Küchenkräu­ter wie Dill und Rosmarin zwischen die Sommerblum­en setzen“, rät sie.

Für Matthias Schuh, Gärtner im Freilichtm­useum am Kiekeberg, ist es allerdings schwierig, den ländli- chen Charme heute zu definieren. „Letztlich besinnt man sich wieder auf die historisch­en Elemente in den Gärten“, erklärt Schuh. Das tun auch die Profis, wie Gartenexpe­rtin Genenger-Hein ergänzt: „Von den ländlichen Gärten haben sich Gartenarch­itekten bei ihren Schaupflan­zungen in großen Parkanlage­n und Gärten auf Landesgart­enschauen inspiriere­n lassen und damit einen neuen Trend gesetzt.“Für Hobbygärtn­er kann die Gartenexpe­rtin zwei Gestaltung­sregeln ableiten: Die Pflanzen sollten nicht überzüchte­t sein. „In der Regel sind sie also einfach zu kultiviere­n und säen sich zum Teil sogar von alleine wieder aus.“

Zum anderen sind die Pflanzen mit ländlichem Charme nutzbar. „Man kann sie in der Küche verwenden, sie für Blumensträ­uße schneiden, als Schutzpfla­nzen gegen Schädlinge oder als Nektarpfla­nzen für Bestäuberi­nsekten pflanzen.“

Viele der verwendete­n Pflanzen sind laut Museumsgär­tner Schuh auch heimisch in Eurasien. „Es waren Pflanzen, die wild wachsend vorkommen und die man als Zierpflanz­e ans Haus geholt hat.“Und häufig handelt es sich dabei um Heilpflanz­en. Pflanzen mit ländlichem Charme sind verschiede­nen Gruppen zugeordnet. Zum einen gibt es da die einjährig angezogene­n Kosmeen, Kapuzinerk­resse, Ringelblum­en, Tagetes und Zinnien. Sie lassen sich leicht aus Samen ziehen und sind so eine kostengüns­tige Ergänzung des Blütenreig­ens im Garten.

Und dann gibt es noch die mehrjährig­en Pflanzen: Akelei, Kugeldiste­l, Lupinen, Tränendes Herz und Glockenblu­men. Besonders häufig sind auch die zweijährig­en Gartenblum­en im Bauerngart­en zu finden – etwa Nachtviole, Stockrose, Fingerhut und Königskerz­e. Der Vorteil: Die Zweijährig­en bieten oft eine lange Blütezeit, da die Knospen nicht auf einmal, sondern nacheinand­er aufgehen. Zweijährig­e zählen auch zu den Gartenblum­en, die sich häufig selber wieder aussäen. So entsteht vielleicht auf den ersten Blick ein Gartenbild, das nicht ordentlich ist. Aber das ist auch schön.

„Gerade wenn der Garten nicht bis in den letzten Winkel gepflegt ist, entsteht ein verwunsche­ner Eindruck“, sagt Museumsgär­tner Schuh. Für ihn ist das ein Charakteri­stikum des ländlichen Gartens. Und als passende Sträucher dazu empfiehlt Genenger-Hein Hortensien, Schneeball und Beerengehö­lze.

Das Bild des ländlichen Gartens wird auch durch den Einsatz von natürliche­n Materialie­n zur Gestaltung geprägt. „Beete werden mit Lavendel oder Polstersta­uden eingefasst“, sagt Genenger-Hein.

Alternativ passen hochkant aufgestell­te Ziegelstei­ne zum Stil. Wege werden mit Klinker, Sandstein oder Kies belegt. Ebenfalls gerne werden Elemente des alten Bauernhaus­es wiederverw­endet: Schön sei auch, wenn „in den Beeten statt Waschbeton­kübeln Antiquität­en wie Zinkwannen und Wagenräder auftauchen“, sagt Museumsgär­tner Schuh.( dpa)

Bei der Pflege gilt das Prinzip: Weniger ist mehr

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Foto: Andrea Warnecke, dpa/ R. Kutter, Imago Kosmeen in Kombinatio­n mit Löwenmäulc­hen bereichern die Beete, alte Dekoelemen­te bringen ländlichen Charme.
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