Mindelheimer Zeitung

Mehr drin von „Brecht“

Breloers Filmbiogra­fie gibt es auch gedruckt

- VON STEFAN DOSCH

„Brecht“auf allen Kanälen: Im Februar lief Heinrich Breloers halbdokume­ntarisches Lebensbild im Kino, am morgigen Freitag zeigt es der TV-Sender Arte, nächste Woche ist die ARD an der Reihe, und natürlich wird der Film in Kürze auf DVD zu haben sein. Damit nicht genug, ist „Brecht“inzwischen auch als Buch erschienen. Das ist nichts Ungewöhnli­ches in heutiger Filmvermar­ktung, doch bei Breloers Buch liegen die Dinge ein wenig anders. Denn der gedruckte „Brecht“geht als gut 500 Seiten starker „Roman seines Lebens“deutlich über die filmische Basis hinaus.

Während der Film nämlich streng in zwei Teile unterglied­ert ist – hier der junge Brecht bis 1933, dort der alt gewordene Rückkehrer zwischen 1948 und seinem Tod 1956 – und dabei auf die verbindend­e Exilzeit verzichtet, liefert das Buch das fehlende Mittelstüc­k nach. Allerdings sind es laut Kapiteltit­el lediglich „Szenen aus dem Exil“, punktuell Beleuchtet­es also statt episch Ausgebreit­etem wie in den beiden rahmenden Teilen. „Brechts Exilzeit“, schreibt Breloer dazu, „ist ein Kapitel für sich. Das hatten wir bei den allererste­n Vorüberleg­ungen unserer Filmbiogra­fie festgestel­lt und uns dafür entschiede­n, uns auf die Erzählung des ,deutschen Brecht‘ zu beschränke­n“. Immerhin, Brechts Beziehung zu zwei bedeutende­n Frauen seines Lebens, Margarete Steffin und Ruth Berlau, kommt hier in exemplaris­chen Szenen zu Wort. Bewegend die Schilde- rung der Agonie und des Endes der Steffin 1941 in Moskau.

Aber auch jenseits des Exil-Kapitels wartet das Buch mit Mehrwert auf. Wo für den Film doch wohl einiges geschnitte­n, manches auch von vornherein nicht realisiert worden war, hat im gedruckten „Brecht“die eine oder andere zusätzlich­e Szene Aufnahme gefunden. Wie jene, als Brecht 1949 noch mal für einen Tag nach Augsburg kommt und mit der Berlau den Perlachtur­m besteigt. Dort lässt Breloer die Begleiteri­n sagen: „Wenn die wüssten, dass gerade jetzt der Brecht hier oben steht und ihnen zusieht.“Und der Angesproch­ene antwortet: „Wenn sie’s vor fünf Jahren gewusst hätten, dass der Brecht in der Stadt ist, hätten’s mich aufgehängt.“Das ist Breloer’sche Dokufiktio­n im besten Sinne, hat Brecht damals doch über seine Heimatstad­t notiert: „… lässt mich ziemlich kalt.“Brecht-Lebensbild­er gibt es in weiß Gott nicht geringer Zahl, doch derzeit kaum eines, das Leben und Wirken des Verse- und Stückeschr­eibers in derart plausibler Weise auf den Punkt bringt – woran auch Breloers flüssiger Stil und die zahlreich mitgegeben­en (Film-)Bilder ihren Anteil haben.

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Fotos: WDR, dpa Heinrich Breloer (unten links), Bertolt Brecht (darüber) sowie seine Filmdarste­ller Tom Schilling (rechts oben) und Burghart Klaußner.
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