Whistleblower brauchen besseren Schutz
Zwei Ereignisse aus der jüngeren Welt des Sports: Während der Nordischen Ski-WM im Februar hatten Doping-Fahnder ein Netzwerk zerschlagen. Mehrere Sportler und Drahtzieher wurden festgenommen. Im Januar wurde Fußballprofi Cristiano Ronaldo wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldbuße von knapp 19 Millionen Euro sowie zu einer auf Bewährung ausgesetzten Haftstrafe verurteilt. Was diese Vorfälle gemeinsam haben? Beide wären ohne die Informationen eines Whistleblowers, also eines Informanten mit Insiderwissen, wohl unentdeckt geblieben.
Das Doping-Netzwerk enttarnte der ehemalige Langläufer Johannes Dürr als Kronzeuge. Den Steuerbetrug Ronaldos brachte die Online-Plattform Football Leaks des mittlerweile enttarnten Portugiesen Rui Pinto ans Licht der Öffentlichkeit. Beide Whistleblower durchbrachen mit ihren Informationen die Mauer des Schweigens, die sich gebildet hatte. Und beide demonstrieren eindrucksvoll, wie wichtig diese Informationen sind. Beide Fälle zeigen aber auch, woran es krankt: Dürr und Pinto erwarten nun harte juristische Konsequenzen. Dürr droht in Österreich eine Haftstrafe, weil er sich selbst auch jahrelang des Dopings schuldig gemacht hatte. In Deutschland wäre das auch nicht besser: Es gibt im Anti-Doping-Gesetz keine Kronzeugenregelung, die strafmildernd sein könnte.
Rui Pinto, der Kopf von Football Leaks, fürchtet nach eigenen Angaben sogar um sein Leben, sollte er in einem portugiesischen Gefängnis auf seine Verhandlung warten müssen. Er glaubt nicht an ein faires Verfahren, weil der dortige Fußball zu tief in die politischen Hintergründe verstrickt sei. Seine Wahlheimat Ungarn bestätigte nun, ihn ausliefern zu wollen. Pinto arbeitet zwar mit französischen Ermittlern zusammen, die ihm ein Zeugenschutzprogramm anbieten. Gerettet hat ihn das aber nicht: Seine Verhaftung in Budapest hatte diesen Plan zunichte gemacht.
Die bestehenden Gesetze schützen die Whistleblower nur ungenügend. Es braucht eine umfassende Kronzeugenregelung – und zwar eine auf europäischer, besser noch auf weltweiter Ebene. Passiert das nicht, werden es sich Informanten zweimal überlegen, ob sie ihr Wissen preisgeben. Johannes Dürr und Rui Pinto sind diesbezüglich leider abschreckende Beispiele.