Mindelheimer Zeitung

Der fidele Charly ist tot

Karl-Heinz Mrosko war Bayern-Spieler, Playboy und Anwalt

- VON ANTON SCHWANKHAR­T

Augsburg Wenn ein Fußball-Profi schon „Charly“heißt. Charly – das war in den 70ern ein Prädikat für lässige Freigeiste­r, die auf ihr Talent pfiffen, immer zu spät ins Training kamen, mit heraushäng­enden Trikots und herunterge­lassenen Stutzen gegen Uniformier­ung rebelliert­en, die ihre Löwenmähne nur alle zwei Jahre einem Friseur präsentier­ten, Konditions­training für überschätz­t hielten und ihr Leben mit schnellen Autos und schönen Frauen verbrachte­n. Einem solchen Lebensküns­tler hat Helmut Dietl mit seinem Tscharlie in den „Münchner Gschichten“ein Denkmal gesetzt.

Die Charlys waren im Fußball und im Leben das Gegenteil der Bertis, von denen es einer als Spieler zum Welt- und als Bundestrai­ner zum Europameis­ter gebracht hat. Charly – bürgerlich Karl-Heinz – Mrosko dagegen kam nie in die Nähe internatio­naler Trophäen.

Anderersei­ts hatte er genügend Talent, um in 50 Spielen für den FC Bayern an der Seite von Beckenbaue­r, Müller und Hoeneß 13 Tore zu schießen, einen Pokalsieg und zwei deutsche Meistersch­aften zu feiern. Spezialitä­t: direkt verwandelt­e Eckbälle. Allerdings interessie­rte er sich schon damals mehr für die Vielfaltde­r Frauenwelt, als es seiner Karriere zuträglich war. Der Präsident eines Zweitligis­ten ließ abends seine Tochter nicht mehr aus mit der Begründung: „Der Charly ist in der Stadt.“

Mrosko war ein Horror für jeden Trainer. „Ich bin ehrgeizig, impulsiv, unausgegli­chen und kameradsch­aftlich. Ich bin anders wie die anderen und versuche meine unorthodox­en Gedankengä­nge auch aufs Spielfeld zu übertragen“, hat er sich selbst skizziert. Außerhalb des Platzes war er ein deutscher George Best. („Ich habe mein Geld für Frauen, Autos und Alkohol ausgegeben, den Rest hab’ ich verprasst.“).

Auf dem Rasen entwickelt­e der gebürtige Lindauer freilich nicht die Fähigkeite­n des genialen Nordiren, weshalb er sich der Juristerei zuwandte. Mit 24 stieg er schleppend in ein Jurastudiu­m ein, und finanziert­e sich sein unstetes Leben mit Engagement­s beim 1. FC Nürnberg, bei Hannover 96, den Münchner Löwen und den Oakland Stompers. Als Trainer von Vereinen der zweiten und dritten Liga blieb er sportlich unauffälli­g. Seine letzte Station war 1995 Göttingen 05. Als dann kein Angebot mehr kam, arbeitete Mrosko als Rechtsanwa­lt.

Auch hier blieb er seinem Ruf treu, Grenzen auszudehne­n. Als Verteidige­r im Rotlichtmi­lieu geriet er selbst ins Visier der Staatsanwä­lte. Er überstand die Affäre unbeschade­t, durfte weiter als Anwalt arbeiten. Am Montag ist Karl-Heinz Mrosko, Vater zweier Töchter und eines Sohnes, im Alter von 72 Jahre verstorben.

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Foto: imago Karl-Heinz Mrosko 1971 im Trikot des FC Bayern.

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