Mr. Play-off geht auf die 100 zu
Eishockey Christoph Ullmann ist dreifacher deutscher Meister und hat bei den Augsburger Panthern die größte Erfahrung mit der K.-o.-Runde. Sein Erfolgsrezept ist überraschend einfach
Augsburg Christoph Ullmann ist keiner, der auf Jubiläen Wert legt. Dass er am Freitag sein 100. Playoff-Spiel in der Deutschen Eishockey Liga bestreitet, hat er bis vor kurzem gar nicht gewusst. Nicht mehr als eine nette Zahl sei das, sagt der angehende Jubilar. Viel wichtiger sei ihm, das Spiel zu gewinnen. Die Bedeutung der Auswärtspartie in Düsseldorf ist enorm. In der Bestof-Seven-Serie gegen die DEG liegen die Panther mit 1:2 zurück. Eine weitere Niederlage könnte vorentscheidende Bedeutung haben.
Ullmann kann das nicht aus der Ruhe bringen. „Es ist für beide Mannschaften noch ein langer Weg“, sagt er. Augsburg müsse sich jetzt darauf konzentrieren, die kleinen Dinge richtig zu machen. „Wir müssen die Scheibe wieder gut und schnell nach vorne bringen und unsere Checks zu Ende fahren. Das ist uns in Spiel zwei in Düsseldorf nicht ganz so gut gelungen. Da sind wir nicht so gut nach vorne gekommen. Ansonsten stimmt ziemlich viel bei uns im Spiel.“
Mit seiner Erfahrung ist Ullmann ein wichtiger Stabilitätsfaktor in der Mannschaft von Mike Stewart. Der 35-Jährige hat schon so ziemlich al- les erlebt, was die Play-offs zu bieten haben. Unter anderem war er direkt am längsten Spiel der DELHistorie beteiligt. 2008 spielte Ullmann für Mannheim gegen Köln. 168 Minuten und 16 Sekunden dauerte das Aufeinandertreffen damals. Erst in der sechsten Verlängerung erzielte Philip Gogulla den entscheidenden Treffer zum 5:4. Jener Gogulla, der auch die jüngste Niederlage der Panther besiegelte.
Eine der wichtigsten Eigenschaften in den Play-offs sei es aber, Niederlagen und Siege möglichst gleichmütig hinzunehmen. Das Schlüsselwort heißt Kontinuität. Oder, wie es eine der zentralen Trainerweisheiten formuliert: Never too high, never too low – niemals zu hoch, niemals zu tief. „Du gewinnst ein Spiel, aber du darfst nicht überheblich werden“, sagt Ullmann. „Und genau umgekehrt musst du es auch leben, wenn du ein Spiel verlierst. Dass du dann einfach sagst: Das ist jetzt kein Genickbruch. In zwei Tagen geht es weiter und dann versuchen wir wieder, alles abzurufen und das Spiel nach Hause zu bringen.“
Es sind nicht komplizierte Spielzüge, die eine Play-off-Serie ent- scheiden. Nicht die taktischen Kniffe des Trainers. Es sind die kleinen Dinge. Die so einfach klingen und doch von Spiel zu Spiel schwerer umzusetzen sind. Ullmann: „Du musst jeden einzelnen Wechsel konzentriert sein und jeden Check zu Ende fahren. Weil du weißt, dass es dem Gegner in Spiel eins vielleicht noch nicht wehtut, in Spiel zwei auch nicht. Aber in Spiel sechs oder sieben weiß er dann, dass der jetzt schon wieder kommt und mich checkt. Du musst richtig gut arbeiten. Jeder Fehler und jede Kleinigkeit kann die Serie drehen.“
Geheimnisse gibt es spätestens ab Spiel vier nicht mehr zwischen den beiden Teams. „Du stellst dich komplett auf den Gegner ein. Du kennst ihn in- und auswendig“, erklärt Ullmann. Auf dem Eis bilden sich Bekanntschaften, die von Spiel zu Spiel intensiver gepflegt werden. Der ansonsten übliche Handschlag nach einer Partie fällt in den Playoffs weg und wird erst ganz am Ende der Serie nachgeholt.
Ullmann hat das bald 100 Mal erlebt. Am meisten geprägt haben ihn seine drei Meistertitel. „Wenn du am Ende den Pokal hochheben darfst, das sind schon unglaubliche Momente“, erinnert er sich. Sollte er das noch ein viertes Mal erleben, dürfte das aber auch für einen Routinier wie Ullmann eine Sensation sein. Andreas Kornes