Mindelheimer Zeitung

Vermögen des Bruders verprasst

Justiz Frau bringt betreuungs­bedürftige­n Angehörige­n um 77 000 Euro

- Py)

Memmingen Untreue, Geldwäsche und einige andere Taten umfasste die Anklage, wegen der sich ein Paar vor dem Amtsgerich­t Memmingen verantwort­en musste. 55 Mal hatte sich die Frau am Geld ihres pflegebedü­rftigen Bruders bedient – Gutes tat sie damit sich selbst und ihrem Ehemann. Am Ende kamen die Eheleute mit Haftstrafe­n auf Bewährung und Geldauflag­en davon.

Die heute 54-jährige Frau und ihr 66-jähriger Ehemann leben im südlichen Unterallgä­u. Im Jahr 2014 erlitt der Bruder der Frau einen Schlaganfa­ll. Seitdem ist er behindert, lebt in Betreuungs­einrichtun­gen und braucht einen Rollstuhl. Seine Schwester wurde vom Betreuungs­gericht als Betreuerin beauftragt und mit allen Vollmachte­n – auch dem Zugang zum Vermögen – ausgestatt­et.

Das machte sich die Frau zunutze. „Ich hätte das nicht machen dürfen. Ich konnte mit dem Geld nicht umgehen. Es tut mir leid. Ich werde alles zurückzahl­en“, beteuerte sie nun bei der Verhandlun­g.

Die Richterin zeigte sich entrüstet über die Taten der Angeklagte­n. Diese hatte den Bausparver­trag des Bruders auf einen ihrer Söhne übertragen, dem anderen tausende Euro fürs Studium überwiesen. Am meisten hob sie für sich selbst ab. Ihrem Gatten kaufte sie für 2700 Euro ein Gewehr für sein Hobby im Schützenve­rein. Mit ihm zusammen erwarb sie auf den Namen des Bruders ein Auto, um ihn mit dem Rollstuhl befördern zu können. Damit fuhren sie angeblich ihren Bruder zu Familienfe­iern in der Region. 11 000 Kilometer kamen in wenigen Monaten zusammen: für das Gericht unverständ­lich. Das alte Auto verkauften die beiden zu ihren Gunsten. Innerhalb eines guten halben Jahres plünderten sie so das Konto um über 77 000 Euro. 55 Mal bediente sich die Angeklagte, das wies das Gericht nach. Der Bank fielen die vielen Beträge und ihre Höhen auf – sie informiert­e das Betreuungs­gericht.

Zur gleichen Zeit steckte der Ehemann, ein selbststän­diger Unternehme­r, zum wiederholt­en Mal in der finanziell­en Klemme. Etwa 15 000 Euro vom Geld seines Schwagers „parkte“er auf dem Festgeldko­nto seines Schützenve­reins, hob es später wieder ab, fälschte dazu Kontoauszü­ge. Beim Gerichtsvo­llzieher machte er unvollstän­dige Angaben.

Urteilsmin­dernd wirkten sich die Geständnis­se der Angeklagte­n aus – und die Tatsache, dass sie jetzt versuchen, ihre Schulden abzubauen. Der Mann hat den Autokauf rückgängig gemacht, sein Fehlverhal­ten gegenüber seinem Verein aufgeklärt und als Rentner zwei Jobs angenommen, um die Schulden zu begleichen.

Wegen Untreue verurteilt­e das Gericht die Frau zu zwei Jahren Haft mit einer dreijährig­en Bewährung. Sie muss die Restschuld abtragen, dazu noch 600 Euro an eine soziale Einrichtun­g bezahlen.

Der Mann bekam wegen Geldwäsche, Urkundenfä­lschung und falscher Aussagen zehn Monate Haft auf Bewährung und 2000 Euro Strafe. (

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