Die Pumpe ist immer dabei
Diabetes Isabelle-Jolie ist erst zehn, muss aber schon ein sehr strukturiertes Leben führen. Unterkriegen lässt sie sich von ihrer Krankheit nicht
Wertachtal Den 13. Dezember 2014 werde sie nie vergessen, sagt Kerstin Müller. An diesem Tag bekam ihre Tochter Isabelle-Jolie, heute zehn Jahre alt, die Diagnose: Diabetes, Typ 1. Erst am Tag vor Heiligabend durfte Isabelle-Jolie aus der Klinik wieder nach Hause. Dort war ab diesem Zeitpunkt nichts mehr so wie vorher. Warum sie im Krankenhaus bleiben musste, hat sie damals nicht verstanden, schließlich fühlte sie sich ja nicht krank. Deshalb habe sie sich anfangs auch sehr gewehrt, vor allem gegen die Spritzen, vor denen sie sich so fürchtete.
Die Autoimmunerkrankung, bei der der Körper selbst kein oder kaum eigenes Insulin produzieren kann, hat das Leben der ganzen Familie verändert – also auch das der Eltern und der beiden Geschwister Ella-Fabienne (7) und Louis-Pascal (13). Das ganze Familienleben musste auf Isabelle abgestimmt werden.
„Wir haben schon immer sehr strukturiert gegessen, so war die Umstellung zumindest in diesem Punkt nicht so schwer“, erzählt Kerstin Müller. Aber das ständige Blutzuckermessen, auch nachts, sei anstrengend und auch psychisch sehr belastend gewesen. „Wir haben jahrelang nicht durchgeschlafen, alle zwei Stunden mussten wir raus“, erinnert sich Christian Müller, der Vater.
Die Spontanität ging verloren, denn die Eltern mussten sehr auf Isabelles Ernährung achten, regelmäßig messen und Insulin spritzen. Die Therapie begleitet das Mädchen durch den gesamten Tag, zu Hause, in der Schule, wenn sie Freunde besucht oder die Familie in den Urlaub fährt. Das klingt kompliziert, aber: „Trotz allem können Kinder mit Diabetes überwiegend ein normales Leben führen, Sport treiben und Hobbys nachgehen“, sagt Dr. Markus Rauchenzauner.
Sie müssten nicht in Watte gepackt werden, betont der Chefarzt der Kinderklinik am Kaufbeurer Krankenhaus. Um die Fachdisziplinen, die mit Diabetes im Kindesalter zu tun haben, zu vernetzen, haben Rauchenzauner und sein Team einen Informationstag am Klinikum organisiert, der am Freitag stattfindet.
Ihren Kindern zuliebe sollten Eltern möglichst offen sein und ihr Umfeld über den Diabetes und seine Behandlung aufklären. So hat es auch Kerstin Müller getan. Sie hat die Klasse ihrer Tochter besucht und den Kindern erklärt, was die Krankheit bedeutet, warum Isabelle sich manchmal schlapp oder müde fühlt, warum sie ihren Zuckerwert vor jedem Essen messen muss. Seit zwei Jahren trägt Isabelle eine Insulinpumpe am Körper – rund um die Uhr. Das Gerät erlaubt eine größere Flexibilität als eine Spritzentherapie.
Es kann sehr gering dosierte Mengen an Insulin in etwa fünfminütigen Abständen abgeben. Unterschiedliche Aktivitäten der Kinder haben Auswirkungen auf ihren Blutzucker: Zu den Mahlzeiten benötigt der Körper zum Beispiel zusätzliches Insulin, das per Knopfdruck von der Pumpe freigesetzt wird und dann über einen Katheter ins Unterhautfettgewebe – meist am Bauch – in den Körper gelangt. Gemessen wird der Bedarf von Sensoren, die an Isabells Bauch auf die Haut geklebt werden. „Das Gute an der Pumpe ist, dass sie viel unauffälliger und auch hygienischer ist als Insulinspritzen“, sagt Isabelle. Sie dürfe alles essen, nur eben nicht zu jeder Zeit.
Das Familienleben soll so normal wie möglich sein, die Müllers fahren oft zum Wandern in die Berge oder gehen schwimmen. Wenn sie ins Wasser geht, darf Isabell die Pumpe und die Sensoren abnehmen – aber nicht zu lange. „Das ist natürlich manchmal doof, wenn es gerade besonders lustig ist und ich genau dann wieder aus dem Becken muss“, findet das Mädchen, das nicht nur ger- ne schwimmt, sondern vor allem die Musik liebt. Sie spielt Oboe und Flöte, singt außerdem im Chor. Musik ist ihr Ventil, wenn es ihr einmal nicht so gut geht. „Wir lassen uns nicht unterkriegen“, sagt Isabelles Mutter.