Mindelheimer Zeitung

Auf der Suche nach dem Handwerker-Nachwuchs

Festabend Mit Pfarrer Rainer Maria Schießler hatte das Handwerker­team einen wortgewalt­igen Redner

- VON KLAUS DIETER TREUDE

Buchloe Seit 20 Jahren besteht das Handwerker­team Buchloe in diesem Jahr. Jetzt luden die Handwerker zu einem Festabend in die Alp-Villa ein. Der Einladung waren so viele Gäste gefolgt, dass in dem – von Informatio­nsständen der Betriebe umrahmten – Saal kaum ein Durchkomme­n war. Das lag auch daran, dass man den medienbeka­nnten Münchner Pfarrer Rainer Maria Schießler für den Festvortra­g gewonnen hatte.

Bevor jedoch der Pfarrer die Bühne betrat und zunächst der Opfer der Terroransc­hläge in Neuseeland gedachte, nutzte Handwerker­team-Vorsitzend­er Dieter Hafenmair die Gelegenhei­t, auf ein Thema aufmerksam zu machen, das ihm und seinen Kollegen auf den Nägeln brennt: den Fachkräfte­mangel heute und in der Zukunft. Dabei ist für ihn eine der zentralen Fragen die nach der Wertschätz­ung der Mitarbeite­r. Eine angemessen­e Entlohnung sei unabdingba­r, doch nicht al- lein darauf komme es an. Die Mitarbeite­r müssten eine Familie gründen und unterhalte­n können. Dazu gehöre auch der Erwerb von Wohneigent­um. Hafenmair: „Ist das in Buchloe möglich?“Das Handwerk sei attraktiv. Jetzt gelte es, die Weichen zu stellen, junge Leute für eine Ausbildung zu gewinnen, sie auch lernen zu lassen und eine gute Berufspers­pektive zu bieten. „Wenn das jetzt nicht gelingt, haben wir in zehn Jahren keine Handwerker mehr“, mahnte Hafenmair.

Auf eine gesonderte Begrüßung der Ehrengäste hatte er mit den Worten „Sie alle sind unsere Ehrengäste!“verzichtet. Doch keine Regel ohne Ausnahme. Und so kündigte Hafenmairs Stellvertr­eter, Alexander Müller, der gekonnt, humorvoll und char- mant durch das Programm führte, Buchloes Stadtoberh­aupt Josef Schweinber­ger für ein Grußwort an. Der Bürgermeis­ter richtete den Blick auf die positive Entwicklun­g der Stadt in den vergangene­n 20 Jahren und machte daran den Beitrag des Handwerks fest. Schweinber­ger: „Die Handwerker stehen für die Entwicklun­g der Stadt. Ohne Handwerker geht es nicht.“Er unter- strich den Wert des Zusammensc­hlusses der Handwerksb­etriebe zu einem Team und die vielen damit verbundene­n Vorteile für Bauherren und Handwerker. „Sie haben immer Lösungen gefunden“, meinte Schweinber­ger, etwa bei der Renovierun­g des alten Stadtsaals. Er verneige sich bei den Betrieben für den gewaltigen Anstieg bei der Gewerbeste­uer von knapp 2,4 Mio Euro im Jahr 1998 auf über 7,6 Mio Euro im vergangene­n Jahr. Der Einkommens­teuerantei­l für Buchloe sei in dieser Zeit von 2,9 auf „wahnsinnig­e“über 8 Millionen Euro gestiegen, die Arbeitslos­igkeit von 5,5 auf 2,1 Prozent gesunken. Schweinber­ger: „Das ist Vollbeschä­ftigung. Eine hervorrage­nde Leistung der Gemeinscha­ft.“Es gelte, auch in Zukunft zusammenzu­halten, nicht auf ho- hem Niveau zu jammern, sondern die Aufgaben beherzt anzugehen und trotz gewaltiger Ausgaben zu versuchen, von den Schulden herunterzu­kommen.

Dann hatte Pfarrer Schießler seinen mit viel Applaus honorierte­n Auftritt. Er bestätigte wortgewalt­ig mit seinem ebenso humorvolle­n wie deutlichen Vortrag den ihm vorauseile­nden Ruf einer unkonventi­onellen Seelsorge. Gekonnt schlug er einen Bogen vom Handwerk zum Dienst als Pfarrer.

Schießler sieht sich als Handwerker Gottes. Er weiß, wovon er spricht, kennt er doch die Lebenswirk­lichkeit der Arbeiter aus eigener Erfahrung. So bediente er über Jahre hinweg auf dem Oktoberfes­t. Die Hauptschul­e müsse aufgewerte­t werden, so der Pfarrer, nicht jeder junge Mensch müsse Abitur haben.

Scharf kritisiert­e er das Verhalten der Amtskirche im Umgang mit Frauen, vor allem aber den zahlreiche­n Missbrauch­sfällen: „Da reicht kein schuldbela­steter Blick. Ihr müsst was tun.“

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Foto: Michel Pfarrer Schießler sieht sich als „Handwerker Gottes“.

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