Auf der Suche nach dem Handwerker-Nachwuchs
Festabend Mit Pfarrer Rainer Maria Schießler hatte das Handwerkerteam einen wortgewaltigen Redner
Buchloe Seit 20 Jahren besteht das Handwerkerteam Buchloe in diesem Jahr. Jetzt luden die Handwerker zu einem Festabend in die Alp-Villa ein. Der Einladung waren so viele Gäste gefolgt, dass in dem – von Informationsständen der Betriebe umrahmten – Saal kaum ein Durchkommen war. Das lag auch daran, dass man den medienbekannten Münchner Pfarrer Rainer Maria Schießler für den Festvortrag gewonnen hatte.
Bevor jedoch der Pfarrer die Bühne betrat und zunächst der Opfer der Terroranschläge in Neuseeland gedachte, nutzte Handwerkerteam-Vorsitzender Dieter Hafenmair die Gelegenheit, auf ein Thema aufmerksam zu machen, das ihm und seinen Kollegen auf den Nägeln brennt: den Fachkräftemangel heute und in der Zukunft. Dabei ist für ihn eine der zentralen Fragen die nach der Wertschätzung der Mitarbeiter. Eine angemessene Entlohnung sei unabdingbar, doch nicht al- lein darauf komme es an. Die Mitarbeiter müssten eine Familie gründen und unterhalten können. Dazu gehöre auch der Erwerb von Wohneigentum. Hafenmair: „Ist das in Buchloe möglich?“Das Handwerk sei attraktiv. Jetzt gelte es, die Weichen zu stellen, junge Leute für eine Ausbildung zu gewinnen, sie auch lernen zu lassen und eine gute Berufsperspektive zu bieten. „Wenn das jetzt nicht gelingt, haben wir in zehn Jahren keine Handwerker mehr“, mahnte Hafenmair.
Auf eine gesonderte Begrüßung der Ehrengäste hatte er mit den Worten „Sie alle sind unsere Ehrengäste!“verzichtet. Doch keine Regel ohne Ausnahme. Und so kündigte Hafenmairs Stellvertreter, Alexander Müller, der gekonnt, humorvoll und char- mant durch das Programm führte, Buchloes Stadtoberhaupt Josef Schweinberger für ein Grußwort an. Der Bürgermeister richtete den Blick auf die positive Entwicklung der Stadt in den vergangenen 20 Jahren und machte daran den Beitrag des Handwerks fest. Schweinberger: „Die Handwerker stehen für die Entwicklung der Stadt. Ohne Handwerker geht es nicht.“Er unter- strich den Wert des Zusammenschlusses der Handwerksbetriebe zu einem Team und die vielen damit verbundenen Vorteile für Bauherren und Handwerker. „Sie haben immer Lösungen gefunden“, meinte Schweinberger, etwa bei der Renovierung des alten Stadtsaals. Er verneige sich bei den Betrieben für den gewaltigen Anstieg bei der Gewerbesteuer von knapp 2,4 Mio Euro im Jahr 1998 auf über 7,6 Mio Euro im vergangenen Jahr. Der Einkommensteueranteil für Buchloe sei in dieser Zeit von 2,9 auf „wahnsinnige“über 8 Millionen Euro gestiegen, die Arbeitslosigkeit von 5,5 auf 2,1 Prozent gesunken. Schweinberger: „Das ist Vollbeschäftigung. Eine hervorragende Leistung der Gemeinschaft.“Es gelte, auch in Zukunft zusammenzuhalten, nicht auf ho- hem Niveau zu jammern, sondern die Aufgaben beherzt anzugehen und trotz gewaltiger Ausgaben zu versuchen, von den Schulden herunterzukommen.
Dann hatte Pfarrer Schießler seinen mit viel Applaus honorierten Auftritt. Er bestätigte wortgewaltig mit seinem ebenso humorvollen wie deutlichen Vortrag den ihm vorauseilenden Ruf einer unkonventionellen Seelsorge. Gekonnt schlug er einen Bogen vom Handwerk zum Dienst als Pfarrer.
Schießler sieht sich als Handwerker Gottes. Er weiß, wovon er spricht, kennt er doch die Lebenswirklichkeit der Arbeiter aus eigener Erfahrung. So bediente er über Jahre hinweg auf dem Oktoberfest. Die Hauptschule müsse aufgewertet werden, so der Pfarrer, nicht jeder junge Mensch müsse Abitur haben.
Scharf kritisierte er das Verhalten der Amtskirche im Umgang mit Frauen, vor allem aber den zahlreichen Missbrauchsfällen: „Da reicht kein schuldbelasteter Blick. Ihr müsst was tun.“