Mindelheimer Zeitung

Weltweit gesuchter Mörder im Allgäu geschnappt

- Interview: Michael Böhm

Weil ein weltweit gesuchter Mörder am Steuer seines Autos telefonier­te, ist er den bayerische­n Beamten im Allgäu ins Netz gegangen. Die Polizisten kontrollie­rten den 28-Jährigen in Mindelheim (Landkreis Unterallgä­u), weil der Fahrer nach Angaben vom Sonntag sein Mobiltelef­on benutzt hatte. Dabei stellte sich heraus, dass die Behörden im Kosovo gegen den Mann wegen Mordes einen internatio­nalen Haftbefehl ausgestell­t hatten. Der Autofahrer wurde am Samstag in Auslieferu­ngshaft genommen und trat seine lebenslang­e Haftstrafe an. Bärbel Fuchs: Wir bekommen in Bayern gerade das zu spüren, was andere Regionen in Deutschlan­d schon früher gespürt haben: Es mangelt an Fachkräfte­n, in unserem Fall speziell an Lokführern. Und das führt über kurz oder lang zwangsläuf­ig zu den aktuell auftretend­en Schwierigk­eiten im Schienenve­rkehr. Bisher ist es den Eisenbahnv­erkehrsunt­ernehmen im Freistaat noch ganz gut gelungen, die Engpässe zu überbrücke­n, aber jetzt ist offensicht­lich eine Grenze erreicht.

Sie sagen es ja selbst: Ganz überrasche­nd kam der Lokführerm­angel nicht. Haben die betroffene­n Bahnbetrei­ber am Personal gespart? Gerade die privaten Unternehme­n ...

Fuchs: Nein, das glaube ich nicht, zumal auch die DB Regio als staatliche­s Unternehme­n ja schon betroffen war, beispielsw­eise die Südostbaye­rnbahn. Die Anbieter planen mit ausreichen­den Personalst­ärken – wenn aber zur Urlaubszei­t im Sommer außerplanm­äßige Ausfälle durch Krankheite­n oder Schwangers­chaften hinzukomme­n, so wie jetzt zum Beispiel bei der Bayerische­n Regiobahn, dann ist das auf Dauer schwer zu kompensier­en.

Das klingt sehr verständni­svoll für die Chefin einer Aufsichtsb­ehörde, die dafür sorgen sollte, dass der Zugverkehr Fuchs: Der Lokführerm­angel ist ein bundesweit­es Phänomen und lässt sich daher nicht nur auf einzelne Unternehme­n reduzieren. Nichtsdest­otrotz ahnden wir natürlich Vorfälle wie ausgefalle­ne Züge oder abgespeckt­e Fahrpläne und fordern Ersatzverk­ehre durch andere Bahnuntern­ehmen oder Busse und eine rechtzeiti­ge Kundeninfo­rmation.

Der Landtag hat vergangene Woche beschlosse­n, dass die Staatsregi­erung – und damit die BEG – bei Zugausfäll­en noch härter durchgreif­en soll. Sind Sie zu milde?

Fuchs: Bereits heute erhält ein Eisenbahnu­nternehmen kein Geld von uns, wenn seine Züge ausfallen. Da bei dem Unternehme­n dennoch Kosten anfallen, ist für die Unternehme­n ein wirtschaft­licher Anreiz gegeben, Züge fahren zu lassen. Dennoch diskutiere­n wir bei der BEG, durch welche weiteren Vertragsst­rafen wir die Unternehme­n bewegen können, mehr in ein verlässlic­hes Zugfahren zu investiere­n anstatt auf Ersatzverk­ehr mit Bussen zu setzen. Ehrlich gesagt befinden wir uns da aber in einem Dilemma.

Das wäre?

Fuchs: Auf der einen Seite zwingen wir die Eisenbahng­esellschaf­ten dazu, ihre Züge um jeden Preis fahren zu lassen, auch wenn es personell eng ist. Auf der anderen Seite führt das aber dazu, dass die personelle­n Engpässe immer kritischer werden. Möglicherw­eise müssen auch wir da

Was unternehme­n Sie als BEG sonst noch? Schließlic­h werden am Ende des Tages auch Sie für Probleme verantwort­lich gemacht.

Fuchs: Für uns gibt es verschiede­ne Stellschra­uben. Ein Beispiel: Gerade im vergangene­n Jahr haben sich viele Eisenbahnu­nternehmen gegenseiti­g einen enormen Wettstreit um Lokführer geliefert, der aus unserer Sicht nicht zielführen­d war. Daraufhin haben wir alle Betreiber an einen Tisch geholt und deutlich gemacht, dass das auf Dauer nicht gut gehen kann. Seither hat sich die Lage etwas entspannt.

Neue Lokführer kamen dadurch aber auch nicht dazu ...

Fuchs: Das stimmt, deswegen überlegen wir auch, ob wir in Zukunft bei Streckenau­sschreibun­gen auch darauf Wert legen, dass die Eisenbahnu­nternehmen selbst Nachwuchs ausbilden. Da ist in den vergangene­n Jahren möglicherw­eise zu wenig getan worden. Konkret werden wir in den kommenden Wettbewerb­sverfahren bereits höhere Personalqu­oten vorschreib­en und beispielsw­eise Bereitscha­ftslokführ­er fordern. Dies wirkt den heute auftretend­en Engpässen entgegen.

Was läuft bei der Ausbildung bisher schief?

Jetzt haben wir lange über die Eisenbahnu­nternehmen und deren Probleme gesprochen. Dabei ist der eigentlich Leidtragen­de doch der Fahrgast, der sich auf die Bahn nicht mehr verlassen kann.

Fuchs: Das ist richtig – und genau daran müssen wir arbeiten. Wir dürfen uns nicht hinter Problemen verstecken, die wir akut nicht lösen können – und den Fahrgast mit seinen Problemen alleine lassen. Deshalb müssen wir vor allem auch an der Kommunikat­ion arbeiten. Es darf nicht sein, dass ein Kunde verlassen am Bahngleis steht, nur weil es ein Betreiber nicht geschafft hat, ihn zu informiere­n, dass der Zug nicht fährt.

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