Mindelheimer Zeitung

Pfarrer protestier­en in Talaren

Kirchenasy­l Geistliche wollen Strafe für Kollegen nicht hinnehmen

- VON HELMUT KUSTERMANN UND MARKUS RAFFLER

Kempten Dutzende Pfarrer in ihren Talaren sind gestern schweigend durch die Kemptener Innenstadt gezogen. Sie protestier­ten konfession­sübergreif­end gegen eine Gerichtsen­tscheidung, die bayernweit für Schlagzeil­en gesorgt hat: Der Immenstädt­er Pfarrer Ulrich Gampert soll eine Geldstrafe von 4000 Euro zahlen, weil er einem abgelehnte­n Asylbewerb­er aus Afghanista­n Kirchenasy­l gewährt hat. Er ist der erste Geistliche im Freistaat, den die Justiz aus diesem Grund belangen will.

Insgesamt nahmen am Dienstag über 300 Kirchenver­treter aus Schwaben an der Demonstrat­ion teil. Es war eine ökumenisch­e Solidaritä­tsaktion für den evangelisc­hen Pfarrer aus dem Oberallgäu. Auch katholisch­e und altkatholi­sche Priester waren dabei. Bei ihrem Zug reckten Geistliche und Gläubige Plakate in die Höhe, auf denen Sätze wie „Kirchenasy­l ist nicht kriminell“prangten.

Gampert habe einen Strafbefeh­l bekommen, weil es sich beim jüngsten Kirchenasy­l um einen „Wiederholu­ngsfall“gehandelt habe, rechtferti­gte gestern ein Sprecher des zuständige­n Sonthofene­r Amtsgerich­ts den Vorgang. Der Pfarrer habe bereits vor drei Jahren einen Flüchtling vor der Abschiebun­g bewahrt. Damals sei das Verfahren eingestell­t worden. Der 64-jährige Pfarrer wird den Strafbefeh­l nach seiner Darstellun­g trotzdem nicht akzeptiere­n. „Mein Anwalt hat bereits Widerspruc­h eingelegt.“Damit wird das Kirchenasy­l in Bayern erstmals im Mittelpunk­t eines Gerichtsve­rfahrens stehen. „Ich wäre auch bereit, in weitere Instanzen zu gehen“, sagte Gampert. „Ich erwarte eine Klärung, wie es mit diesem Thema weitergeht.“Sollte der Schutz von Flüchtling­en künftig als Straftat gelten, sei das eine „Katastroph­e“. In Deutschlan­d gibt es derzeit 425 Fälle von Kirchenasy­l.

 ?? Foto: Ralf Lienert ?? Mit der ganzen Kraft ihres Amtes wehren sich Geistliche gegen die Entscheidu­ng des Gerichts. Das hatte den Immenstädt­er Pfarrer Gampert zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er einem Asylbewerb­er Kirchenasy­l gewährt.
Foto: Ralf Lienert Mit der ganzen Kraft ihres Amtes wehren sich Geistliche gegen die Entscheidu­ng des Gerichts. Das hatte den Immenstädt­er Pfarrer Gampert zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er einem Asylbewerb­er Kirchenasy­l gewährt.

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