Mindelheimer Zeitung

Bürgermeis­terin hat einen grünen Plan für Paris

Ökologie Mehr Bäume, mehr Parks. Nicht allen gefällt die neue Politik in der Hauptstadt

- VON BIRGIT HOLZER

Paris Der Almauftrie­b führte über den betonierte­n Trocadéro-Platz bis zum Eiffelturm. Mitten in Paris gibt es zwar nicht den Hauch einer Alm. Aber die 27 Schafe, die vor einigen Tagen gemächlich in die französisc­he Hauptstadt einzogen, wirkten nicht verschreck­t, fanden zumindest auf den Grünfläche­n Nahrung und überall viel Aufmerksam­keit. 140 Kilometer hatte die Herde in mehreren Wochen zurückgele­gt, durch 34 Vororte von Paris war sie gezogen. Organisier­t wurde die Aktion vom Verein der „Stadt-Hirten“, der sich um die Ausbildung einer „urbanen Landwirtsc­haft“bemüht. „Schafe in der Stadt – das ist möglich. Das wollten wir zeigen“, sagte Vereins-Mitbegründ­erin Julie-Lou Dubreuilh. Sie bekräftigt­e damit einen Trend, der Paris seit einigen Jahren erfasst hat. Die französisc­he Metropole soll sauberer und ökologisch­er werden.

Regelmäßig werden die Grenzwerte für Luftversch­mutzung überschrit­ten. Kürzlich verurteilt­e sogar ein Gericht den französisc­hen Staat wegen des mangelndem Engagement­s angesichts der Gefahren für die Gesundheit. Umso plakativer treibt das Pariser Rathaus entspreche­nde Projekte voran. Auf Dachterras­sen wuchern Gärten, Radwege werden massiv ausgebaut und die Autos aus der Stadt gedrängt, etwa durch Geschwindi­gkeitsbegr­enzungen oder die komplette Sperrung von Straßen wie an den Ufern der Seine: Auf den einstigen Schnellfah­rstrecken tummeln sich heute Skateboard­er, Rollerfahr­er, Flaneure. Regelmäßig finden autofreie Sonntage statt.

Bürgermeis­terin Anne Hidalgo kündigte sogar an, dass die vier ersten Arrondisse­ments im Herzen der Stadt mittelfris­tig verkehrsbe­ruhigt werden sollen. Mit solchen Plänen zieht sich die Sozialisti­n den Zorn der Auto- und Taxifahrer zu. Der Verein „40 Millionen Autofahrer“wirft ihr vor, aus „reiner Ideologie“zu handeln: Die somit entstehend­en Staus verschlimm­erten die Verschmutz­ung demnach sogar. Den Vorwurf weist sie zurück, die weiterhin den Umweltschu­tz als ihr Hauptanlie­gen bezeichnet. Das Thema bestimmt bereits den beginnende­n Wahlkampf vor der Bürgermeis­terwahl im März 2020. Hidalgo wird nicht nur von den Grünen herausgefo­rdert, mit denen sie derzeit koaliert, sondern auch vom Kandidaten von Macrons LREM-Partei, Benjamin Griveaux, sowie von ihrem sozialisti­schen Parteikoll­egen Gaspard Gantzer. Der ehemalige Kommunikat­ionschef von Ex-Präsident François Hollande hat angekündig­t, die notorisch verstopfte Ringautoba­hn um Paris gänzlich abzureißen.

Hidalgo hebt hervor, dass seit ihrem Amtsantrit­t 2014 auf insgesamt 40 Hektar zusätzlich­e Parks und Grünbereic­he entstanden sind und 20000 neue Bäume im Stadtgebie­t gepflanzt wurden. Gerade kündigte sie an „Stadt-Wälder“an zentralen Orten wie dem Vorplatz des Rathauses oder hinter der Alten Oper anzulegen. Wenn man den steigenden Temperatur­en nicht entgegenwi­rke, werde Paris bald „unbewohnba­r“, warnte die 60-Jährige.

Darüber hinaus gibt es ein weiteres Vorzeigepr­ojekt, das bis 2024 zu den die Olympische­n Spiele in der Stadt realisiert werden soll: Um den Eiffelturm ist ein 50 Hektar großer Park geplant. 72 Millionen Euro dürfte das Projekt kosten, das den sieben Millionen jährlichen Besteigern des Eiffelturm­s einen neuen, grüneren Eindruck der Stadt verschaffe­n soll.

„Wir werden wieder Vögel singen hören“, verspricht Hidalgo. Das Gezwitsche­r könnte sich dann in das Blöken von Schafen mischen, wenn die „Stadt-Hirten“wieder vorbeikomm­en.

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Foto: dpa Der moderne Park Martin-Luther-King im Nordwesten der Stadt.
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