Steigen die Mieten bald weniger rasant?
Immobilien In großen Städten gibt es erste Anzeichen, dass die Explosion der Preise zu Ende geht. Viele Mieter können und wollen einfach nicht mehr so viel für eine Wohnung zahlen
Augsburg Mit dem rasanten Anstieg der Mietpreise in Deutschlands Großstädten könnte es bald vorbei sein. Zumindest, wenn es nach dem Immobiliendienstleister Jones Lang LaSalle (JLL) geht. Laut einer Untersuchung des Unternehmens wurde das Mietpreiswachstum deutlich gebremst.
Das Unternehmen hat die Entwicklung in Deutschlands „Big 8“untersucht – also den acht Städten, die wegen Faktoren wie dem Bevölkerungswachstum für die Immobilienbranche am interessantesten sind. Dazu zählen neben Berlin, Hamburg und München auch Köln, Frankfurt, Düsseldorf, Stuttgart und Leipzig. Das Ergebnis: Im Mittel betrug der Kostenzuwachs im ersten Halbjahr 2019 2,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Preise stiegen also weiter. Aber: Verglichen mit der Auswertung aus 2018 nicht mehr so stark. Damals war der Preis im Mittel um 4,9 Prozent gestiegen. Der Fünfjahresschnitt liegt dem Unternehmen zufolge noch höher, nämlich bei fünf Prozent.
Als Grundlage für die Untersuchung dienten 40000 Mietangebote aus den untersuchten Städten. Mögliche Gründe für den nur noch flachen Anstieg gibt es einige: Das Durchschnittseinkommen etwa stieg in den vergangenen Jahren nicht im gleichen Maße wie die Mietpreise. Dadurch wuchs die finanzielle Belastung durch Wohnkosten. Und: In den vergangenen Jahren wurden wieder mehr Wohnungen gebaut.
Eine Umkehrung des Aufwärtstrends sei aber trotzdem nicht zu erwarten, heißt es auf Nachfrage bei JLL. Es sei aber davon auszugehen, dass die Mietpreisentwicklung in den kommenden Jahren weiter abflache. Die Preise steigen nicht mehr so rasant wie bisher.
Beim deutschen Mieterschutzbund sieht man die Entwicklung dennoch mit Sorge: „Ein geringerer Preisanstieg ist trotzdem eine Verschlechterung. Aus Mietersicht ist das keine gute Nachricht“, sagt etwa Geschäftsführer Claus Deese. Er spricht von einem Verdrängungswettbewerb, der in deutschen Städten stattfinde. „Wer mehr zahlt, bekommt die Wohnung. Vor allem Familien haben darunter zu leiden.“
Das Ende der Preisspirale sieht Deese noch nicht kommen. Er befürchtet Zustände wie in den USA, wo sich zum Teil wildfremde Menschen Einzimmerwohnungen teilen müssten, weil sie sich die Miete allein nicht leisten können. „In zehn Jahren haben wir solche Verhältnisse auch in Deutschland“, warnt Deese.
Und in unserer Region? Da ist die Lage weniger eindeutig. Vor allem Augsburg hat in den vergangenen Jahren eine enorme Preissteigerung hingelegt. Die Stadt habe unter anderem wegen des starken Bevölkerungswachstums mit einer Verknappung des Mietangebots zu kämpfen – und damit mit hohen Wohnkosten, erklärt Florian Schreck, Immobilienmakler und Vorstandsmitglied des Immobilienverbands Deutschland (IVD) Süd. Zahlen des IVD machen die Entwicklung deutlich: Demnach kostete ein Quadratmeter Wohnfläche in Augsburg in einer Mietwohnung, die nach 1950 gebaut wurde, im Herbst 2017 im Schnitt 9,12 Euro. Im Frühjahr 2018 waren es bereits 28 Cent mehr. Auf längere Sicht wirkt die Entwicklung noch greifbarer: 2013 kostete ein Quadratmeter in der genannten Wohnkategorie lediglich 7,40 Euro.
Wie sich die Preise in Augsburg aktuell entwickeln werden, kann Schreck noch nicht sagen. Eine aktuelle Auswertung erscheint erst in einigen Wochen. „Ich würde das nicht pauschalisieren. Bei den Preisen kommt es immer auf die Lage und Art des Objekts an.“Es gibt also Abweichungen von Stadtteil zu Stadtteil. Andere Makler wagen erste Prognosen: Marco Geis, Inhaber des Augsburger Maklerbüros FritzImmobilien, sagt: „Ich gehe davon aus, dass die Preise weiter steigen werden. Wahrscheinlich aber nicht mehr so rasant wie bisher.“
Einen Grund dafür nennt Dennis Marzahn vom Maklerbüro Wettengl + Marzahn: „Vor rund sechs bis sieben Jahren war Augsburg für seine Verhältnisse auf einem niedrigen Preisniveau, verglichen mit anderen Großstädten. Das hat sich in den letzten Jahren angepasst“, sagt er. Die extreme Dynamik der vergangenen Jahre sei abgeflacht, der Preisanstieg normalisiere sich langsam. Eine Ursache dafür: „Bei vielen Mietern sind mittlerweile die Grenzen erreicht. Sie können und wollen nicht mehr so viel bezahlen und wandern deshalb zum Teil sogar aus den Städten ab.“
Dass die Miet- und Kaufpreise prinzipiell aber weiter steigen werden, da sind sich die Makler einig. Das gilt für die ganze Region. „Städte mit guter Verkehrsanbindung nach Augsburg oder München bleiben beliebt“, sagt Immobilienfachmann Schreck. „Dort wird es künftig teurer.“Andernorts aber könnten Mieter auf moderater steigende Preise hoffen.
Städte mit guter Anbindung bleiben beliebt