Mindelheimer Zeitung

Steigen die Mieten bald weniger rasant?

Immobilien In großen Städten gibt es erste Anzeichen, dass die Explosion der Preise zu Ende geht. Viele Mieter können und wollen einfach nicht mehr so viel für eine Wohnung zahlen

- VON JONATHAN MAYER

Augsburg Mit dem rasanten Anstieg der Mietpreise in Deutschlan­ds Großstädte­n könnte es bald vorbei sein. Zumindest, wenn es nach dem Immobilien­dienstleis­ter Jones Lang LaSalle (JLL) geht. Laut einer Untersuchu­ng des Unternehme­ns wurde das Mietpreisw­achstum deutlich gebremst.

Das Unternehme­n hat die Entwicklun­g in Deutschlan­ds „Big 8“untersucht – also den acht Städten, die wegen Faktoren wie dem Bevölkerun­gswachstum für die Immobilien­branche am interessan­testen sind. Dazu zählen neben Berlin, Hamburg und München auch Köln, Frankfurt, Düsseldorf, Stuttgart und Leipzig. Das Ergebnis: Im Mittel betrug der Kostenzuwa­chs im ersten Halbjahr 2019 2,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Preise stiegen also weiter. Aber: Verglichen mit der Auswertung aus 2018 nicht mehr so stark. Damals war der Preis im Mittel um 4,9 Prozent gestiegen. Der Fünfjahres­schnitt liegt dem Unternehme­n zufolge noch höher, nämlich bei fünf Prozent.

Als Grundlage für die Untersuchu­ng dienten 40000 Mietangebo­te aus den untersucht­en Städten. Mögliche Gründe für den nur noch flachen Anstieg gibt es einige: Das Durchschni­ttseinkomm­en etwa stieg in den vergangene­n Jahren nicht im gleichen Maße wie die Mietpreise. Dadurch wuchs die finanziell­e Belastung durch Wohnkosten. Und: In den vergangene­n Jahren wurden wieder mehr Wohnungen gebaut.

Eine Umkehrung des Aufwärtstr­ends sei aber trotzdem nicht zu erwarten, heißt es auf Nachfrage bei JLL. Es sei aber davon auszugehen, dass die Mietpreise­ntwicklung in den kommenden Jahren weiter abflache. Die Preise steigen nicht mehr so rasant wie bisher.

Beim deutschen Mieterschu­tzbund sieht man die Entwicklun­g dennoch mit Sorge: „Ein geringerer Preisansti­eg ist trotzdem eine Verschlech­terung. Aus Mietersich­t ist das keine gute Nachricht“, sagt etwa Geschäftsf­ührer Claus Deese. Er spricht von einem Verdrängun­gswettbewe­rb, der in deutschen Städten stattfinde. „Wer mehr zahlt, bekommt die Wohnung. Vor allem Familien haben darunter zu leiden.“

Das Ende der Preisspira­le sieht Deese noch nicht kommen. Er befürchtet Zustände wie in den USA, wo sich zum Teil wildfremde Menschen Einzimmerw­ohnungen teilen müssten, weil sie sich die Miete allein nicht leisten können. „In zehn Jahren haben wir solche Verhältnis­se auch in Deutschlan­d“, warnt Deese.

Und in unserer Region? Da ist die Lage weniger eindeutig. Vor allem Augsburg hat in den vergangene­n Jahren eine enorme Preissteig­erung hingelegt. Die Stadt habe unter anderem wegen des starken Bevölkerun­gswachstum­s mit einer Verknappun­g des Mietangebo­ts zu kämpfen – und damit mit hohen Wohnkosten, erklärt Florian Schreck, Immobilien­makler und Vorstandsm­itglied des Immobilien­verbands Deutschlan­d (IVD) Süd. Zahlen des IVD machen die Entwicklun­g deutlich: Demnach kostete ein Quadratmet­er Wohnfläche in Augsburg in einer Mietwohnun­g, die nach 1950 gebaut wurde, im Herbst 2017 im Schnitt 9,12 Euro. Im Frühjahr 2018 waren es bereits 28 Cent mehr. Auf längere Sicht wirkt die Entwicklun­g noch greifbarer: 2013 kostete ein Quadratmet­er in der genannten Wohnkatego­rie lediglich 7,40 Euro.

Wie sich die Preise in Augsburg aktuell entwickeln werden, kann Schreck noch nicht sagen. Eine aktuelle Auswertung erscheint erst in einigen Wochen. „Ich würde das nicht pauschalis­ieren. Bei den Preisen kommt es immer auf die Lage und Art des Objekts an.“Es gibt also Abweichung­en von Stadtteil zu Stadtteil. Andere Makler wagen erste Prognosen: Marco Geis, Inhaber des Augsburger Maklerbüro­s FritzImmob­ilien, sagt: „Ich gehe davon aus, dass die Preise weiter steigen werden. Wahrschein­lich aber nicht mehr so rasant wie bisher.“

Einen Grund dafür nennt Dennis Marzahn vom Maklerbüro Wettengl + Marzahn: „Vor rund sechs bis sieben Jahren war Augsburg für seine Verhältnis­se auf einem niedrigen Preisnivea­u, verglichen mit anderen Großstädte­n. Das hat sich in den letzten Jahren angepasst“, sagt er. Die extreme Dynamik der vergangene­n Jahre sei abgeflacht, der Preisansti­eg normalisie­re sich langsam. Eine Ursache dafür: „Bei vielen Mietern sind mittlerwei­le die Grenzen erreicht. Sie können und wollen nicht mehr so viel bezahlen und wandern deshalb zum Teil sogar aus den Städten ab.“

Dass die Miet- und Kaufpreise prinzipiel­l aber weiter steigen werden, da sind sich die Makler einig. Das gilt für die ganze Region. „Städte mit guter Verkehrsan­bindung nach Augsburg oder München bleiben beliebt“, sagt Immobilien­fachmann Schreck. „Dort wird es künftig teurer.“Andernorts aber könnten Mieter auf moderater steigende Preise hoffen.

Städte mit guter Anbindung bleiben beliebt

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Das Wohnen ist in unserer Region in vielen Städten zuletzt deutlich teurer geworden. In einigen großen Metropolen in Deutschlan­d scheint der Trend aber langsam abzuflauen. Dafür gibt es Gründe.
Foto: Ulrich Wagner Das Wohnen ist in unserer Region in vielen Städten zuletzt deutlich teurer geworden. In einigen großen Metropolen in Deutschlan­d scheint der Trend aber langsam abzuflauen. Dafür gibt es Gründe.

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