Mindelheimer Zeitung

Dem Schock folgt der Jubel

Schwimmen Turbulente­r WM-Tag für das deutsche Team: Neun Stunden nach dem ernüchtern­den Vorlauf-Aus von Florian Wellbrock schlägt Freundin Sarah Köhler silbern zu

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Gwangju Sarah Köhler ballte nach WM-Silber die Faust und winkte jubelnd ins Publikum, Florian Wellbrock feierte seine Freundin hoch oben unterm Hallendach mit Deutschlan­dfahne. Rund neun Stunden nach dem ernüchtern­den Vorlauf-Aus von Shootingst­ar Wellbrock hat die 25 Jahre alte Freistilsp­ezialistin mit der ersten Medaille für die Becken-Asse die Stimmung der deutschen WM-Schwimmer wieder aufgehellt. Mit ihrer deutschen Rekordzeit musste sich Köhler am Dienstag nur der Italieneri­n Simona Quadarella geschlagen geben. „Das hätte ich mir nie erträumt als kleines Kind, dass ich mal bei einer WM mit Silber nach Hause gehen darf“, sagte Köhler kurz nach der „sehr emotionale­n“Siegerehru­ng. Für die Magdeburge­rin war es nach Gold mit der Freiwasser-Staffel die zweite Medaille in Südkorea.

Zehn-Kilometer-Weltmeiste­r Wellbrock schien zumindest für einige Minuten sein frustriere­ndes Vorlauf-Aus verdrängt zu haben. Der 21-Jährige erwischte sportlich einen schwarzen, seine Partnerin einen Sahnetag. Auch wenn sie es zuerst nicht so wahrnahm. „Ich habe immer noch die Befürchtun­g gehabt, dass jemand von hinten angeschwom­men kommt. Aber auf der letzten Bahn wusste ich: Okay – das reicht“, sagte Köhler nach ihrem größten internatio­nalen Erfolg im Becken in klarer nationaler Bestzeit von 15:48,83 Minuten. Sie profitiera­uch vom Fehlen der Seriensieg­erin Katie Ledecky (USA), die ihren Start aus gesundheit­lichen Gründen abgesagt hatte. „Jeder hat mit Gold geliebäuge­lt, nachdem Katie das Finale abgesagt hat“, sagte Köhler erschöpft, aber lächelnd.

Die Athletensp­recherin sorgte für die erste Einzelmeda­ille einer deutschen Freistil-Frau seit Gold von Britta Steffen vor zehn Jahren. Die 1500 Meter sind im kommenden Jahr in Tokio erstmals im Olympische­n Programm der Frauen. Dementspre­chend hat Köhler auch noch lange nicht genug: „Ich hoffe, dass es nächstes Jahr nochmal schneller wird.“Zunächst einmal füllte sie das WM-Konto des Verbandes auf sieben Medaillen auf. Zu Wellbrock wollte sich Köhler nicht äußern, wünscht sich aber einen positiven Effekt auf das gesamte Team. „Ich hoffe, es pusht die ganze Mannschaft“, sagte sie. Einen Schub hat besonders Wellbrock bitter nötig. Als Vorlauf-17. war er viel zu langsam fürs Finale gewesen, hatte direkt nach dem Rennen geschockt und ratlos seine Sachen gepackt und sich zum Ausschwimm­en verzogen. Öffentlich reden wollte der Freiwasser-Champion nicht.

Im Freiwasser hatte Wellbrock geglänzt und sich anschließe­nd locker und selbstbewu­sst gezeigt. War der Druck doch zu groß? Der Magdeburge­r bekam schon das Etikett des deutschen Schwimm-Retters angeheftet, nun braucht er Hilfe. „Wir müssen sehen, dass wir ihn jetzt klarkriege­n“, sagte Berkhahn. Köhlers Erfolg kann Wellbrock zeigen, wie es geht. Auf Sun Yang, der als Achter so gerade das Finale über 800 Meter Freistil erreichte, fehlten gut fünf Sekunden.

Der umstritten­e Chinese ist weiter Thema in Gwangju. Über 200 Meter profitiert­e er von der Disqualifi­kation von Danas Rapsys aus Litauen, der als Erster angeschlag­en hatte. Sun Yang ließ sich von Fans feiern, wurde von einem Teil der Zuschauer aber auch laut ausgebuht. Bei der Siegerehru­ng pöbelte der unter Doping-Verdacht stehende Sportler gegen den Briten Duncan Scott, der ihm nicht die Hand gab. Für positive Nachrichte­n sorgen bei dieser WM die deutschen Wasserte baller. Das Team von Bundestrai­ner Hagen Stamm verpasste nach einer couragiert­en Leistung mit einer 8:10-Niederlage nur knapp den sensatione­llen Halbfinale­inzug. Ziel ist nun Olympia. - -

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Foto: dpa Sarah Köhler präsentier­t stolz Silber über 1500 Meter Freistil.

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