Unterallgäu-Studie: Einkaufserlebnis schaffen
Nahversorgung Uni Augsburg stellt Ergebnis einer Studie für den Landkreis vor und gibt Dorfläden Tipps für ihr Angebot
Unterallgäu Mal eben um die Ecke gehen und einkaufen, den Lottoschein und ein Paket für die Post abgeben, Briefmarken mitnehmen und in der Café-Ecke einen Cappuccino schlürfen: So könnte laut Dr. Markus Hilpert von der Universität in Augsburg ein gelungenes und vielseitiges Einkaufserlebnis in einem Dorfladen aussehen. Hilpert betonte bei der Ergebnispräsentation der Studie „Erfolgsfaktoren kleinerer Nahversorger im ländlichen Raum“in Erkheim, dass man das Angebot an Dienstleistungen in den Dorfläden, Bäckereien und Metzgereien erweitern müsse, damit sich mehr Kundenfrequenz einstellen kann.
Projektpartner der Studie sind der Landkreis Unterallgäu, die Industrieund Handelskammer (IHK) Schwaben, die Handwerkskammer Schwaben, der Verein ProNah und die Kreishandwerkerschaft. Große Bedeutung kommt laut Hilpert den kleinen Betrieben durch die „fußläufige Nahversorgung“und „Multifunktionalität“zu. Zudem handle es sich um Kommunikationsorte, die für eine lebendige Ortsmitte sorgen könnten.
In der Realität sieht es nach Angaben des Experten allerdings so aus, dass in den vergangenen zehn Jahren jeder dritte kleine Lebensmittelladen schließen musste. Die Lebensmitteldiscounter seien immer weiter auf dem Vormarsch. Bedroht werden die kleinen Nahversorger ihm zufolge durch große Lebensmittelfilialen auf der grünen Wiese, Online-Handel, Preisdruck und verändertes Konsumentenverhalten.
Hilpert geht davon aus, dass der Konkurrenzkampf noch härter wird. Dafür müssten sich Dorfläden, Bäcker und Metzger rechtzeitig rüsten. Es gelte daher, ein Einkaufserlebnis zu schaffen. Kardinalfehler wären hierbei unpassende Öffnungszeiten, Schwächen im Umgang mit den Kunden – beispielsweise durch schlecht geschulte Mitarbeiter – fehlende Kooperation mit Gewerbebetrieben oder ein fehlender Businessplan. Zum Businessplan erläuterte Hilpert, dass bei den Betreibern von Dorfläden oftmals großer Enthusiasmus vorhanden sei, aber wenig kaufmännisches Wissen. Er meinte, dass die Betroffenen daher rechtzeitig eine fundierte Beratung in Anspruch nehmen sollten.
Wichtig sei auch ein geeigneter Standort. Ein Dorfladen sollte zentral und gut sichtbar im Ort und an der Hauptstraße liegen sowie über ausreichend Parkplätze verfügen. Gute Frequenz bringt ihm zufolge ein multifunktionales Angebot. Als Beispiele nannte Hilpert ein Stehcafé, einen Abholservice für Medikamente in Kooperation mit einer Apotheke, einen Paketshop oder eine Lottostation. Aktuell gebe es einen eindeutigen Trend zur „NeoNoblesse“. Der Kunde wolle wieder wertgeschätzt werden. Der Inhaber selbst sollte ein Netzwerk aufbauen, in vielen Vereinen aktiv oder Mitglied sein und über eine gute Reputation verfügen.
Landrat Hans-Joachim Weirather betonte, dass Dorfläden für die Wertigkeit von Heimat und Dörfern sehr wichtig seien. Er meinte, dass jeder an sich arbeiten und sein eigenes Konsumverhalten überdenken sollte. Aus der Studie heraus sollen künftig unter Federführung des Vereins ProNah regelmäßige Netzwerktreffen der Nahversorger der Region organisiert werden. Als Leitfaden und Orientierungshilfe soll im Spätsommer die Broschüre „Nahversorgung im ländlichen Raum“herauskommen, die von der IHK angeboten wird. Zudem stellt das Landratsamt Unterallgäu eine digitale Info-Plattform für Nahversorgungsbetriebe bereit.