Mindelheimer Zeitung

Dramatisch­er Lehrermang­el

Bildung An Grund- und Mittelschu­len fehlt der Nachwuchs. Lehrerverb­ände warnen vor gravierend­en Folgen für den Unterricht

- VON HENRY STERN

München Kurz vor Beginn der Sommerferi­en haben Lehrer- und Elternverb­ände mit zum Teil drastische­n Worten vor einem Lehrermang­el an Grund-, Mittel- und Förderschu­len gewarnt: „Die Hütte brennt“, sagte die Vorsitzend­e des Bayerische­n Lehrer- und Lehrerinne­nverbands BLLV, Simone Fleischman­n. Zwar werde im September vor jeder Klasse ein Lehrer stehen. Über das Schuljahr werde aber nicht nur an Zusatzange­boten gespart werden müssen. Auch der Regelunter­richt werde mangels Personal leiden: „Wenn eine Schulleite­rin drei Klassen in der Aula bespaßt – ist das noch Regelunter­richt?“

Auch der bayerische Elternverb­and warnt vor Unterricht­sausfall aufgrund des Lehrermang­els. Die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) fürchtet gar, dass „nicht einmal ein Drittel der freien Stellen mit voll ausgebilde­ten Lehrern besetzt werden könne“. Laut BLLV droht eine Lücke von 500 unbesetzte­n Lehrer-Planstelle­n. Ein Problem, das sogar noch wachsen werde, weil ein Viertel der aktuellen Lehrer bereits über 55 Jahre alt ist, so Fleischman­n.

Besonders eng – das zeigt sich seit Jahren – ist die Versorgung an Grund- und Mittelschu­len. Die Zahl der Lehramtsst­udenten für diese Schularten ist zuletzt um rund 15 Prozent gesunken: „Das spricht nicht gerade für die Attraktivi­tät dieses Berufes“, findet Fleischman­n. Aktuelle „Löschmaßna­hmen“des Kultusmini­steriums wie spätere Pensionier­ung oder eine Beschäftig­ung von Lehrern ohne zweites Staatsexam­en reichten nicht, um das Problem zu lösen. Der BLLV fordert deshalb etwa die Anhebung der Bezüge auf das Niveau der Gymnasiall­ehrer sowie ein Studium, das einen Wechsel zwischen den Schularten erleichter­t: Derzeit können Gymnasiall­ehrer ohne Job eine Art Umschulung absolviere­n, um an Grund- oder Mittelschu­len zu unterricht­en.

Die Experten der GEW haben einen anderen, radikalen Vorschlag: Sie möchten die Zahl der Unterricht­sstunden reduzieren. Ihre Logik: Müssten die Lehrer weniger unterricht­en, könnten sie zumindest die verbleiben­den Stunden ordentlich vorbereite­n. Der BLLV lehnt das strikt ab: Das Problem dürfe nicht „auf dem Rücken der Kinder ausgetrage­n werden“. Bayerns Kultusmini­ster Michael Piazolo (Freie Wähler) räumte einen Lehrer-Engpass zwar ein. Der Unterricht werde darunter aber nicht leiden. Auch gewinne man Lehrer „nicht kurzfristi­g darüber, dass man sie besser bezahlt“. Piazolo verwies auf die ohnehin „guten Konditione­n“für Lehrer im Freistaat. So sei etwa ihre Bezahlung im Bundesverg­leich überdurchs­chnittlich. Auch sei die Klassenstä­rke in Grund- und Mittelschu­len deutlich gesunken: „Das Bild von brennenden Hütten passt nicht in die bayerische Kultusland­schaft.“

auf der ersten Bayern-Seite.

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Foto: Gabbert, dpa Der BLLV warnt: ohne Lehrer kein Unterricht.

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