Wieder Neuwahlen in Spanien?
Sozialisten finden keine Koalitionspartner
Madrid Das erhoffte Wunder blieb aus. Die Regierungsbildung in Spanien ist zunächst gescheitert. Sozialist Pedro Sánchez erhielt am Donnerstagnachmittag auch in der zweiten und entscheidenden Abstimmung über seine Kandidatur als Regierungschef nicht die erforderliche Mehrheit. Nun steuert Spanien schon wieder auf Neuwahlen zu.
Lange Gesichter auf den Parlamentsbänken der sozialdemokratisch orientierten Sozialisten: Wie schon in der ersten Abstimmung am Dienstag erhielt Sánchez nur die Stimmen der 123 sozialistischen Abgeordneten und eine weitere Stimme aus einer Regionalpartei. 155 Abgeordnete stimmten gegen ihn.
Die 42 Abgeordneten der linken Partei Unidas Podemos, mit der Sánchez bis zuletzt vergeblich über eine Koalition verhandelt hatte, enthielten sich. Genauso wie die 14 Abgeordneten der kleinen katalanischen Separatistenpartei Republikanische Linke und die Parlamentarier zweier baskischer Regionalparteien.
Bereits in der ersten Abstimmungsrunde hatte Sánchez die erforderliche absolute Mehrheit von 176 Ja-Stimmen klar verfehlt. Nun hätte die einfache Mehrheit gereicht. Aber auch an dieser Hürde scheiterte Sánchez. Er beschuldigte die Partei Podemos, in den Koalitionsgesprächen unannehmbare Forderungen erhoben zu haben. Das Problem seien weniger die politischen Inhalte gewesen, sondern deren Anspruch auf Schlüsselministerien wie das Finanzressort.
Die sozialistische Verhandlungsführerin Carmen Calvo sagte: „Sie wollten buchstäblich die ganze Regierung übernehmen.“Ihre Partei hatte Podemos das Amt des Vize-Regierungschefs angeboten, sowie die Ressorts Soziales, Gesundheit und Gleichstellung. Podemos-Chef Pablo Iglesias beklagte sich, dass „nur Linsen“offeriert worden seien und die Podemos-Politiker sich offenbar lediglich „zur Dekoration“in die Regierung einreihen sollten.
Der 47-jährige Sánchez war vor einem Jahr durch ein Misstrauensvotum gegen den Konservativen Mariano Rajoy an die Macht gekommen. Doch schon Anfang 2019 war seine Minderheitsregierung am Ende: Das Parlament lehnte den Staatshaushalt ab, deswegen musste der Sozialist im April Neuwahlen ansetzen. Die gewann er dann deutlich, holte aber keine ausreichende Mehrheit für eine Alleinregierung.
Nachdem seine parlamentarische Bestätigung als Regierungschef nun gescheitert ist, bleibt Sánchez weiter geschäftsführend im Amt. Und zwar so lange, bis es dem Parlament gelingt, einen neuen Ministerpräsidenten zu bestimmen. In den nächsten Tagen ist nun Spaniens königliches Staatsoberhaupt Felipe am Zug: Er muss entscheiden, ob er Sánchez eine zweite Chance zur Regierungsbildung gibt. Hat Spanien bis zum 23. September keine neue Regierung, ist Felipe verpflichtet, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen.