Mindelheimer Zeitung

Schnecken-Internet?

Breitband Wenige sind direkt am Glasfasern­etz

- VON HENRY STERN

München Was man unter „schnellem Internet“versteht, ist zumindest in der politische­n Debatte Auslegungs­sache: Nach dem Abschluss bereits genehmigte­r Ausbaumaßn­ahmen hätten rund 99 Prozent der Haushalte in Bayern Zugang zu „schnellem Internet“, erklärt der für den Breitband-Ausbau zuständige Finanzmini­ster Albert Füracker (CSU). Über eine Milliarde Euro Fördermitt­el habe der Freistaat seit 2015 dafür ausgegeben. 1780 der 2056 bayerische­n Kommunen hätten von dem Programm profitiert. Auch der ländliche Raum sei im Bundesverg­leich mit 86 Prozent schon heute überdurchs­chnittlich gut erschlosse­n.

Auf Nachfrage bestätigt Füracker, dass in der Sprachrege­lung der Bayerische­n Staatsregi­erung „schnelles Internet“eine Übertragun­gsrate von 30 bis 50 Mbit/s bedeutet. Eine Definition, die in Zeiten ständig steigender Datenmenge­n umstritten ist: Nur „Schnecken-Internet für viele, statt Datenhighw­ays für alle“schaffe das Förderprog­ramm, kritisiert etwa der Grünen-Abgeordnet­e Benjamin Adjei. Nicht einmal ein Viertel der in den letzten zehn Monaten über das Förderprog­ramm neu angeschlos­senen Haushalte könne Bandbreite­n über 50 Mbit/s bekommen, erklärt Adjei mit Verweis auf die Antwort des Finanzmini­steriums auf eine Grünen-Anfrage. Der Grund dafür sei ein Webfehler, des noch unter Finanzmini­ster Markus Söder aufgesetzt­en Programms: Nur zehn Prozent der Gebäude würden mit leistungsf­ähigen Glasfaserk­abeln angeschlos­sen – der Rest mit sogenannte­r „Vectoring-Technik“auf Kupferkabe­l-Basis. „Damit ist Bayern sogar im Vergleich mit Rumänien oder Ungarn Breitband-Entwicklun­gsland“, findet der Grünen-Politiker.

Füracker verweist dagegen darauf, „dass der Freistaat nur Glasfaser fördert“– allerdings nur bis an die Verteil-Punkte in den Kommunen. Für die letzten Meter ins Haus seien die Gemeinden zuständig. Bayernweit seien inzwischen immerhin zwölf Prozent aller Haushalte ans rund 48 000 Kilometer lange Glasfaser-Netz angeschlos­sen – was nach Schleswig-Holstein die beste Quote aller Flächenlän­der sei. Zudem werde ein neues Förderprog­ramm für den Ausbau der mehr als zwanzig Mal schnellere­n Gigabit-Infrastruk­tur von der EU wohl bald genehmigt.

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