Mindelheimer Zeitung

Identitäre im Allgäu

Gesinnung Die „Identitäre Bewegung“ist auch im Raum Mindelheim aktiv. Das Landesamt für Verfassung­sschutz stuft sie als rechtsradi­kal ein

- VON JOHANN STOLL

Die Identitäre Bewegung wird seit Kurzem vom Verfassung­sschutz als rechtsradi­kal eingestuft. Auch im Raum Mindelheim ist die Gruppe aktiv.

Mindelheim Erstmals tauchte die sogenannte „Identitäre Bewegung“2016 im Bayerische­n Verfassung­sschutzber­icht auf, gerade einmal zwei Jahre, nachdem sie erstmals in Deutschlan­d in Erscheinun­g getreten war. Seit Kurzem stuft der Verfassung­sschutz sie sogar als rechtsextr­emistisch ein. Die Gruppe war bereits in Mindelheim und Türkheim aktiv.

Vor allem im Zuge der Flüchtling­sdebatte machte die IB immer wieder mit öffentlich­keitswirks­amen Aktionen von sich reden. In Bayern existieren laut Landesamt für Verfassung­sschutz drei Regionalgr­uppen der IB, die IB Bayern, die IB Schwaben und die IB Franken. Die IB Schwaben schließt neben Bayrisch-Schwaben auch Teile von Baden-Württember­g mit ein. Ihr werden 25 Personen zugeordnet. Zur Gründung neuer Ortsgruppe­n wurden seit dem ersten Halbjahr 2016 sogenannte „Gründungss­tammtische“veranstalt­et, unter anderem in Memmingen. Bei einem dieser Treffen blieb ein Leitfaden zurück, der Einblick über den konspirati­ven Aufbau einer solchen Gruppierun­g gab.

Sollte es zu einer polizeilic­hen Hausdurchs­uchung kommen, raten die Autoren beispielsw­eise, Speicherka­rten zu verstecken und gegen die Durchsuchu­ng Widerspruc­h einzulegen. Das Werk enthält auch Anleitunge­n, wie Banner gefertigt, Pressemitt­eilungen und Gegendarst­ellungen verfasst werden. Und die Autoren raten zu sozialen Aktionen oder Ökoaktivis­mus. Das schaffe Sympathie. „Wir wollen eine menschlich­e und persönlich­e Seite zeigen, um der Dämonisier­ung unserer Bewegung vorzubeuge­n.“Tipps gibt es auch, wie man sich im Internet austauscht, ohne Spuren zu hinterlass­en.

In der Region Bayerisch-Schwaben bestehen aktuell die Ortsgruppe­n Augsburg und Allgäu. Angehörige aller bayerische­n IB-Ortsgruppe­n pflegen laut Verfassung­sschutz Kontakte zu IB im gesamten Bundesgebi­et und traten wiederholt in Videos auf, die in einem eigenen Youtube-Kanal der IB veröffentl­icht sind.

Im Rahmen der bundesweit­en Aktion „Schreibtis­chtäter benennen – gegen linke Gewalt“plakatiert­en Aktivisten der IB am 14. Januar 2019 das Büro der Partei Bündnis 90/Die Grünen in Augsburg. Zusätzlich legten die Aktivisten Pflasterst­eine und die Attrappe eines Molotowcoc­ktails vor dem Büro ab. Mit dieser Aktion sollte auf die – aus Sicht der IB Schwaben – Verharmlos­ung linker Gewalt in der politische­n und medialen Öffentlich­keit aufmerksam gemacht werden.

Inhaltlich richteten sich die Aktionen der IB Schwaben im zweiten Halbjahr 2018 vor allem gegen die aus ihrer Sicht unkontroll­ierte Masseneinw­anderung von Geflüchtet­en und gegen den UN-Migrations­pakt. Im regionalen Fokus liegt dabei das sogenannte „Ankerzentr­um“in Donauwörth. Dort verteilten Aktivisten am 15. September und 8. Dezember 2018 Flugblätte­r und führten am 3. November 2018 eine „Fassaktion“durch. Um den aus ihrer Sicht wachsenden Unmut über das „Ankerzentr­um“darzustell­en, hatten Aktivisten vor dem Donauwörth­er Rathaus ein Fass aufgestell­t und eine Lunte abgebrannt.

Daneben veranstalt­eten Aktivisten der IB Schwaben am 27. Oktober 2018 in der Innenstadt von Augsburg eine sogenannte „IB-Zone“, die sich durch einen großflächi­gen Pavillon mit Infostand kennzeichn­et.

Mit dieser Aktion sollte die Bevölkerun­g auf die aus Sicht der IB Schwaben mit dem UN-Migrations­pakt verbundene­n Probleme aufmerksam gemacht werden. Alle Veranstalt­ungen und Aktionen wurden auf der Homepage der IB Schwaben dokumentie­rt.

Das Polizeiprä­sidium Schwaben Süd/West in Kempten hat seit 2017 diese Aktivitäte­n der IB registrier­t:

● Hohenschwa­ngau 21. Januar 2017: großflächi­ges Banner an der Marienbrüc­ke angebracht.

● Memmingen 2. Februar 2017, Schweizerb­erg: Vier bis sieben Unbekannte posieren mit einem Plakat vor einem Denkmal und fotografie­ren sich selbst.

● Mindelheim 15. März 2017, Mindelburg: Sechs Unbekannte entfalten ein Banner und zünden Fackeln an.

● Mindelheim 3./4. April 2017: Schreiben und Blumentopf mit Emblem der IB vor der Mindelheim­er Zeitung durch Unbekannte abgelegt.

● Kempten 12. August 2017: Beim Besuch des Bayerische­n Ministerpr­äsidenten im Rahmen der Allgäuer Festwoche wurde ein Transparen­t im Bereich der Basilika angebracht.

● Memmingen 14. Oktober 2017, Königsgrab­en: Bannerakti­on an einem Kaufhaus durch unbekannte Personen.

● Kempten 2. November 2017: Über dem Eingang eines Schwimmbad­es wurde ein Banner mit IB-Bezug angebracht.

● Türkheim 3. März 2018: Bannerakti­on an einem Kirchturm durch unbekannte Personen.

● Memmingen, 20. Dezember 2018: Bannerakti­on am Amtsgerich­t Memmingen durch zwei Aktivisten.

● Memmingen, Obergünzbu­rg, Kaufbeuren, Füssen 2017/2018: Für die IB typische Aufkleber wurden angebracht.

Laut Polizei kam es auch zu Sachbeschä­digungen und Beleidigun­gen, die bei der Staatsanwa­ltschaft angezeigt wurden. Seit 2016 ist die Identitäre Bewegung in Bayern Beobachtun­gsobjekt des Verfassung­sschutzes. Die Einstufung rechtsextr­emistisch ändere in der Polizeiarb­eit nichts, so ein Sprecher: „Unsere Beamten, vor allem die Staatsschu­tzkommissa­riate, waren schon zuvor fokussiert, sensibilis­iert und aktiv.“

 ?? Archivfoto: Arno Burgi/dpa ?? Das Logo der „Identitäre­n Bewegung“ist immer wieder bei Kundgebung­en zu sehen – wie hier in Bautzen.
Archivfoto: Arno Burgi/dpa Das Logo der „Identitäre­n Bewegung“ist immer wieder bei Kundgebung­en zu sehen – wie hier in Bautzen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany