Warten auf die nächste Eiszeit
Neulich, an der Theke der Eisdiele um die Ecke. Vor mir drei Damen gehobenen Alters, die sich – so wie ich und viele andere auch – ein Eis gönnen wollen. Na, bei 30 Grad im Schatten ist das ja auch eine gute Idee ...
Hmmmmmmmm, brummt die eine. Hmmmmmm. Schoko oder Erdbeer? Hmmmmm, brummt die andere. Nimm doch Zitrone! So geht das eine Weile. Gut, dass ich mir was zum Lesen mitgenommen habe. Als ich mit Tolstois „Krieg und Frieden“durch bin, sagt die eine: Hmmmm, oder doch Vanille? Vanille schmeckt ja eigentlich immer?! Hmmmm, brummt die andere. Nun, dann schreibe ich halt noch schnell meine Memoiren, wollte ich sowieso schon immer mal machen. Kaum habe ich meine fünf Jahrzehnte Lebenserfahrung zusammengefasst, da meldet sich urplötzlich die dritte Dame: Hmmmmmm, warum nicht etwas mehr Mut? Wie wäre es denn mit Stracciatella? Darauf die beiden anderem im Chor: Hmmmmmmm ...
Hinter mir hat sich eine Traube gebildet, so groß wie beim Amtsantritt des US-Präsidenten (in dessen Wahrnehmung jedenfalls). Giovanni, der nette Eisverkäufer, hat inzwischen einen Bart wie Methusalix. Bis zur nächsten Eiszeit kann es auch nicht mehr lange dauern. Hmmmmhmmmm, brummen nun die drei Damen im Chor – und machen plötzlich auf dem Absatz kehrt. „Mir ist die Lust auf Eis vergangen. Das dauert mir zu lange hier“, empört sich die eine und die anderen nicken zustimmend. Hrrrrrrrrrmmmmmmmm, brummt es da aus tausenden Kehlen. Ich brumme nach Kräften mit. Und bestelle mir ein Schlumpfeis.