In der Kur-Dialyse gehen die Lichter aus
Medizin Für den langjährigen ärztlichen Leiter Dr. Herbert Pfaffinger konnte kein Nachfolger gefunden werden. Für die betroffenen Patienten aus Bad Wörishofen und Umgebung ist das ein Schock. Sie hatten bis zuletzt gehofft
Bad Wörishofen Die Kur-Dialyse in Bad Wörishofens Schulstraße 3 wird Ende September geschlossen. Die Hoffnung vieler betroffener Patienten, dass die Dialyse-Einrichtung doch noch gerettet werden kann, hat sich jetzt endgültig zerschlagen. Heute findet zwar ein Treffen zwischen dem Träger der Bad Wörishofer Kur-Dialyse und Vertretern der benachbarten Dialyse-Zentren statt, auf das die Patienten große Hoffnungen gesetzt hatten. Doch aus einer erhofften Übernahme, etwa als Mindelheimer „Zweigstelle“, wird nichts: Die Patienten der Kur-Dialyse müssen sich jetzt nach neuen Dialyseplätzen umsehen.
An drei Tagen in der Woche werden derzeit in der Kur-Dialyse in der Schulstraße 3 ab 6 Uhr rund 24 Patienten mit lebensbedrohlichen Nierenkrankheiten behandelt, die zwölf Dialyseplätze sind vormittags und nachmittags belegt, eine Dialysebehandlung dauert rund vier Stunden. Damit zählt die Kur-Dialyse in Bad Wörishofen im Vergleich zu den kleinen Einrichtungen.
Für die Patienten war die Nachricht von der Schließung ein Schock, die Suche nach neuen Dialyseplätzen in der Umgebung ist für viele eine große psychische Belastung. Möglichkeiten gibt es in Mindelheim, Kaufbeuren, Memmingen oder Kaufering. Für die meisten Patienten der Bad Wörishofer KurDialyse werde wohl das Dialysezentrum in Mindelheim infrage kommen, glaubt die Bad Wörishoferin Nicole Andree, die nach einer schweren Nierenerkrankung seit Jahren dreimal wöchentlich zur Dialyse muss. Seit Jahren wartet Nicole Andree vergeblich auf ein Spenderorgan (MZ berichtete).
Für sie und viele ihrer Leidensgenossen ist es noch immer nicht zu fassen, dass ihnen nun – aus ihrer Sicht zu kurzfristig – die Entscheidung mitgeteilt wurde, dass sich der langjährige ärztliche Leiter, der Internist Dr. Herbert Pfaffinger, am 30. September in den Ruhestand verabschiedet. Dass Pfaffinger sich nach mehr als 30 Jahren irgendwann zu diesem wohlverdienten Schritt entschließen werde, können die betroffenen Patienten zwar durchaus verstehen.
Für die Dialyse-Patienten ist es aber nur schwer nachzuvollziehen, dass ihnen diese Entscheidung erst Mitte Juli in einem kurzen und aus Sicht der Betroffenen unpersönlichen, zwölfzeiligen Schreiben durch den Träger, die Gemeinnützige Kur-Dialyse-Gesellschaft Bad Wörishofen, mitgeteilt wurde. „Leider war es trotz mehrjähriger Bemühungen vonseiten der Geschäftsfühund Dr. Pfaffinger nicht möglich, einen Nachfolger für unsere Einrichtung zu finden“, heißt es darin. Bis zur endgültigen Schließung werde Dr. Pfaffinger die Patienten „bei der Wahl eines geeigneten Dialysezentrums für die Weiterführung ihrer Dialysebehandlungen beraten und unterstützen“.
Am Ende des Schreibens steht der Name von Jürgen Engert in seiner Funktion als Geschäftsführer der Gemeinnützigen Kur-Dialyse-Gesellschaft Bad Wörishofen, die zur Gemeinnützigen Gesellschaft für Heimdialyse mit Sitz in Duisburg gehört, deren Geschäftsführer ebenfalls Jürgen Engert ist. Auch dass das Schreiben nicht einmal persönlich unterzeichnet war, stieß den Patienten sauer auf.
Auf Anfrage der Mindelheimer Zeitung machte Engert deutlich, wie sehr er die Schließung des Standortes in Bad Wörishofen bedauere. Engert ließ aber auch keinen Zweifel daran aufkommen, dass am Aus für die Kur-Dialyse nicht mehr zu rütteln ist. Er und auch Pfaffinger hätten sich seit Jahren „intensiv“darum bemüht, einen ausgebildeten Nephrologen zu finden, der die Kur-Dialyse in Bad Wörishofen weiterführt: „Es gab keine Möglichkeiten, leider“, sagt Engert. Dass den Patienten das Aus für die KurDialyse in Bad Wörishofen erst jetzt schriftlich mitgeteilt wurde, lag laut Engert daran, dass er bis zuletzt noch Verhandlungen für eine Übernahme geführt habe, die sich letztlich aber auch zerschlagen hatten.
Was mit den fünf Mitarbeiterinnen der Kur-Dialyse passieren wird, ist laut Engert noch offen. Er ist zuversichtlich, dass die hoch qualifizierten Fachkräfte alle in nahe liegenden Dialyse-Einrichtungen eine neue Anstellung finden werden.
Bis zuletzt hatten die betroffenen Patienten gehofft, dass eine Übernahme der Bad Wörishofer KurDialyse möglich sein könnte, als „Wunschpartner“wurde dabei von den Patienten das Dialysezentrum Mindelheim genannt.
Doch wie Dr. Hendrik Witsch auf Anfrage der MZ mitteilte, scheiterte dies an den personellen Möglichkeiten, unter anderem aber auch an den schwierigen Verhandlungen mit der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung, den Krankenkassen und auch an der Rechtsform des bisherirung gen Trägers der Kur-Dialyse als gemeinnützige Gesellschaft. Für ihn ist es aber ganz besonders wichtig zu betonen, dass die betroffenen Patienten aus Bad Wörishofen und Umgebung alle einen Dialyse-Platz in Mindelheim finden werden. Er wisse sehr wohl, wie schwer eine solche Veränderung für die lebensbedrohlich kranken Dialyse-Patienten ist, so Witsch. Deshalb werden er und seine niedergelassenen Kollegen im Dialyse-Zentrum in der Bad Wörishofer Straße 39 in Mindelheim alles daran setzen, dass die Patienten aus Bad Wörishofen eine bestmögliche Versorgung finden.
Dies werde zwar nicht ohne Erweiterungen der Kapazitäten in Mindelheim gehen, wo bislang rund 70 Dialyse-Patienten betreut werden: „Alle Patienten aus Bad Wörishofen und Umgebung können bei uns versorgt werden“, beruhigt Witsch. Deshalb soll eine zusätzliche Schicht eingezogen werden, so die bisherige Planung. Dabei müsse natürlich auf die Befindlichkeiten, Möglichkeiten und Gewohnheiten der Patienten aus Bad Wörishofen ebenso wie die der Bestands-Patienten in Mindelheim größtmögliche Rücksicht genommen werden, betont Witsch. Ohne Veränderungen werde es für die betroffenen Patienten aber wohl nicht abgehen, schränkt Witsch ein: „Wir können leider auch nicht jedem Patienten immer den Wunschplatz anbieten.“Jetzt gelte es eben für alle Beteiligten, sich „auf die neue Situation“einzustellen. Wie viele der bisherigen Patienten aus Bad Wörishofen letztlich wirklich nach Mindelheim wechseln werden, sei noch offen. Dies hänge auch von der Übernahme der Fahrkosten durch die jeweiligen Krankenkassen ab. Eine komplette Schließung eines DialyseZentrums wie jetzt in Bad Wörishofen sei „sehr ungewöhnlich“, und komme in der Branche wohl nur äußerst selten vor, räumt Witsch ein. Das Dialysezentrum Mindelheim werde sich in den nächsten Tagen direkt an die Patienten der Bad Wörishofer Kur-Dialyse wenden und sie zu einem „Tag der offenen Tür“nach Mindelheim einladen.
Nicole Andree hat sich auch an Bad Wörishofens Bürgermeister Paul Gruschka gewendet und um Hilfe gebeten. Immerhin verbringen laut Andree ja auch 40 bis 50 Dialysepatienten ihren Urlauber nur deshalb ihre Ferien hier, weil es in der Kneippstadt eine Dialyse gebe. „Vielleicht haben Sie mehr Einfluss als wir Patienten, die sang und klanglos abgeschoben werden“, schreibt Andree an den Bad Wörishofer Rathauschef. Gruschka will prüfen, inwieweit die Stadt Bad Wörishofen hier helfen kann.
„Vielleicht haben Sie mehr Einfluss als wir Patienten, die sang- und klanglos abgeschoben werden.“Dialyse-Patientin Nicole Andree
zu Bürgermeister Gruschka