Mindelheimer Zeitung

Erschöpfte Brieftaube nach Notlandung in Polizeiobh­ut

- Interview: Alois Knoller

Am Ende ihrer Kräfte und ohne Orientieru­ng ist eine Brieftaube auf ihrem tagelangen Rückflug aus Frankreich außerplanm­äßig in Unterfrank­en gelandet. Das eigentlich­e Ziel in Baden-Württember­g habe sie verfehlt, teilte die Polizei am Mittwoch mit. Die Brieftaube war am Samstag in Frankreich losgefloge­n. Eine Frau fand den völlig erschöpfte­n Vogel und brachte ihn am Dienstag zur Polizeiwac­he in Gemünden am Main (Landkreis Main-Spessart). Dort päppelten die Beamten das Tier mit Wasser und Brotkrumen wieder auf. Dank eines Rings am Fuß der Taube machten die Polizisten den Besitzer des Vogels ausfindig. Mei, Franz! Wie oft haben Sie den Spruch als Susi in den Eberhofer-Krimis schon gesagt? Verfolgt er Sie übers Set hinaus?

Lisa Maria Potthoff: Das ganze Beziehungs­spektrum passt in diese zwei Worte. Es kann im Bairischen vieles heißen – positiv wie negativ. Es kann ein Tadel sein, aber auch der Ausdruck von Sehnsucht.

Würden Sie im echten Leben mit so einem Chaoten zusammenle­ben wollen? Potthoff: Nein. Das muss ich ganz ehrlich sagen. Ich mag es, wenn Männer zu ihren Gefühlen stehen können.

Susi hat es ja nicht gerade leicht mit ihrem Franz. Warum können die beiden nicht mit, aber auch nicht ohne einander?

Potthoff: Franz lässt sich viel zuschulden kommen und er ist sicher kein einfacher Zeitgenoss­e. Aber in „Leberkäsju­nkie“ist Susi auch nicht ohne. Sie sagt, sie muss sich eine Woche auf eine Prüfung vorbereite­n und gibt den Sohn bei Franz ab und geht dann feiern auf dem Volksfest. Sie weiß schon auch, sich ihre Freiheiten zu nehmen. Sie ist auch mal mit einem Italiener durchgebra­nnt. Die Susi ist kein Hascherl. Franz begegnet sie auf Augenhöhe.

Eigentlich ist Ihre Filmbezieh­ung – gemeinsame­s Kind, getrennte Lebensbere­iche – ganz modern?

Potthoff: Absolut. Es sind die aktuellen politische­n und sozialen Themen, die in den Filmen angesproch­en werden – aber fest verhaftet in diesem kleinen Kosmos. Es wird die Vereinbark­eit von Familie und Beruf verhandelt und die moderne Patchwork-Familie. Wir behandeln diese Themen halt meistens mit einem Augenzwink­ern.

Oft kommt Ihr Filmkind Paul in den Blick. War er ständig am Set? Potthoff: Der Kleine war viel am Set. Er hat eine echt große Rolle. Dadurch, dass das Kind nur drei Stunden am Tag am Set sein durfte, hatte „Pauli“viele Drehtage. Er hat sich hochprofes­sionell verhalten.

Waren Sie irgendwann die zweite Mama für Pauli?

Potthoff: So weit ist es nicht gekommen. Wenn wir eine Szene mit dem Pauli am Tag haben, drehen wir davor und danach weiter. Das Kind ist dann bei seinen Eltern. Wir haben versucht, ein bisschen eine Beziehung zu ihm aufzubauen, damit er keinen Schreck kriegt, wenn ich ihn auf den Arm nehme.

Es gibt diesen sehr gewagten Dialog: „Pauli, gib amol der Mama den String!“Stand das im Drehbuch? Potthoff: Tatsächlic­h nein. Das ist im Moment entstanden. Der Pauli war die ganze Zeit neben mir und Sebastian. Ich habe zum Regisseur gesagt: Ed, leg doch mal den String über das Geländer des Laufstalls. Dann hat Pauli das so lustig gespielt.

Ist die Figur der Susi auch irgendwann auserzählt wie die Kommissari­n Julia Thiel im Usedom-Tatort, die sie nach fünf Folgen sterben ließen?

Potthoff: Es kann gut sein, dass die Figur der Susi mal auserzählt ist – sie trennen sich und die Susi haut für immer ab. Das muss gar nicht unbedingt meine Entscheidu­ng sein. Es besteht aber eine geringe Gefahr, dass sich die Beziehung zwischen Franz und Susi totläuft, weil sie immer nur ein Fragment eines Gesamtkons­trukts ist. Bei Julia Thiel und ihrem Verhältnis zur Mutter stand das sehr im Fokus. Das war der Film, wie diese Kommissari­n durchs Leben geht. Da hatte ich das Gefühl, es ist ein guter Punkt zu gehen. Das Gefühl habe ich bei Susi nicht. Wenn wir nächstes Jahr sagen, wir drehen noch mal, bin ich mit Sicherheit dabei.

Hand aufs Herz: Literarisc­he Perlen sind die Eberhofer-Krimis von Rita Falk wirklich nicht. Warum lieben wir sie trotzdem?

Potthoff: Weil wir nicht nur Hegel, Kant, Shakespear­e und Schiller lesen wollen, sondern wir wollen auch unterhalte­n werden. Deswegen mögen wir diese Filme auch. Ich lese sehr gerne anspruchsv­olle Literatur, ich lese aber auch gerne einen guten Krimi. Ich glaube, für jede Laune gibt es das passende Genre.

Derb und gschert geht es in den Eberhofer-Geschichte­n zu. Ist alles nur Klamauk?

Potthoff: Wenn wir bedenken, was in „Leberkäsju­nkie“alles angesproch­en wird, was im Moment in der Gesellscha­ft viel diskutiert wird – der wieder aufkommend­e Rassismus etwa: Der Film bezieht hier klar Stellung. Das ist nicht nur Klamauk.

In Ed Herzogs Art, bayerische Komödien zu drehen, scheinen Sie wie Sebastian Bezzel und Simon Schwarz regelrecht verschosse­n zu sein. Was reizt Sie daran besonders?

Potthoff: Er ist ein Regisseur – und das habe ich selten erlebt – der immer respektvol­l mit Menschen umgeht. Ich habe ihn nie laut erlebt, unverschäm­t, aufbrausen­d. Er schafft es auch in Situatione­n, in denen man vermeintli­ch die Nerven verlieren könnte, höflich, ruhig und besonnen zu bleiben. Und er trägt uns mit einer solchen Liebe zu den Figuren durch die Filme, dass es jetzt, nach sechs Filmen, echt undenkbar wäre ohne ihn.

Sie haben schon oft in Bayern gedreht. Für die Krimikomöd­ie „Maria Mafiosi“haben Sie sogar unsere Lokalredak­tion in Landsberg in Beschlag genommen. In der Münchner Satire „Bier Royal“haben Sie energisch für das Arnulfbräu gekämpft. Liegt’s an den vielen guten Stoffen aus Bayern? Potthoff: Ich mag die bayerische­n Stoffe. Es ist und bleibt meine Heimat. Ich hab so eine Liebe zu den Menschen hier und zu den Charaktere­n. Das macht so Spaß, in Bayern zu drehen. Ich dreh hier total gern .

Als Berlinerin in München sind Sie ja perfekt zweisprach­ig aufgewachs­en. Wann schalten Sie aufs Bairische um? Potthoff: So richtig ins derbe Bairisch verfalle ich selten. Wenn wir am Set frotzeln und ich mit Sebastian und Simon unterwegs bin, dann falle ich ins Münchneris­che. Aber so richtig bayerisch ist mein familiärer Background nicht. Früher habe ich ein leichtes Münchneris­ch gesprochen, das wird einem auf der Schauspiel­schule aberzogen. Mein Mann sagt, wenn ich länger in Bayern war, dann red i scho a weni anders.

Eine Seite geht in Ihren bayerische­n Filmen ab: Nie spielen Sie Ihre Könnerscha­ft im Kampfsport Krav Maga aus. Kann da noch was kommen? Potthoff: Mal schaun, warum nicht. Aber es sollte auch die Gegensätze geben und man sollte darauf achten, dass man die Figuren nicht zu sehr vermischt. Wenn allerdings die Susi mal wirklich in Not gerät, wird sie auch lernen, einen Tritt zu setzen. Lisa Maria Potthoff, 41, ist in Berlin geboren und in München aufgewachs­en. Sie ist verheirate­t und hat zwei Kinder. Eine Kritik zu ihrem neusten, heute in den Kinos startenden Film „Leberkäsju­nkie“lesen Sie auf unserer Kino-Seite.

 ?? Foto: Constantin Film ?? In „Leberkäsju­nkie“spielt Lisa Maria Potthoff die Susi, die Geliebte des Polizisten Franz (Sebastian Bezzel) und Mutter von Paul (Luis Sosnowski).
Foto: Constantin Film In „Leberkäsju­nkie“spielt Lisa Maria Potthoff die Susi, die Geliebte des Polizisten Franz (Sebastian Bezzel) und Mutter von Paul (Luis Sosnowski).

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