Wie macht man Bahnhöfe sicherer?
Verkehr In vielen Ländern gibt es Vorkehrungen, damit Passagiere nicht so leicht ins Gleisbett stürzen können. Was ein Verkehrsexperte davon hält und welchen Vorschlag er für praktikabel hält
Frankfurt am Main Lassen sich tödliche Attacken auf einem Bahnsteig wie die am Frankfurter Hauptbahnhof verhindern – und wenn ja, wie? Nach dem Tod des achtjährigen Jungen am Montag wird darüber diskutiert. Es gibt drei relativ gängige Vorgehensweisen, die teilweise schon in anderen Ländern Anwendung finden. Der Verkehrsexperte Professor Heiner Monheim, früher tätig an der Universität Trier und dort nun Inhaber des Raumkom-Instituts für Raumentwicklung und Kommunikation, hat aber noch einen eigenen Vorschlag zur Lösung des Problems, wie er im Gespräch mit unserer Redaktion am Mittwoch sagte.
● Absperrungen mit hohen Glasscheiben oder Sicherheitsbarrieren In großen Metropolen Chinas oder Japans sind viele Bahnsteige mit Glasabsperrungen und Glastüren von den Gleisen getrennt. Die Türen befinden sich oft millimetergenau dort, wo sich die Türen der Züge befinden, wenn sie anhalten – und sich in der Regel automatisch. „Ein solches System bei uns einzuführen, wäre extrem teuer und aufwendig“, sagt Monheim. „Deshalb wäre das in Deutschland wohl nur für Großstadtbahnhöfe denkbar.“Die Bahn habe aber derzeit auch noch ganz andere Probleme. Es gebe hierzulande ja noch nicht einmal eine einheitliche Bahnsteighöhe. Insofern sei ein solcher Vorschlag unrealistisch.
● Zugangsbeschränkungen auf Bahnsteigen Den Zugang zu Bahnsteigen zu erschweren, würde zumindest eine gewisse Hürde für manche Täter darstellen. Auf größeren Bahnhöfen vieler Länder wie Italien, Spanien oder Großbritannien ist das Betreten eines Bahnsteigs nur mit einem gültigen Ticket gestattet. Gesteuert wird das teils mit Drehkreuzen, die den Zugang verwehren, wenn man keine Fahrkarte hat. Eine solche Infrastruktur wäre aber sehr teuer. „In Deutschland gab es bis in die 1950er Jahre zudem die Bahnsteigkarte“, sagte Monheim. „Doch das würde niemanden davon abhalten, einen Bahnsteig zu betreten.“In Israel werden Koffer sogar mit Metalldetektoren untersucht. „Der Aufwand wäre wohl unverhältnismäßig. Am Ende dauert es 30 Minuten, bis wir einen Zug betreten können. Es ist die Frage, ob wir das wollen.“
● Bahnsteigaufsichten „Das würde sicher einiges helfen“, meint Monheim. Wachpersonal auf den Bahnsteigen könnte die Sicherheit erhöhen. Früher habe es das oft gegeben. „Heute ist das Personal auf den Bahnsteigen vor allem mit Serviceaufgaben betraut.“Außerdem wäre Sicherheitspersonal kostenintensiv, die Bahn fährt aber aus Wirtschaftlichkeitsgründen einen Sparkurs. Insofern sei nicht mit dem Aufbau von Sicherheitspersonal zu rechnen.
● Der abgeschrankte Bahnsteig Monheim hat einen einfachen Vorschlag, der aus seiner Sicht am ehesten in Deutschland finanzieröffnen bar und realisierbar wäre. Auf Bahnsteigen wird ein etwa 1,20 Meter hoher einfacher Zaun angebracht. Aber nicht direkt an der Kante des Steigs, sondern gut einen bis 1,50 Meter davor. Unterbrochen wird der Zaun von Türen oder Schranken, deren Abstand zueinander in etwa dem üblichen Abstand der Zugtüren zueinander entspricht. Die Türen und Schranken müssen die Passagiere selbst öffnen – und sie sollen das erst dann tun, wenn der Zug anhält. Erst dann betreten die Fahrgäste den Bereich
zwischen Zaun und Zug.
„Das Ganze muss sich natürlich erst einspielen. Aber der normale Fahrgast hält sich bis zum Halten des Zuges in der Regel hinter dem Zaun auf – und kann deshalb nicht einfach auf die Gleise gestoßen werden.“Solche Zäune könnten nach und nach aufgebaut werden. Bei Autobahnen habe man das ja auch gemacht. „Hundertprozentige Sicherheit gibt das trotzdem nicht“, sagt Monheim. Aber sicherer würden Bahnhöfe auf diese Weise trotzdem.