Mindelheimer Zeitung

Plötzlich reich

Der unverhofft­e Charme des Geldes Unterhalts­ame Kritik am Kapitalism­us

- VON ANDRÉ WESCHE

Eben noch hat der Kurierfahr­er Pierre-Paul Daoust (Alexandre Landry) seiner Ex-Freundin eloquent und nachvollzi­ehbar erklärt, warum er viel zu intelligen­t ist, um jemals Reichtum zu erlangen. Nun steht der studierte Philosoph aus Montreal vor zwei Sporttasch­en, die prall mit Banknoten gefüllt sind. Zwei der dazugehöri­gen Ganoven haben sich gegenseiti­g das Licht ausgeknips­t, der dritte suchte das Weite. Als die Gesetzeshü­ter am Tatort eintreffen, ist das Geld in seinem Transporte­r verschwund­en.

Nach außen hin lebt Pierre-Paul seinen gewohnten Alltag weiter. Er fährt Pakete aus und verbringt seine Freizeit in der Armenküche, wo er Obdachlose­n Essen und Kleidung ausgibt. Nur einer einzigen Versuchung vermag Pierre-Paul nicht zu widerstehe­n. Als er auf der Suche nach käuflicher Liebe im Internet auf die wunderschö­ne Edel-Kurtisane Aspasia (Maripier Morin) stößt, versichert er sich ihrer Dienste. Der Polizei bleibt die teure Anschaffun­g ebenso wenig verborgen wie die Kontaktauf­nahme zu dem ergrauten Rocker Sylvain „The Brain“Bigras (Rémy Girard), einem Finanzexpe­rten, der eben aus der Haft entlassen wurde. Die Schlinge um den bislang unbescholt­enen Bürger zieht sich zu.

Immer wieder bringt der kanadische Filmemache­r Denys Arcand („Die Invasion der Barbaren“) in seinen Werken Ekel vor dem Kapitalism­us amerikanis­cher Prägung zum Ausdruck, und zwar auf sehr unterhalts­ame Weise. Auch „Der unverhofft­e Charme des Geldes“hat alles, was Spaß macht. Der Streifen ist durchweg spannend. Er ist brutal, wenn es die Authentizi­tät verlangt und sexy, ohne je ordinär zu werden. Der unterschwe­llige Humor versiegt nie. Ob man am Ende auch diesmal die kleinen Fische hängt und die großen laufen lässt, erfährt man im Kino.

» Der unverhofft­e Charme des Geldes

(2 Std. 9 Min.), Thriller, Kanada 2018 Wertung ★★★✩✩

 ?? Foto: MFA ?? Aspasia (Maripier Morin) und PierrePaul (Alexandre Landry).
Foto: MFA Aspasia (Maripier Morin) und PierrePaul (Alexandre Landry).

Newspapers in German

Newspapers from Germany