Uneins über Klinikfusion
Gesundheit I Warum die Memminger SPD-Stadträte die geplante Fusion kritisieren und wer in ihren Augen die Leidtragenden sind
SPD-Vertreter im Unterallgäu und in der Stadt Memmingen sind uneins über die Fusion der Unterallgäuer Kliniken mit dem Oberallgäu. Mehr auf
Landkreis Der langjährige Memminger Stadtrat und frühere Landtagsabgeordnete der SPD, Herbert Müller, sieht den angestrebten Zusammenschluss der Unterallgäuer Kliniken mit dem Oberallgäu und Kempten sehr kritisch. Er fürchtet, die Patienten werden die Zeche bezahlen. Auf sie würden künftig lange Wege zukommen. Die Klinikfusion hält Müller im Interesse der Bevölkerung für einen Fehler. Sein SPD-Stadtratskollege Hans-Martin Steiger, zugleich dritter Bürgermeister Memmingens, teilt die Sicht Müllers.
Memmingen sei in den vergangenen Jahren „mit gutem Willen und mit Fairness von Anfang an in die Gespräche über einen Zusammenschluss mit dem Unterallgäu gegangen“, sagte Müller im Gespräch mit der MZ. Das Klinikum Memmingen sei mit seinen hoch qualifizierten Hauptabteilungen und den vielen zertifizierten Zentren als eigenständiges Haus in der Trägerschaft der Stadt auch ohne Fusion mit einer anderen Klinik zukunftsfähig. Das habe jüngst auch die Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung zum Krankenhauswesen in Deutschland bestätigt (wir berichteten).
Memmingen als zweitgrößtes Klinikum in Schwaben zähle zum Rückgrat einer zukunftsorientierten Krankenhausversorgung. Daneben ist es Lehrkrankenhaus der LudwigMaximilian-Universität München. Das gilt übrigens seit mehr als sechs Jahren auch für das Kreisklinikum Mindelheim.
Das Klinikum Memmingen sei ein Haus der höheren VersorgungsstufeIII und versorge zuverlässig Stadt und Region Memmingen, dazu auch Teile aus Baden-Württemberg und angrenzender bayerischer Landkreise. Aufgrund seiner Größe sei es auch in Zukunft für eine Versorgung von über 200.000 Patienten „unverzichtbar“, so Müller und Steiger.
Um das zu gewährleisten, seien geplante bauliche Maßnahmen schnellstens umzusetzen. Müller sieht dies am bestehenden Standort für machbar und sinnvoll an. Dazu zählt auch, die Parksituation zu verbessern. Auch im Personalbereich gelte es, den exzellenten Status mit hoch qualifizierten Medizinern, Pflegekräften und allen anderen Bereichen zu stärken. „Der sichere Arbeitsplatz am Ort ist ebenso wichtig wie eine qualifizierte Krankenpflegeschule.“
Das Memminger Klinikum habe eine Fülle an Kooperationen mit regionalen Kliniken wie Kempten, Sonthofen, Kaufbeuren und den Kreiskliniken Unterallgäu. Diese sollten auch ausgebaut werden. „Die Stadt Memmingen habe es aber stets abgelehnt und steht auch weiterhin dazu, Fusionen oder andere Zusammenschlüsse nur aus politischen Gründen zu verfolgen“, betonen die beiden Sozialdemokraten. Im Vordergrund müssten immer Verbesserungen für die Patienten wie besondere medizinische oder pflegerische Vorteile stehen.
Ein medizinisches Gesamtkonzept vor einem Fusionsvertrag, „wie wir dem Unterallgäu vorgeschlagen haben“, hätte verhindert, die „Katze
Memmingen Arroganz vorzuwerfen, sei ungerecht
im Sack“kaufen zu müssen. Der jetzt vom Unterallgäu eingeschlagene Weg löse Ängste bei Patienten im Landkreis aus, weil unklar ist, wie weit sie bei einem Notfall fahren müssten. Auch Ärzte und Pflegepersonal sowie Verwaltung seien in Sorge. Was werde alles verlagert, verändert, abgezogen?
Es sei zutiefst ungerecht, so Müller, Memmingen Arroganz vorzuhalten. Landrat Hans-Joachim Weirather hält Müller vor, den Memminger Oberbürgermeister gedemütigt zu haben. Schilder hatte den Mehrheitsbeschluss des Stadtrates Memmingen Weirather zur Kenntnis gebracht, dass Memmingen mit einem Kräfteverhältnis von 50 zu 50 bei einer Fusion mit dem Unterallgäu einverstanden wäre. Das lehnte Weirather ab und sagte, jetzt werde mit dem Oberallgäu und Kempten ein Zusammenschluss angestrebt.
Für ein Gesamtkonzept der Kliniken Allgäu gelte es, lange Wege für die Patienten zu verhindern, betont Müller. Das widerspreche einer nachhaltigen, ökologisch und ökonomisch orientierten Infrastrukturpolitik. Herbert Müller stört sich auch an der Eile. Die Bürger sollten die Chance haben, den Landratskandidaten auf den Zahn zu fühlen. Die Fusion sollte deshalb nicht übers Knie gebrochen werden.