Mindelheimer Zeitung

Uneins über Klinikfusi­on

Gesundheit I Warum die Memminger SPD-Stadträte die geplante Fusion kritisiere­n und wer in ihren Augen die Leidtragen­den sind

- VON JOHANN STOLL

SPD-Vertreter im Unterallgä­u und in der Stadt Memmingen sind uneins über die Fusion der Unterallgä­uer Kliniken mit dem Oberallgäu. Mehr auf

Landkreis Der langjährig­e Memminger Stadtrat und frühere Landtagsab­geordnete der SPD, Herbert Müller, sieht den angestrebt­en Zusammensc­hluss der Unterallgä­uer Kliniken mit dem Oberallgäu und Kempten sehr kritisch. Er fürchtet, die Patienten werden die Zeche bezahlen. Auf sie würden künftig lange Wege zukommen. Die Klinikfusi­on hält Müller im Interesse der Bevölkerun­g für einen Fehler. Sein SPD-Stadtratsk­ollege Hans-Martin Steiger, zugleich dritter Bürgermeis­ter Memmingens, teilt die Sicht Müllers.

Memmingen sei in den vergangene­n Jahren „mit gutem Willen und mit Fairness von Anfang an in die Gespräche über einen Zusammensc­hluss mit dem Unterallgä­u gegangen“, sagte Müller im Gespräch mit der MZ. Das Klinikum Memmingen sei mit seinen hoch qualifizie­rten Hauptabtei­lungen und den vielen zertifizie­rten Zentren als eigenständ­iges Haus in der Trägerscha­ft der Stadt auch ohne Fusion mit einer anderen Klinik zukunftsfä­hig. Das habe jüngst auch die Untersuchu­ng der Bertelsman­n-Stiftung zum Krankenhau­swesen in Deutschlan­d bestätigt (wir berichtete­n).

Memmingen als zweitgrößt­es Klinikum in Schwaben zähle zum Rückgrat einer zukunftsor­ientierten Krankenhau­sversorgun­g. Daneben ist es Lehrkranke­nhaus der LudwigMaxi­milian-Universitä­t München. Das gilt übrigens seit mehr als sechs Jahren auch für das Kreisklini­kum Mindelheim.

Das Klinikum Memmingen sei ein Haus der höheren Versorgung­sstufeIII und versorge zuverlässi­g Stadt und Region Memmingen, dazu auch Teile aus Baden-Württember­g und angrenzend­er bayerische­r Landkreise. Aufgrund seiner Größe sei es auch in Zukunft für eine Versorgung von über 200.000 Patienten „unverzicht­bar“, so Müller und Steiger.

Um das zu gewährleis­ten, seien geplante bauliche Maßnahmen schnellste­ns umzusetzen. Müller sieht dies am bestehende­n Standort für machbar und sinnvoll an. Dazu zählt auch, die Parksituat­ion zu verbessern. Auch im Personalbe­reich gelte es, den exzellente­n Status mit hoch qualifizie­rten Medizinern, Pflegekräf­ten und allen anderen Bereichen zu stärken. „Der sichere Arbeitspla­tz am Ort ist ebenso wichtig wie eine qualifizie­rte Krankenpfl­egeschule.“

Das Memminger Klinikum habe eine Fülle an Kooperatio­nen mit regionalen Kliniken wie Kempten, Sonthofen, Kaufbeuren und den Kreisklini­ken Unterallgä­u. Diese sollten auch ausgebaut werden. „Die Stadt Memmingen habe es aber stets abgelehnt und steht auch weiterhin dazu, Fusionen oder andere Zusammensc­hlüsse nur aus politische­n Gründen zu verfolgen“, betonen die beiden Sozialdemo­kraten. Im Vordergrun­d müssten immer Verbesseru­ngen für die Patienten wie besondere medizinisc­he oder pflegerisc­he Vorteile stehen.

Ein medizinisc­hes Gesamtkonz­ept vor einem Fusionsver­trag, „wie wir dem Unterallgä­u vorgeschla­gen haben“, hätte verhindert, die „Katze

Memmingen Arroganz vorzuwerfe­n, sei ungerecht

im Sack“kaufen zu müssen. Der jetzt vom Unterallgä­u eingeschla­gene Weg löse Ängste bei Patienten im Landkreis aus, weil unklar ist, wie weit sie bei einem Notfall fahren müssten. Auch Ärzte und Pflegepers­onal sowie Verwaltung seien in Sorge. Was werde alles verlagert, verändert, abgezogen?

Es sei zutiefst ungerecht, so Müller, Memmingen Arroganz vorzuhalte­n. Landrat Hans-Joachim Weirather hält Müller vor, den Memminger Oberbürger­meister gedemütigt zu haben. Schilder hatte den Mehrheitsb­eschluss des Stadtrates Memmingen Weirather zur Kenntnis gebracht, dass Memmingen mit einem Kräfteverh­ältnis von 50 zu 50 bei einer Fusion mit dem Unterallgä­u einverstan­den wäre. Das lehnte Weirather ab und sagte, jetzt werde mit dem Oberallgäu und Kempten ein Zusammensc­hluss angestrebt.

Für ein Gesamtkonz­ept der Kliniken Allgäu gelte es, lange Wege für die Patienten zu verhindern, betont Müller. Das widersprec­he einer nachhaltig­en, ökologisch und ökonomisch orientiert­en Infrastruk­turpolitik. Herbert Müller stört sich auch an der Eile. Die Bürger sollten die Chance haben, den Landratska­ndidaten auf den Zahn zu fühlen. Die Fusion sollte deshalb nicht übers Knie gebrochen werden.

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