Mindelheimer Zeitung

Trumps zweite Wahl

Porträt Kelly Craft ist die neue UN-Botschafte­rin der USA, doch eigentlich wollte Donald Trump eine andere. Kritiker werfen ihr mangelnde Erfahrung vor

- Jonathan Mayer

Eine Wunschkand­idatin war Donald Trumps Neue nicht. Sie war nur die zweite Wahl. Trotzdem übernimmt Kelly Knight Craft den Posten der UN-Botschafte­rin für die USA. Trump schlug sie vor, der Kongress segnete seine Entscheidu­ng ab.

Eigentlich sollte an ihrer Stelle Heather Nauert sitzen. Die lehnte im Februar jedoch überrasche­nd ab. Über Craft wiederum, die den Posten nach siebenmona­tiger Vakanz übernimmt, ist wenig bekannt. Bisher geriet sie nur selten ins Scheinwerf­erlicht internatio­naler Politik. Seit Juni 2017 hatte sie als erste Frau überhaupt das Amt der US-Botschafte­rin in Kanada inne. Ernannt worden war die heute 57-Jährige auch damals von Trump.

Zuvor hielt sie sich eher im Hintergrun­d auf, spendete teils immens hohe Geldsummen für politische

Zwecke, überwiegen­d an die Republikan­ische Partei. Trumps Wahlkampf 2016 etwa unterstütz­ten sie und ihr Mann laut New York Times mit knapp zwei Millionen Dollar.

Craft, schulterla­nges blondes Haar und stets förmlich gekleidet, stammt aus Kentucky. Ihr Vater war Tierarzt – und im Gegensatz zu seiner Tochter waschechte­r Demokrat. Für seine Partei engagierte er sich sogar als Vorsitzend­er eines Ortsverban­des. Tochter Kelly brach mit den politische­n Überzeugun­gen des Vaters. Seit 2016 ist sie mit

Joe Craft verheirate­t, dem CEO von Alliance Ressource Partners, dem drittgrößt­en Kohleunter­nehmen im Osten der USA.

In ihrem neuen Amt weht ihr schon jetzt heftiger Wind entgegen, vor allem vonseiten der Demokraten. Im Vordergrun­d der Kritik steht ihre vermeintli­ch mangelnde Qualifikat­ion. Besonders ein Vorwurf steht im Raum: Von den 20 Monaten als Botschafte­rin in Kanada verbrachte sie nachweisli­ch 300 Tage im Ausland. Es gab Monate, in denen sie mehr fort als an ihrem Arbeitspla­tz war. Craft selbst lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Als sie während der Anhörung im Senat als völlig ungeeignet bezeichnet wird, lächelt sie nur schief, geht aber in ihrer Stellungna­hme nicht näher auf den Vorwurf ein.

Die 57-Jährige hat viel vor: Sie will etwa Reformen innerhalb der UN vorantreib­en. Aus Verhandlun­gen zum Klimawande­l wiederum will sie sich komplett raushalten. Der Grund: Sie sei befangen, ihrer Ehe wegen. In den Augen ihrer Gegner nimmt sie das Thema schlicht nicht ernst. In der Vergangenh­eit, behauptete sie etwa, der Mensch habe keinen Einfluss auf das Klima und sie persönlich glaube „beiden Seiten der Wissenscha­ft“.

Über die Beziehung zwischen Craft und Trump ist ebenfalls wenig Offizielle­s bekannt. Fakt ist: Er wollte eine andere auf ihrem Posten. Vielleicht, weil ihr Erfahrung im diplomatis­chen Geschäft fehlt. Oder weil sie im Wahlkampf 2015 erst Trumps konservati­ven Rivalen Marco Rubio unterstütz­te. Der Präsident jedenfalls sagte über seine Neue, sie mache einen „ausgezeich­neten Job“. In der langen Liste seiner ehemaligen Mitarbeite­r finden sich davon jedoch viele.

 ?? Foto: dpa ??
Foto: dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany