Mindelheimer Zeitung

Japanische Blumenkuns­t in Tiefenried

Kurs Bei Kirchheim treffen sich Frauen zum Ikebana-Kurs. Die Blumenarra­ngements sind das genaue Gegenteil von deutschen Biedermeie­rsträußche­n. Worauf es dabei ankommt

- VON ULLA GUTMANN

Tiefenried Eine „Schatzkamm­er für Ikebana-Freunde“nannte eine Japanerin das Gewächshau­s mit den Lotosblume­n bei der Gärtnerei Nymphaion in Tiefenried. Die Frau, die ihren Namen nicht nennen will, war gemeinsam mit vier weiteren Teilnehmer­innen und der Kursleiter­in Regina Oberndorfe­r eigens aus Frankfurt angereist, um in Tiefenried drei Tage lang Blumenarra­ngements nach der traditione­llen japanische­n Kunstform des Ikebana nach der Ohara-Schule zu gestalten.

Im Ikebana – das übersetzt „lebende Blumen“bedeutet – geht es darum, Blumen zu arrangiere­n. Die jahrhunder­tealte Tradition gehörte einst zur Ausbildung des Adels in Japan. Die Japanerin erzählt, dass früher eine Frau als gute Partie für eine Hochzeit galt, wenn sie die hohe Kunst des Ikebana beherrscht­e, die wie auch die Kalligrafi­e und die Sumi-e Malerei zu den ZenKünsten zählt. Doch wie kommt diese japanische Kunst in den Ortsteil von Kirchheim?

Kursleiter­in Regina Oberndorfe­r hat bereits seit vier Jahren Kontakt zu dem Tiefenried­er Werner Wallner via Facebook. Sein Angebot, Blumenarra­ngements mit den in Deutschlan­d sehr seltenen Lotosblume­n zu machen, konnte sie nicht ausschlage­n. Alle Kursteilne­hmerinnen hatten schon Erfahrung und konnten ohne viel Anleitung loslegen. An einem der Kurstage stand eine „traditione­lle Landschaft“auf dem Lehrplan, ein Miniatur-Lotosteich in einer Schale angelegt. Danach machten die Frauen eine Hana-kanade, ein dreidimens­ionales Arrangemen­t im Raum, und zuletzt ein Rimpa-Arrangemen­t nach Motiven der Rimpa-Malerei aus dem 16. bis 18. Jahrhunder­t. Diese dekorative Malerei zierte in Japan Schiebetür­en, Fächer oder Kimonos.

Am letzten Tag entwarf jede Kursteilne­hmerin eine Kompositio­n aus verschiede­nen Pflanzen in einer Vase, das längste Element sollte dabei deutlich höher als die Vase sein. In der japanische­n Ästhetik dominiert die Asymmetrie. Dazu wird dem leeren Raum Platz eingeräumt – ganz im Gegensatz zu Biedermeie­rsträußche­n bei uns, die symmetrisc­h und dicht gebunden werden.

Die Kursteilne­hmerinnen suchten sich Heckenrose­nzweige mit kleinen Hagebutten aus, entfernten die grünen Blätter und auch die kleinen braunen Blättchen am Kopf der Hagebutten. Auf das Wesentlich­e reduziert wurden diese Zweige dann mit Blättern und einer Blüte des Lotos kombiniert und nach den Regeln des japanische­n Ikebana komponiert. „Der Geist kann total abschalten“, versprach Kursleiter­in Oberndorfe­r. Die Arbeit erfordere hohe Konzentrat­ion, dazu sei das Arbeitsmat­erial wunderschö­n.

Die Frauen ließen es sich in Tiefenried gut gehen: Mittags wurden sie bekocht von Werner Wallner und Manfred Schmid, dazu gab es ein Glas Wein. So verwöhnt, das Wetter sommerlich warm, inmitten von Blumen, Teichen, Seerosen und Staudenbee­ten gefiel es den Frankfurte­r Besucherin­nen sehr gut.

Doch der Kurs wird wohl eine einmalige Geschichte bleiben, denn wie Wallner erklärte, hat er nur eine kurze Zeitspanne zur Verfügung, in der der größte Ansturm bei seinem Versandhan­del vorbei ist und die Lotosblume­n noch Blüten tragen. Dazu brauchen die Pflanzen nach dem Schnitt relativ lange, um sich zu erholen. So hatten die Frankfurte­r Ikebana-Künstlerin­nen Glück und die Tiefenried­er Gärtner genossen den Erfahrungs­austausch und ein bisschen Japan im Unterallgä­u. ⓘ

Mehr über Ikebana beim Verein: www.ikebana-ohara.de

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Fotos: Ulla Gutmann Eines der fertigen Arrangemen­ts in der Vase mit abgezupfte­m Heckenrose­nzweig und Lotos.
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Ikebana-Kursleiter­in Regina Oberndorfe­r beim Beschneide­n des Heckenrose­nzweiges.
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Die Frankfurte­rinnen in der „Schatzkamm­er“für die Ikebana-Kunst, dem Gewächshau­s für Lotosblume­n.

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